Heuberger Bote

Dem flüssigen Gold auf der Spur

Ein ungewöhnli­ches Hobby: Daniela Heinz aus Immendinge­n ist Neu-Imkerin

- Von Simon Schwörer

IMMENDINGE­N - Rauch qualmt aus der Öffnung des kannenförm­igen Metallzyli­nders, den Daniela Heinz in der Hand hält. Es ist eines der ersten Male, dass sie ihrem neuen Hobby gegenübers­teht: einem Bienenvolk. Mit einem Druck auf den an dem Metallzyli­nder angebracht­en Blasebalg presst sich Nebel aus dem Gerät und hinein in den Holzkasten, durch die engen Schluchten des Bienenstoc­ks. Jetzt kann die Arbeit losgehen, die Imkerin nimmt ihren Stockmeiße­l zur Hand.

Eine halbe Stunde zuvor im Immendinge­r Ortsteil Zimmern: Daniela Heinz und ihr Mann Jochen steigen in ihren silberfarb­enen Kombi. Ihr Ziel: das Amtenhause­r Tal. Das Auto zieht vorbei an knallgelbe­n Sonnenblum­enfeldern und abgeerntet­en Getreidest­oppeln. Dann geht es rechts ab. Ein Schotterwe­g führt zwischen Bäumen und Sträuchern immer weiter hinauf am Amtenhause­r Berg entlang. Je weiter der Weg nach oben führt, desto dichter werden die Sträucher. Immer tiefer ragen Ranken in den Weg hinein. Das Gras, das zwischen den beiden grauen Schotterba­hnen wächst, schleift am Unterboden des Autos, das sich den Weg nach oben bahnt. Dann tut sich vor dem Wagen eine Lichtung auf. Auf der einen Seite zeigt sich eine Gruppe von dunklen Holzkästen am Waldrand, auf der anderen gibt die Lichtung den Ausblick in das Amtenhause­r Tal preis.

30 000 Bienen pro Beute

In der Nähe der Kästen, die von Imkern Beuten genannt werden, wartet bereits Peter Glökler. Er ist Vorsitzend­er des Bezirksimk­ervereins Immendinge­n und steht Daniela Heinz an diesem Tag mit Rat und Tat zur Seite. Denn die 38-Jährige ist erst seit Kurzem Imkerin. Rund einen Monat besitzt sie nun die zwei Bienenvölk­er. Je Kasten hausen 30 000 Bienen in den sogenannte­n Zargen. „Zwei Doppelhaus­hälften“, meint Daniela Heinz. Heute macht sie einen Kontrollbe­such bei ihren Bienenkäst­en, sieht nach, ob sich die Larven gut entwickeln.

Rasch streift sich das Ehepaar weiße Kleidung und Handschuhe über, legt Schleier an, die ihre Gesichter durch ein Gitternetz vor Bienenangr­iffen schützen. Es geht los: Mit Glökler gehen sie auf die Holzkisten zu. Je näher sie kommen, desto stärker ist das Summen, das daraus nach außen dringt.

Dann riskiert Daniela Heinz einen Blick in die Zargen. Beim Öffnen des schützende­n Deckels, nebelt sie die Bienen zunächst mit einem Smoker ein. In dem Metallgefä­ß verbrennen Heublumen und Rainfarn. Ein Blasebalg trägt den Rauch ins Innere des Bienenstoc­ks und stellt die Tierchen ruhig.

Wie in einer Siedlung aus dicht aneinander gequetscht­en Reihenhäus­ern sieht es im Inneren der Zarge aus. Daniela Heinz nimmt einen Stockmeiße­l zur Hand, „ein unverzicht­bares Instrument“, erklärt sie. Damit hebelt sie eines der hölzernen Wabenrähmc­hen heraus, in das die Bienen ihre Waben gebaut haben. Sie zieht es heraus, nimmt es in beide Hände, hält es in die Sonne und blickt auf das honiggelb leuchtende Gebilde. Sie sucht nach „Stiften“, den länglich geformten Bienen-Eiern, die die Königin in die Wabenzelle­n gelegt hat. Von dieser Prozedur lassen sich die Bienen derweil nicht beeindruck­en. Sie gehen weiterhin emsig ihrer Arbeit nach. Vor dem Flugloch am unteren Ende der Zargen geht es zu, wie auf einer Autobahn am ersten Wochenende der Sommerferi­en. Bienen wuseln nach draußen, andere kommen von der Lichtung mit Blütennekt­ar im Gepäck zurück in den Stock. „Die Arbeit wird schnell einfach. Am Anfang war ich eher aufgeregt“, erklärt Daniela Heinz. Sobald sie das erste Jahr mit den Bienen durchgemac­ht habe, kehre mehr Routine ein, glaubt sie.

Noch nicht gestochen worden

Daniela Heinz hat schon jetzt viel Freude an ihrem neuen Hobby gefunden. Und das, obwohl sie die Tage noch an einer Hand abzählen kann, an denen sie bei ihren Völkern war. Einmal pro Woche schaut die Labortechn­ikerin und Mutter zweier Töchter nach den Tieren. „Es ist ein schöner, beruhigend­er Ausgleich“, erklärt sie und schiebt grinsend hinterher: „Außerdem mag ich Honig.“Und noch etwas: „Ich bin noch gar nicht gestochen worden. Ich weiß also nicht, ob ich allergisch bin. Peter sagt immer, dass ich mich stechen lassen soll“, sagt sie mit einem Blick zu Glökler, der unaufgereg­t ohne Schleier vor den Zargen steht.

Mit ihrem Hobby hat sie inzwischen auch ihren Mann Jochen angesteckt. Der 41-jährige Systemadmi­nistrator will bald auch an einem Lehrgang teilnehmen. „Das ist ein gutes Hobby, das man am Wochenende betreiben kann“, meint die Neu-Imkerin und lacht. Dass das nicht nur sie so sieht, kann Glökler bestätigen: „Das Hobby hat in den vergangene­n zehn Jahren relativ gut zugenommen. Jetzt gibt es langsam eine Sättigung.“Im Theoriekur­s, den auch Daniela Heinz besuchte, seien 60 bis 70 Leute gewesen. „Zuerst gibt es Theorie für ein paar Wochen und weitere kursintern­e Termine, im Oktober ist dann der Honig-Lehrgang. Dann hast Du’s geschafft“, sagt der 66-Jährige zu Daniela Heinz. Die Kurse werden im Ein- bis Zwei-Jahresrhyt­hmus auf Kreisebene angeboten. Betreut werden die Jungimker in Immendinge­n dann von Glökler. „Das geht auch allein. Da muss man die Fehler dann aber selber machen“, meint der langjährig­e Imker. Über die Hilfe ist Daniela Heinz froh, denn: „Peter weiß alles.“Und auch Jochen Heinz findet: „Es ist gut, dass man weiß, dass jemand da ist.“

Erste Honigbeste­llungen

Dass ihr neues Hobby nicht das alltäglich­ste ist, hat die Imkerin über Rückmeldun­gen aus dem Freundesun­d Kollegenkr­eis erfahren: Während von manchen die Frage komme: „Wie kommst Du denn darauf?“, habe sie auch schon gehört: „Ja, das passt zu Dir.“Insgesamt seien die Reaktionen positiv. Und mehr noch. Wie erfolgreic­h sie die Freizeitak­tivität umsetzt, davon will sich so mancher am liebsten selbst überzeugen: „Im Geschäft habe ich schon eine Warteliste für die Honigbeste­llung“, erzählt sie. Den ersten Honig gebe es im kommenden Jahr.

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FOTOS: SIMON SCHWÖRER Imkerin Daniela Heinz sucht in einem Wabenrähmc­hen nach sogenannte­n „Stiften“, den länglich geformten Bienen-Eiern.
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Mit einem Smoker (links) werden die Bienen ruhig gestellt. Danach können die Wabenrähmc­hen mit einem Stockmeiße­l aus der Zarge gehebelt und begutachte­t werden. Peter Glökler, Daniela und Jochen Heinz (rechtes Bild, von links) stehen neben ihren beiden Bienenstöc­ken.
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