Deutsche Brücken gelten als sicher
Doch jede zehnte ist sanierungsbedürftig – 657 Bauwerke in Baden-Württemberg müssen renoviert werden
- Ein Unglück wie in Genua schließen Experten für Deutschland aus. Allerdings sind zahlreiche Brücken in Baden-Württemberg und Bayern sanierungsbedürftig. Katja Korf beantwortet die wichtigsten Fragen zum Thema:
Wie werden Brücken geprüft?
Das ist in einer DIN-Norm geregelt. Alle drei Jahre überprüfen Ingenieure jede Brücke, alle sechs Jahre erfolgt dabei eine besonders gründliche Kontrolle. Letztere dürfen nur besonders ausgebildete und geprüfte Bauingenieure durchführen. Sie nehmen Schäden auf. Ein Computerprogramm errechnet daraus eine Gesamtnote. Das Spektrum reicht von „sehr gut“bis „ungenügend“.
Was bedeuten die Kategorien – und welche Brücken sind unsicher?
Das Stuttgarter Landesverkehrsministerium stuft alle Brücken als Sanierungsfälle ein, die die Noten mangelhaft und schlechter bekommen. Das bedeutet jedoch nicht, dass all diese Brücken einsturzgefährdet sind. Gefährliche Brücken werden gesperrt. Das trifft aber nur auf wenige Einzelfälle zu. Schlechte Noten bekommen viele Brücken zum Beispiel wegen Schäden an Brückengeländern oder der Fahrbahndecke. Solche Probleme mindern zwar die Verkehrssicherheit, bedrohen aber nicht die Standfestigkeit der Bauwerke. Eine Brücke wie in Genua existiert im Südwesten nicht. Dort gab es nur ein Kabelsystem, in Baden-Württemberg stehen nur Vielseilbrücken.
Wie viele Brücken gibt es und in welchem Zustand sind sie?
In Deutschland stehen 39 500 Brücken, für die der Bund verantwortlich ist. Laut Bundesverkehrsministerium ist der Zustand von 87 Prozent der Brücken als „gut“bis „ausreichend“eingestuft, bei elf Prozent als „mangelhaft“und bei zwei Prozent als „ungenügend“. In BadenWürttemberg gibt es mehr als 9200 Brücken. 3161 davon sind auf Landesstraßen. Deren Instandhaltung zahlt das Land. Die 2005 Brücken auf Autobahnen und 4097 auf Bundesstraßen finanziert der Bund. Sanierungsbedürftig sind laut Landesverkehrsministerium 657 davon. 22 Brücken an Autobahnen, 20 an Bundesstraßen und 22 an Landesstraßen werden als „ungenügend“bewertet. Die Fläche der maroden Brücken ist seit 2010 um 13 Prozent gesunken. Im Schnitt erhalten die Brücken die Note befriedigend. In Bayern gibt es 14 500 Brücken, davon 5417 in Verantwortung des Freistaats. 1407 davon sind laut SPD sanierungsbedürftig – und damit jede vierte. Das hat eine SPD-Anfrage an die Staatsregierung ergeben. Demnach ist die Zahl seit 2015 um neun Prozent gestiegen.
Wo liegen die Ursachen?
Brücken im Südwesten sind nach Angaben der Baubranche im Schnitt 45 Jahre alt. In dieser Zeit ist das Verkehrsaufkommen stark gestiegen. Die Bauwirtschaft moniert, darauf hätten Regierungen seit Ende der 1970er-Jahre nicht ausreichend reagiert. Kritiker bemängeln zu lange Planungszeiten und Fachkräftemangel am Bau. Der Bund gibt für Brückensanierung 1,4 Milliarden Euro im laufenden Jahr aus, Baden-Württemberg steckt etwa 20 Millionen in seine eigenen Brücken.