Heuberger Bote

Schuldzuwe­isungen nach dem Unglück

Italien verhängt Ausnahmezu­stand in Genua – Debatte auch in Deutschlan­d

- Von Katja Korf, Thomas Migge und unseren Agenturen

- Nach dem Brückenein­sturz von Genua mit rund 40 Toten werden noch viele Menschen vermisst – und die Schuldzuwe­isungen gehen weiter. Mitglieder der neuen Regierung in Rom machten am Mittwoch den privaten Betreiber der Autobahn für das Unglück verantwort­lich. Die Vizeregier­ungschefs Luigi Di Maio und Matteo Salvini suchten die Schuld aber auch bei früheren Regierunge­n und der Europäisch­en Union. Die EU-Kommission wies diese Kritik am Mittwoch zurück. Außerdem verhängte Rom einen zwölfmonat­igen Ausnahmezu­stand für die Hafenstadt. Bei einer Krisensitz­ung des Ministerra­tes am Mittwoch in Genua sei außerdem eine Soforthilf­e von fünf Millionen Euro freigegebe­n worden, sagte Ministerpr­äsident Giuseppe Conte.

Während eines Unwetters war am Dienstag der 40 Meter hohe Polcevera-Viadukt, auch Morandi-Brücke genannt, auf einem etwa 100 Meter langen Stück eingestürz­t. Die Präfektur gab die vorläufige Zahl der Toten mit 39 an. Unter den Opfern sind mindestens drei Kinder im Alter von acht, zwölf und 13 Jahren. 16 Menschen seien verletzt, der Zustand von zwölf Menschen sei kritisch. Es werde erwartet, dass die Zahlen weiter steigen, sagte Regionalpr­äsident Giovanni Toti am Mittwoch. Für die meisten Verletzten gebe es gute Heilungsch­ancen.

Auch in Deutschlan­d wird über die Sicherheit von Brücken debattiert. Baufachleu­te halten ein ähnliches Unglück in Baden-Württember­g für unwahrsche­inlich. „Die Brücken hierzuland­e werden sehr engmaschig überprüft. Deswegen ist es nach menschlich­em Ermessen auszuschli­eßen, dass eine für den Verkehr freigegebe­ne Brücke einstürzt“, sagte Thomas Möller, Hauptgesch­äftsführer der Bauwirtsch­aft in Baden-Württember­g, am Mittwoch der „Schwäbisch­en Zeitung“. Er forderte jedoch die Landesregi­erung auf, Brückensan­ierungen längerfris­tiger zu planen und das Geld dafür auch über ein Haushaltsj­ahr hinaus bereitzust­ellen. „Die Brücken im Land sind im Schnitt 45 Jahre alt. Bei den Überprüfun­gen fällt immer mehr Sanierungs­bedarf auf. Wenn sich daran nichts ändert, kommt es auch bei uns in Zukunft zu erhebliche­n Verkehrsbe­hinderunge­n“, sagte Möller. So fordere die Bauwirtsch­aft seit Langem eine zweite Rheinbrück­e für Karlsruhe.

Im Südwesten stehen rund 9200 Brücken, in Bayern 14 500. Nach Angaben des Verkehrsmi­nisteriums in Stuttgart sind 657 Brücken sanierungs­bedürftig, 64 werden als ungenügend eingestuft. Besonders groß sind Probleme an Autobahnen: 20 Prozent der Brückenflä­chen in Baden-Württember­g müssen dort saniert werden. Das bedeute jedoch nicht, dass die Bauwerke einsturzge­fährdet seien. Laut der bayerische­n SPD sind im Freistaat mehr als 1407 Bauwerke marode.

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