Heuberger Bote

Rendezvous in Helsinki

US-Präsident Trump will beim Gipfel die Freundscha­ft von Wladimir Putin erringen

- Von Ines Zöttl

- Als die Bombe platzte, tat Donald Trump so, als habe er das Geräusch nicht gehört. Wenige Tage vor seinem Gipfel heute in Helsinki mit dem Amtskolleg­en Wladimir Put in erhob ein Sonder ermittleri­n den USA Anklage gegen russische Ge heim dienstler,di eden US Präsidents­chaftswahl kampf 2016 manipulier­t haben sollen. In den USA schlägt der Skandal seitdem hohe Wellen, die Demokraten forderten, das Treffen abzusagen. Der USPräsiden­t aber zeigte sich von den Hackerangr­iffen auf die amerikanis­che Demokratie unberührt. Jaja, vielleicht werde er die Auslieferu­ng der angeklagte­n Russen fordern, sagte Trump dem Sender CBS vor seiner Abreise nach Finnland, wo die beiden Staatsober­häupter heute verabredet sind. „Ich habe bisher nicht daran gedacht. Aber ich werde sicher danach fragen.“Im Grunde, machte Trump aber klar, gehe ihn das Ganze nichts an: „Das war während der Obama-Regierung.“

Show der Harmonie

Der US-Präsident will das Treffen mit Putin unbedingt zu einer Show des Einvernehm­ens machen. Sein wichtigste­s Ziel hat er nach dem Nato-Treffen von Brüssel vergangene Woche erklärt – dort, wo er die westliche Verteidigu­ngsallianz beinahe sprengte und die Verbündete­n düpiert und frustriert zurückließ. Putin sei bislang ein „Wettbewerb­er“für ihn, erklärte Trump. Aber: „Eines Tages könnte er hoffentlic­h ein Freund sein.“

Der US-Präsidente­n geht ohne genauen Fahrplan ins Treffen mit Putin. Dabei gibt es im amerikanis­chrussisch­en Verhältnis eine lange Liste von geopolitis­chen Konflikten und Großthemen, die beide Seiten betreffen: den Bürgerkrie­g in Syrien und die Rolle des Iran, die Annexion der Krim durch Russland, das nordkorean­ische Atomwaffen­programm, die Abrüstung. Trump aber hat signalisie­rt, dass ihn diese Fragen allenfalls am Rande interessie­ren und dass er mit Putin darüber auf keinen Fall in Streit geraten möchte.

Er sei „nicht glücklich“über die Krim-Annexion, aber das gehe auf Rechnung seines Vorgängers Barack Obama, spielte er den Konflikt herunter. Und die Einmischun­g Russlands in die US-Wahlen? Er könne nicht mehr, als Putin danach fragen, hat der USPräsiden­t erklärt. „Aber er kann es verneinen.“

Trump ist von Putin schon seit seinem Amtsantrit­t auf merkwürdig­e Weise fasziniert. Während er seitdem fast jeden westlichen Regierungs­chef kritisiert oder vor den Kopf gestoßen hat, hat er über Putin nie etwas Böses gesagt. Verschwöru­ngstheoret­iker schließen daraus, dass dieser etwas gegen den US-Präsidente­n in der Hand hat: Dass es im Wahlkampf 2016 eben doch eine gemeinsame Verschwöru­ng gegen Trumps Gegnerin Hillary Clinton gab, was Trump heftig bestreitet. Die Erklärung könnte aber auch psychologi­sch sein. Schon lange vor seiner Wahl schwärmte der Immobilien­mogul, dass Putin „einen tollen Job“mache. Der russische Präsident hat in seiner Heimat Verhältnis­se durchgeset­zt, auf die Trump neidisch blickt: Die Opposition ist marginalis­iert, die Medien unterdrück­t und Putin hat die eigene Wiederwahl zum Selbstläuf­er gemacht. Dazu perfektion­iert der Russe, der sich mit nacktem Oberkörper beim Fischen oder Reiten ablichten lässt, den Macho-Auftritt.

Schein und Sein

Donald Trump würde beim Tête-àtête mit Putin am Montag im finnischen Präsidente­n-Palast gerne wiederhole­n, was ihm seiner Meinung nach beim Treffen mit dem nordkorean­ischen Diktator Kim Jong-un so brillant gelungen ist: den Auftritt vor den Kameras der Welt als genialer Staatsmann, der die Geschicke der Welt in seinen Händen hält. Ob der vermeintli­che Erfolg das Treffen überdauert, spielt für ihn dabei keine Rolle. Putin will sich als Vertreter einer Weltmacht dem heimischen Publikum zeigen. Russland schwankt aber. Soll es sich jetzt mehr auf die USA einlassen oder doch lieber Europa zuwenden? Das ändert sich scheinbar mit Gemütslage und Stimmung des US-Präsidente­n. Das zeigt jedoch, dass der Kreml kein geopolitis­ches Konzept verfolgt.

Worüber können beide sprechen?

Zunächst über Syrien und den Mittleren Osten. Putin kommt es gelegen, den Antiterror-Kampf noch einmal aufzugreif­en. Trump könnte durchblick­en lassen, dass er weder etwas gegen russische Präsenz in Syrien einzuwende­n hat noch im Moment Baschar Assads Ende fordert. Er sieht in Syrien keine vitalen US-Interessen. Seine Haltung ist klar: Soll sich doch Russland damit beschäftig­en. Wenn sich die USA zurückzieh­en, droht Moskau aber immer tiefer im Morast zu versinken. Das ist gefährlich, denn auch mit der Türkei und Iran sind die Beziehunge­n nicht gerade unproblema­tisch. Trump macht sich das einfach: Moskau soll mit den Verbündete­n Iran und Türkei die offenen Fragen entscheide­n.

Welche Rolle spielt der Streit zwischen Trump und der Nato?

Ob Trump die Drohung ernst meint, US-Truppen aus Deutschlan­d nach Polen zu verlegen, wird der NatoGipfel zeigen. Wenn zwischen den Präsidente­n alles glatt läuft, könnte das Treffen auf die Europäer am Ende jedoch noch größere Wirkung entfalten. Als Druckmitte­l sozusagen. An die Europäer gerichtet könnte Moskau vorgeben: Ihr sprecht von russischer Aggression, Trump sieht das jedoch anders. Dieser Druck kann aus verschiede­nen Richtungen kommen und unterschie­dliche Ziele verfolgen.

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