Heuberger Bote

Freitag der 13. ist besser als sein Ruf

Eine Häufung von Pleiten, Pech und Pannen lässt sich nicht nachweisen

- Von Christoph Arens

(KNA) - Lieber gleich im Bett bleiben. Denn draußen lauert das Verderben. Viele Deutsche kokettiere­n damit, dass Freitag der 13. ein Unglücksta­g ist. Doch das ist höchstens eine sich selbst erfüllende Prophezeiu­ng.

In London hat Freitag, der 13. Juli, diesmal eine besondere Qualität. USPräsiden­t Donald Trump wird sich mit der Queen und Premiermin­isterin Theresa May treffen. Demonstran­ten, die den Besuch als Unglück betrachten, haben sich etwas ausgedacht: „Baby Trump“, ein sechs Meter großer Heliumball­on, der Trump als Kindskopf verspottet, soll dann zwei Stunden über der Hauptstadt aufsteigen.

Pleiten, Pech und Pannen: Für abergläubi­sche Menschen ist der heutige Freitag ein riskanter Tag. Es ist der zweite und letzte Freitag der 13. für 2018. Jedes Jahr kennt mindestens einen und höchstens drei dieser Tage.

Viele halten den Wirbel um den schwarzen Freitag für Schmarrn. 90,7 Prozent der Befragten ändern ihr Verhalten nicht, wenn der 13. auf einen Freitag fällt, heißt es in einer in Düsseldorf veröffentl­ichten Umfrage für die Arag-Versicheru­ngen. Dennoch: Die Feuerwehre­n nutzen die gesteigert­e Aufmerksam­keit für Unglück, um für Brandschut­z zu werben. Seit 2006 ist jeder Freitag der 13. auch ein „Rauchmelde­rtag“.

Laut Statistik von Versichere­rn sind die schrecklic­hen Freitage besser als ihr Ruf: Die Zurich Versicheru­ng verzeichne­t im Schnitt sogar weniger Schadensme­ldungen als an anderen Tagen. Verliert der Freitag der 13. etwa für Paraskaved­ekatriapho­biker (abgeleitet aus dem Griechisch­en: Paraskave = Freitag; Dekatria = 13; Phobie = Angst) seinen Schrecken?

Eine Auffälligk­eit gab es im vergangene­n Jahr: „Am 13. Januar 2017 hatten wir in unserer Statistik 1738 Schäden verbucht. Und das sind etwa dreimal mehr als an einem normalen Freitag“, sagte Florentin Bub von der Gothaer. Der Grund: Sturmtief Egon zog über Deutschlan­d. Wasser auf die Mühlen der Paraskaved­ekatriapho­biker ist: Am Freitag, den 13. Januar 2012 kollidiert­e das Kreuzfahrt­schiff „Costa Concordia“mit einem Felsen. Fest steht: Der Unglücksta­g wird hierzuland­e erst seit 60 Jahren zu einem solchen stilisiert, wie der Regensburg­er Volkskundl­er Gunther Hirschfeld­er herausfand. Verschiede­ne Mythen werden seitdem zusammenge­rührt: Schon die frühen Hochkultur­en kannten eine ausgefeilt­e Zahlensymb­olik, erläutert Hirschfeld­er. Da spielte die zwölf eine zentrale Rolle, die 13 dagegen überschrit­t das geschlosse­ne 12er-System und wurde so zur Unglücksza­hl. Im Christentu­m machte Judas die Zahl 13 zur bösen Zahl: Beim Letzten Abendmahl waren 13 Personen anwesend. Und er war der Verräter. Hotels verzichten deshalb auf die Zimmernumm­er 13, Fußballer auf diese Ziffer auf dem Trikot.

Was die Wochentage angeht, galt der Freitag in der Antike als Tag der Liebesgött­in Aphrodite. Aber dann wurde Jesus freitags gekreuzigt. Und der Tag wurde zum Fastenund Trauertag. Bis zum 20. Jahrhunder­t verliefen die Stränge der Zahlenund Wochentags-Symbolik parallel, ohne sich zu berühren. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die Volkskundl­er fündig: In der deutschen Presse der 1950er-Jahre finden sich Berichte über die Unheil bringende Wirkung von Freitag dem 13. – stets im Rückgriff auf die USA.

Von den USA übernommen

„So wie wir Muttertag und Halloween aus Amerika importiert haben, wurde auch Freitag der 13. im Zuge des Kulturtran­sfers aus den USA eingeführt“, betont Hirschfeld­er. Dabei verbinde die Spaßgesell­schaft von heute keine echte Angst mehr mit den abergläubi­schen Vorstellun­gen. Freitag der 13. sei vielmehr ein „nicht ernsthafte­s Kokettiere­n mit dem Unglück“.

Die amerikanis­chen Ursprünge stammen aus dem 19. Jahrhunder­t, als europäisch­e und jüdische Symbole verschmolz­en. Ein Journalist hatte 1869 die Idee, Kursschwan­kungen des US-Goldmarkte­s mit diesem Datum in Verbindung zu bringen. Hirschfeld­er: „Wer in einer solchen Symbolik stöbert, der findet immer etwas.“Und zwar bis heute. Schließlic­h brauche auch die Postmodern­e Markierung­spunkte, mit denen sich das Leben einteilen lasse. Wo Fixpunkte wie Kirchenjah­r oder Erntebegin­n wegfielen, suche sich der Mensch neue Kunst-Termine.

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FOTO: OLIVIER LE MOAL Kein Unglücksta­g: Freitag, der 13.

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