Tierisch gute Akrobatik
Die Staatliche Artistenschule Berlin ist wieder zu Gast beim Honberg-Sommer
- Schon zum zweiten Mal hat Philipp Boë ein Konzept für die Absolventen-Tournee der Staatlichen Artistenschule Berlin erarbeitet. Damit ist der Tross am Sonntagabend beim Honberg-Sommer in Tuttlingen. Dieses Mal geht es um die Beziehung zwischen dem Homo circensis und der Tierwelt: „Zoophobia“lautet der Titel der zweistündigen Show. Zunächst ist da nur ein glubschäugiger Frosch, der da hinter dem Mattenstapel hervorlinst. Junge Sportler machen sich warm, dehnen die Muskeln, bieten eine Runde Modern Dance.
Dann richten sich 580 Augenpaare auf Paulin Olivia Raatz, die das Doppelschwungseil so locker bespielt wie einst Tarzans Jane die Lianen im Dschungel, Pirouetten dreht, einen Spagat zwischen den beiden Seilschlingen macht. „Bärenstark!“, meint ein Honberg-Besucher hingerissen von der jungen Frau aus Weißensee. Inzwischen haben sich weitere Tierchen auf der Bühne versammelt und albern herum.
„Cyr Wheel“in Perfektion
Eindeutiger Höhepunkt der ersten Hälfte des Abends ist „die mit dem Reif tanzt“: Leonie Körner beherrscht das „Cyr Wheel“, eine Art halbes Rhönrad, meisterhaft. Zu klassischer Geigenmusik begeistert die frühere Eiskunstläuferin mit dem eleganten Kostüm das Publikum restlos. Eine Nummer kleiner ist der Reifen, den sich Marla Pistor als „ihr Gerät“ausgewählt hat. Bei ihren Drehungen und Balanceakten im Luftring wird einem schon vom Zuschauen schwindelig.
Einen Hauch Clown bringt Dennis Demmin aus Marzahn mit in seine Handstand-Äquilibristik, neugierig beäugt von einigen Huftieren. Etwas langatmig ist die Szene mit der zerfledderten Zeitung, doch dann sorgt Niklas Bothe am Vertikalseil für tosenden Applaus. Reichlich makaber die eine Szene, bei der er zappelt wie ein Gehenkter, hervorragend aber seine Art, das Seil lässig wie eine Treppe zu erklimmen. Eigentlich wollte er Profitänzer werden, doch die Artistik sagte ihm mehr zu.
„Abfaller“mit Spannung
Früher Geräteturner, hat sich Toke Reimann ebenfalls für das „Cyr Wheel“entschieden. Auch er beherrscht die rundgebogene Stahlröhre tadellos. Schon als Zweijährige hatte sich Sophia Drgala als Kunstturnerin versucht. Als Absolventin zeigt sie Kraft und Dynamik an dem chinesischen Mast, den sie selbst entwickelt hat: ohne Abspannung. Aber umso spannender.
Die 19-jährige Schweizerin Andrea Matousek kam vor fünf Jahren an die Berliner Artistenschule, ihre gekonnten „Abfaller“am Tanztrapez sorgen für Schrecksituationen, aber auch für heftigen Applaus.
Wie groß der Zusammenhalt unter den Berliner Artistikschülern ist, zeigt an diesem Abend Luna Schamal. Eine Verletzung verhindert, dass sie ihre Kunst zeigen kann, doch sie bringt sich charmant mit in die „Viechereien“ein. Bravo!