Heuberger Bote

Die Schulden im Nacken

Der Trossinger Gemeindera­t muss Geld einsparen, um Neuverschu­ldung zu drücken

- Von Sabine Felker

- Auch wenn derzeit die Einnahmen im Trossinger Rathaus fast schon sprudeln, Verwaltung und Gemeindera­t zerbrechen sich die Köpfe, wie Geld eingespart werden kann. Denn mit dem Bau des Schulzentr­ums und des Kindergart­ens Albblick schnellen die Schulden auf bis zu 18 Millionen Euro nach oben. In der Sitzung am Montagaben­d wurden deshalb so einige Ideen aufgebrach­t, wie Kosten gesenkt werden können. Betroffen sind nahezu alle Bereiche des Lebens.

Auf den ersten Blick steht Trossingen finanziell ziemlich gut da. Kämmerer Armin Weiss berichtete über gestiegene Einnahmen. 13,2 Millionen Euro hatte Trossingen zum Stichtag 31. Dezember 2017 auf der hohen Kante und 6,9 Millionen Euro Schulden. Für Trossinger Verhältnis­se ein wirklich gutes Ergebnis. Doch Euphorie wollte Weiss nicht aufkommen lassen. „Wir versuchen ein Risikomana­gement aufzubauen“, sagte er. Sollte die Wirtschaft eine ähnliche Talfahrt wie im Krisenjahr 2009 hinlegen, wären die liquiden Mittel innerhalb von zwei Jahren aufgebrauc­ht, die jetzt angesparte­n 13,2 Millionen Euro also einfach weg.

Doch es brauche nicht mal eine Krise, so der Kämmerer, um die Finanzpols­ter aufzubrauc­hen. „Wir haben so viele Projekte angestoßen“, da würde der Überschuss auch so abschmelze­n. Und so spann Bürgermeis­ter Clemens Maier den Bogen ins Jahr 2020. „Da sieht die Welt ganz anders aus.“Denn bereits diesen Herbst „müssen wir über Steuererhö­hungen reden“, sagte Maier an den Rat gerichtet. Durch den Bau des Schulzentr­ums und einiger anderer Projekte schnelle der Schuldenst­and der Stadt in vier Jahren auf 18,6 Millionen Euro, so Maier. „Das können wir nicht machen.“Deshalb sollen in den kommenden Wochen alle geplanten Investitio­nen genau unter die Lupe genommen werden. In einer ersten Diskussion­srunde kam dann auch so mancher Posten, der bisher als gesetzt galt, auf den Prüfstand.

„Kindergärt­en gleichen Hochsicher­heitstrakt­en“

Das geplante Schulzentr­um ist der größte Brocken, doch wie der Bürgermeis­ter betonte, unverzicht­bar. „Ohne den Neubau gibt es keinen Ganztagsbe­trieb am Gymnasium, die Realschule wäre weiter zu klein und die Löhrschule könnte nicht umziehen.“Weil in das Löhrschulg­ebäude aber unter anderem ein Kindergart­en und die Volkshochs­chule ziehen soll, würde dadurch eine ganze Reihe von neuen Problemen entstehen.

Die Kindergärt­en sind es auch, die viel Geld verschling­en. Zum einen, weil alte Gebäude dringend saniert werden müssen. „Die Beleuchtun­g im Oberlin-Kindergart­en ist wahnsinnig schlecht. Die muss für 50 000 Euro ausgetausc­ht werden“, so ein Beispiel von Ulrike Steinmann vom Bauamt - oder weil Neubauten viel teurer werden als erwartet. „Der Bau des Kindergart­ens Albblick kostet 3,6 Millionen Euro“, so die Stadt. An diesem Punkt hakte Klaus Butschle (CDU) nach: „Ich hatte dafür 2,7 Millionen Euro im Kopf.“Und tatsächlic­h räumte Steinmann eine Kostenstei­gerung von rund einer Million Euro ein. „Kindergärt­en gleichen heutzutage Hochsicher­heitstrakt­en. Durch die unglaublic­hen Anforderun­gen auch beim Brandschut­z gibt es enorme Kostenstei­gerungen.“

Thomas Springer von der FDP und gleichzeit­ig Kommandant der Feuerwehr, ließ dieses Argument nicht gelten. „Den Brandschut­z gibt es seit den 70er-Jahren, das kann nicht wesentlich zu den Kostenstei­gerungen beigetrage­n haben.“Ulrike Steinmann konterte: „Ich bremse die Architekte­n schon aus. Sie können froh sein, wenn Sie einen Handwerker auf die Baustelle bekommen. Der kann dann verlangen, was er will.“

Um Kosten zu sparen, schlug Willy Walter (FDP) vor, eine Gruppe weniger als geplant zu bauen. Doch der Bürgermeis­ter stellte klar: „Wir brauchen ihn dringend in der Größe, da ist keine Luft drin.“Unterstütz­ung bekam er von Gustav Betzler (Freie Wähler), der betonte: „Wir können keinen Rückzieher machen.“Auch Susanne Reinhardt-Klotz (OGL) war sich sicher, dass „nur geplant wurde, was notwendig ist“. Die FDP zog daraufhin ihren Vorschlag, den Kindergart­en zu verkleiner­n, zurück.

Teuer kommt die Stadt auch ein neues Löschfahrz­eug, das 520 000 Euro kostet. Immerhin erwartet die Stadt hierfür Zuschüsse in Höhe von 1 485 000 Euro. Bürgermeis­ter Maier möchte den Katastroph­enschutz voranbring­en und deshalb ein Notstromag­gregat fürs Rathaus für 25 000 Euro und eine Sirenenanl­age für 105 000 Euro kaufen. Ein weiterer hoher Kostenfakt­or ist die Friedenssc­hule. Dort dringe Feuchtigke­it ins Gebäude. „Die Schule ist insgesamt in einem desolaten Zustand. Dass da über zwei Jahre Kosten von einer Million entstanden sind“, machte Willy Walter (FDP) fassungslo­s.

„Nicht das Dringlichs­te“

In Anbetracht der Zahlen, stellte Hilmar Fleischer (FDP) die geplante Erlebniswi­ese, die 2019 rund 850 000 Euro kosten soll, zur Dispositio­n. „Es ist ein relativ kleines Klientel, das dort ist.“Ingo Hohner (Freie Wähler) pflichtete ihm bei. „Wir haben Pflichtauf­gaben bei Kindergart­enund Schulplätz­en. Die Erlebniswi­ese halte ich nicht für das Dringlichs­te in der Stadt.“Für die Jugendeinr­ichtung machten sich hingegen Susanne Reinhardt-Klotz und Wolfgang Schoch (CDU) stark. „Die offene Jugendarbe­it ist kein Freizeitbe­trieb. Wenn wir das infrage stellten, dann stellen wir die Jugendarbe­it infrage.“Bürgermeis­ter Maier griff vermitteln­d ein. In den nächsten Wochen könnte die Verwaltung konkrete Planungen vorlegen, dann solle die Diskussion­en eine bessere Grundlage erhalten.

Wo genau eingespart werden wird, entscheide­t sich in den nächsten Gemeindera­tssitzunge­n.

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ARCHIVFOTO: SABINE FELKER Wenn das geplante Schulzentr­um steht, wird die Löhrschule umziehen.
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FOTO:LARISSA SCHÜTZ Im Johann-Friedrich-Oberlin-Kindergart­en muss die Beleuchtun­g ausgetausc­ht werden.
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ARCHIVFOTO: PHILIPP Wird teuer: Ein neues Löschfahrz­eug.
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ARCHIVFOTO: CZILWA Erlebniswi­ese ausbauen, ja oder nein? Der Rat ist sich nicht einig.

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