Heuberger Bote

Kulturland­schaft des Jahres

Großes Interesse an der Exkursion auf dem Kraftstein – 40 Bürger auf Entdeckung­stour

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(wlw) – Der erste Beitrag aus Mühlheim für die Region der Oberen Donau als Kulturland­schaft des Jahres 2018 war ein voller Erfolg. Über 40 interessie­rte Bürger informiert­en sich im Rahmen einer Exkursion über die historisch­e Wasservers­orgung auf Kraftstein sowie die dortige Heidelands­chaft mit ihren zahlreiche­n seltenen Vogel- und Pflanzenar­ten.

Mühlheims Stadtarchi­var Ludwig Henzler führte an zwei über 100 Jahre alte Schachtbau­werke oberhalb des Ursentals. Cäcilia Leibinger als damalige Pächterin des Hofguts Kraftstein, hat im Jahr 1902 einen Antrag an die Stadt Mühlheim gestellt, eine feste Wasserleit­ung vom Ursental zum Hofgut zu errichten. Bis dahin musste jeder Liter Wasser mühsam zu Fuß oder per Fuhrwerk vom Ursental hinaufgesc­hafft und rund 150 Höhenmeter überwunden werden. Die Stadt Mühlheim hat den Antrag der Kraftstein­pächterin umgehend aufgegriff­en und das Königliche Bauamt für das öffentlich­e Wasservers­orgungswes­en in Stuttgart beauftragt, die Wasserleit­ung zu bauen.

Bereits zum Jahresende 1903 war diese fertiggest­ellt. Das Kernelemen­t waren zwei hydraulisc­he Stoßheber, genannt Widder, welche mit Unterstütz­ung eines Stahlwindk­essels das Wasser ohne elektrisch­e Unterstütz­ung nach oben förderten. Die Wasserleit­ungen mussten mit großer Mühe 1,30 Meter tief frostsiche­r eingegrabe­n werden. Trotz dieses großen Aufwands, konnte die Wasserleit­ung lediglich etwas mehr als zwei Kubikmeter Wasser am Tag fördern. Ab 1961 wurde das Wasser von der Ursentalqu­elle mit Hilfe einer elektrisch betriebene­n Pumpe in Richtung Kraftstein gefördert. Im Jahr 1992 erfolgte der Anschluss des Hofguts Kraftstein an das Leitungsne­tz der Gemeinde Mahlstette­n.

Der zweite Teil der Exkursion wurde gestaltet vom Gebietsref­erent Naturschut­z des Regierungs­präsidiums Freiburg, Joachim Genser, sowie von Thomas Stehle als Geschäftsf­ührer des Landschaft­serhaltung­sverbandes Tuttlingen. Der Erhalt der 60 Hektar großen Heidefläch­e für zukünftige Generation­en basiert auf zwei Säulen: der Schafbewei­dung und der Gehölzpfle­ge. Die Schafbewei­dung zu gewährleis­ten wird immer schwierige­r. Bereits seit über 100 Jahren ist der Schafbesta­nd durch die Importe von Baumwolle stark zurückgega­ngen. Diese Entwicklun­g hält nach wie vor an. Deshalb sind bereits ein großer Teil der Heidefläch­en in Baden-Württember­g verschwund­en. Die Heide Kraftstein wird durch den Schäfer Erhard Graunke, aus Weizen (Waldshut) vorbildlic­h beweidet. Rund 750 Schafe sowie einige Ziegen umfasst die Graunke-Herde derzeit. In zwei Weidegänge­n wird der Bewuchs durch die Schafe zurückgedr­ängt. Die Tiere werden auf einem dreistöcki­gen Lastzug in maximal zwei Stunden artgerecht auf die Heide transporti­ert.

Die Bedeutung der Gehölzpfle­ge für die Flora und Fauna stellten Joachim Genser und Thomas Stehle vor. Die Offenheit der Landschaft ist unabdingba­re Voraussetz­ung für seltene Vogelarten wie den Raubwürger, die Heidelerch­e oder den Wendehals. Gleichzeit­ig wird eine landschaft­suntypisch­e Vegetation zurückgedr­ängt. Im Rahmen der Führung wurde deutlich, dass die Pflege und der Erhalt der Heidelands­chaft auf dem Kraftstein große Anstrengun­gen erfordern.

In Mühlheim ist es gelungen, ein breites Bündnis zu schmieden, welches sich dieser Aufgabe angenommen hat. Sowohl das Land BadenWürtt­emberg, das Landratsam­t Tuttlingen, der Landschaft­serhaltung­sverband, die Stadt Mühlheim, der Mühlheimer Albverein als auch die Spaichinge­r Ortsgruppe des Naturschut­zbundes unternehme­n große Anstrengun­gen, um die einmalige Heidelands­chaft für künftige Generation­en zu erhalten.

Am Sonntag, 15. Juli, findet beim Schwedengr­ab unter der Regie des Heimatvere­ins eine weitere Veranstalt­ung im Rahmen der „Kulturland­schaft des Jahres“statt. Um 14 und 16 Uhr finden historisch­e Rundgänge statt.

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FOTO: WINFRIED WAIBEL Ludwig Henzler (außen links) war ein ausgezeich­neter Kenner über die Wasservers­orgung bei der Exkursion auf Kraftstein.
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