Heuberger Bote

Am Mikrofon geht es vor allem um Emotionen!

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Der nachhaltig­ste Satz eines deutschen Fußballexp­erten in den vergangene­n Jahren? „Ich hatte zwischendu­rch Angst, dass er sich wundliegt und mal gewendet werden muss.“Gesagt hat ihn der großartige Mehmet Scholl, der am Ball und am Mikrofon nur wenige fürchten muss.

Der Spruch, den Scholl während der EM 2012 über den ihm zu träge spielenden Stürmer Mario Gomez brachte, ist ein Paradebeis­piel dafür, wie inzwischen Fernsehen gemacht wird. Es geht zwar auch um Analyse, die muss aber emotional, zugespitzt und unterhalts­am sein – und sei es knapp um die verbale Gürtellini­e herum. Das ist doch wunderbar. Nehmen wir diese Dinge bitte nicht so ernst. Denn genau diese Sprüche sind es doch, die die Fans bewegen. Das wunderbare Duo Netzer/Delling hat Maßstäbe gesetzt, Opdenhövel/ Scholl prägten das Turnier in Brasilien, Breyer/ Kramer sind die Entdeckung der aktuellen WM, auch Welke/ Kahn haben sich längst gefunden – weil sie sich nicht so ernst nehmen, nicht so verkrampft, verzweifel­t sachlich daherkomme­n. Sondern die Dinge mit einem Augenzwink­ern kommentier­en! Gut so. Gegenbeisp­iele gibt es natürlich auch: König/Lehmann sollte bitte niemand mehr ans Mikrofon lassen. Von Michael Panzram

Fußball ist Unterhaltu­ng, Spektakel, bewegt die Massen – doch alles ist der Sport bereits ohne Kommentato­ren und Experten. Helden werden auf dem Platz geboren, nicht daneben am Mikrofon. Natürlich sind Mehmet Scholls Ausführung­en unterhalts­am, witzig, intelligen­t und gleichzeit­ig grenzwerti­g, doch hat sich der Ex-Spielgesta­lter nicht umsonst ins Abseits gedribbelt.

Wir alle lieben unseren Fußballsta­mmtisch auf der Mattscheib­e am Sonntagmor­gen. Hier gibt es Meinung, Stimmung, derbe Sprüche und Streit. Es gibt derzeit so viele unterschie­dliche wundervoll­e – und grausige – Formate, in denen all die Experten ein Heim finden. Auch Abseitiges rückt mehr in den Blickpunkt – „Zeiglers wunderbare Welt des Fußballs“ lässt grüßen. Dennoch sollten sich die Kommentato­ren während der Spiele und die Experten drumherum auf ihre Kernkompet­enzen besinnen – Informatio­nen vermitteln und einordnen. In einer Zeit, in der alles auf die Instinkte zielt und für die Aufmerksam­keit Grenzen überschrit­ten werden, kann der Fußball eine Sonderroll­e einnehmen und sich auf das unterhalts­amste überhaupt beschränke­n – den Sport selbst. Nicht umsonst war das jüngste DFB-Pokal-Finale Helene-Fischer-frei. Und noch etwas: Gibt es etwas Aufregende­res als der pure Kommentar à la: „aus dem Hintergrun­d müsste Rahn schießen ...“

Die Dinge mit einem Augenzwink­ern kommentier­en. Fußball kann eine Sonderroll­e einnehmen.

Von Felix Alex

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