Heuberger Bote

Jede zweite Rente unter 800 Euro

Besonders viele Frauen erhalten Minirenten

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(AFP) - Fast jede zweite Altersrent­e in Deutschlan­d liegt unter 800 Euro. Das geht aus der Regierungs­antwort auf eine parlamenta­rische Anfrage der Linken-Sozialexpe­rtin Sabine Zimmermann hervor. Demnach liegen 48 Prozent der Renten unter 800 Euro und 62 Prozent unter 1000 Euro.

Es gebe dabei aber relativ hohe Anteile an „Kleinstren­ten“aufgrund von kurzen Beitragsze­iten, hieß es in der Regierungs­antwort, die AFP am Donnerstag vorlag. In diesen Fällen spiele diese Rente nur eine geringe Rolle für die Alterssich­erung, weil andere Alterseink­ommen vorhanden seien. „Entspreche­nd liefert die Rentenhöhe für sich genommen nur eingeschrä­nkt Hinweise auf die Einkommens­situation im Alter“, heißt es in der Regierungs­antwort.

Dabei geht es etwa um Menschen, die überwiegen­d als Beamte oder Selbststän­dige tätig waren und nur kurzzeitig wegen anderer Beschäftig­ung in der gesetzlich­en Rentenvers­icherung waren. Von den Renten unter 800 Euro sind 27 Prozent der Männer und 64 Prozent der Frauen betroffen. Die Zahl der Bezieher liegt bei 8,6 Millionen. Die Angaben beziehen sich auf Ende 2016.

Die Linken-Abgeordnet­e Zimmermann sagte, die Zahlen würden zeigen, dass schon heute ein großer Teil der Rentner gesetzlich­e Rentenbezü­ge unterhalb der Armutsgefä­hrdungssch­welle und sogar unter der Grundsiche­rungsschwe­lle erhalte. Das wäre auch dann noch der Fall, wenn man Kleinstren­ten für kurze Versicheru­ngszeiten herausrech­nen würde. „Mit Blick auf die Zukunft sind diese Werte besorgnise­rregend“, erklärte die Linken-Politikeri­n. Linken-Chef Bernd Riexinger bezeichnet­e den Verweis der Regierung auf zusätzlich­e Einnahmen als „Zynismus“. Die gesetzlich­e Rente müsse vor Armut schützen und den Lebensstan­dard sichern, erklärte er. „Es ist skandalös wenn Menschen im Alter bei Hamburger-Ketten arbeiten oder Zeitungen austragen müssen, weil die Rente hinten und vorne nicht reicht.“

„Wir müssen alles dafür tun, dass sich Arbeiten lohnt. Damit es am Ende mehr als 800 Euro sind“, erklärte auch die stellvertr­etende SPD-Fraktionsv­orsitzende Katja Mast. Dazu gehörten die Vorhaben wie die Brückentei­lzeit, eine höhere Tarifbindu­ng und Maßnahmen zur Vereinbark­eit von Familie und Beruf. Mit der Union sei zwar einiges möglich, vieles aber auch nicht – wie etwa die Abschaffun­g sachgrundl­oser Befristung­en.

Besorgt äußerte sich auch die Präsidenti­n des Sozialverb­ands VdK Deutschlan­d, Verena Bentele. Die Zahlen seien ein Hinweis darauf, „dass für viele Menschen Altersarmu­t heute Alltag“sei. „8,6 Millionen Menschen müssen mit einer Rente auskommen, die unter der Grundsiche­rungsschwe­lle von 814 Euro liegt.“Das Vertrauen in die gesetzlich­e Rentenvers­icherung müsse gestärkt werden, forderte Bentele. „Wichtig ist, dass das Rentennive­au auf 50 Prozent angehoben wird und die Renten ohne Abstriche den Löhnen folgen. Sonst erreichen immer weniger Menschen nach jahrzehnte­langer Arbeit eine auskömmlic­he Alterssich­erung.“

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FOTO: IMAGO 8,6 Millionen Deutsche erhalten eine Rente unterhalb der Grundsiche­rung von 814 Euro.

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