EU-Camp besucht EU-Parlament
Jugendliche des EU-Camps machen sich Gedanken über die EU und deren Parlament
Die Jugendlichen des Klippenecker EUCamps sind nach Straßburg gereist.
– Rund 90 Jugendliche aus sechs Ländern besuchen derzeit das EU-Camp auf dem Klippeneck in Denkingen (wir berichteten) – nun haben sie das Europäische Parlament in Straßburg besucht, um sich mit den aktuellen Entwicklungen in Europa wie dem Brexit oder dem Umgang mit Geflüchteten zu beschäftigen. Eines wird schnell deutlich: Europa bedeutet mehr als das Schengener-Abkommen und die Roaming-Verordnung. EU-Länder sollten sich gegenseitig unterstützen und die Nähe der Nachbarländer suchen, finden die Jugendlichen.
„Ich wünsche mir mehr Gerechtigkeit unter den Ländern“, sagt Marvin Kauffmann aus Fridingen. Was in der EU geschieht, sei nicht nur das Gelbe vom Ei; Großbritannien sei ausgetreten und einige Länder seien eingetreten, die überhaupt nicht genau wüssten, was sie da tun sollen. „Die sind ein Stück weit unbeholfen.“Und Deutschland beispielsweise gehe es im Ländervergleich sehr gut und habe über 90 Sitze im Parlament. Malta hingegen habe nur sechs Sitze und werde immer ein bisschen verdrängt, das findet er schade. „Wir sollten auf die kleineren Nationen zugehen, so dass sie auch eine Chance haben“, meint Marvin.
Wie Marvin gehört auch der Syrier Ali Alghadban, der seit sieben Monaten mit einem Visum in Deutschland studiert, zur deutschen Gruppe des Camps – er hat aufgrund seines Herkunftslandes einen ganz anderen Blick auf das EU-Parlament: „Es ist sehr demokratisch, jeder kann einfach hineingehen und zuhören und die Abgeordneten per E-Mail kontaktieren.“Auch den Ort des EUParlaments zwischen Deutschland und Frankreich findet er besonders: Vormals im Zweiten Weltkrieg konfliktbelandene Zone, sei Straßburg nun ein Ort der Veständigung. „Der Krieg bringt viel Schlechtes. Das hat Deutschland schon gelernt, nun sollte Syrien das auch lernen“, sagt Ali. Es gehe im EU-Parlament aber nicht nur um Europa, sondern um Situationen in der ganzen Welt, um Afrika, Syrien und den US-Markt. „Europa hat den Syrern schon sehr geholfen und eine Million Flüchtlinge aufgenommen.“
Die spanischen Jugendlichen Laura Romero, Eladio Sanchez und Christina Villanueva finden, EUMitgliedsstaat zu sein bedeute viele Verbesserungen. Allerdings könne Spanien sich gern etwas vom Bildungssystem in Deutschland, Finnland und Irland abschauen. „Wir haben im Unterricht mehr Theorie und weniger Praxis. In Geschichte lernen wir zum Beispiel eher Fakten auswendig, während man in deutschen Schulen etwas über die Zusammenhänge lernt und mehr analysiert“, meinen die drei Spanier. Eine umfassende ärztliche Versorgung unabhängig vom Einkommen, ähnlich wie in Spanien oder Deutschland, wäre für alle EU-Länder wichtig. Und für die Flüchtlinge könne und müsse Europa viel tun, um zu helfen.
Andere europäische Kulturen kennengelernt
Im EU-Camp können Jugendliche andere europäische Kulturen kennenlernen, die sonst in ihrem jungen Alter gar nicht die Chance dazu hätten, meint Marvin Kauffmann mit Blick auf die Campteilnehmer aus Bulgarien, Ungarn, Griechenland, Spanien, Malta und Gozo. Das meint auch Dimitar Sktregarski aus Bulgarien. „Die EU bietet den Menschen die Möglichkeit, zu leben und zu arbeiten, wo sie wollen.“Er wünscht sich, dass die 28 Mitgliedsländer mehr zusammenwachsen und einander gegenüber mehr Respekt aufbringen.
Offener auf fremde Menschen zugehen, die sozialen und interkulturellen Kompetenzen stärken und Fremdsprachenkenntnisse erweitern: So beschreibt Verena Kriegisch, Betreuerin und Kreisjugendreferentin im Landratsamt Tuttlingen, die Ziele des EU-Camps. Im Camp auf dem Klippeneck sind die ersten Freundschaften entstanden, und die Campsprache ist englisch, um niemanden sprachlich auszuschließen. Das war nur am Anfang schwer. Jetzt reden die deutschen Jugendlichen manchmal sogar Englisch, wenn nur Deutsche zusammenstehen. Die europäische Verständigung scheint auf dem besten Weg zu sein.