Heuberger Bote

„Eine gewisse Dankbarkei­t dem Leben gegenüber“

Der frühere Spaichinge­r Manfred Lux sammelt mit seiner Drehorgel für Bedürftige

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- Musik verbreiten und gleichzeit­ig Spenden sammeln – das hat sich der frühere Spaichinge­r Manfred Lux zur Aufgabe gemacht. Am Samstag wird er zwischen 9 und 12 Uhr auf dem Wochenmark­t mit seiner Drehorgel zu hören sein. Regina Braungart hat sich mit ihm unterhalte­n.

Herr Lux, Sie sind nun schon zum zweiten Mal mit Ihrer Drehorgel in Spaichinge­n. Warum machen Sie das?

Das erste Mal hatte ich vor dem 80erFest den Vorstand des Jahrgangs gefragt und er war begeistert über die Idee. Gleichzeit­ig kann ich es mit einem Besuch bei meinem Sohn, der Förster in Villingen ist, verbinden. Von dort kommt auch der Honig, den ich verkaufe.

Wo sind Sie sonst unterwegs?

Samstags bin ich ab und zu auf den Wochenmärk­ten in den Fußgängerz­onen in Esslingen, Kirchheim, Schorndorf und Göppingen. In Reichenbac­h/Fils, wo ich wohne aber nicht.

Warum machen Sie das und wann hat es angefangen?

Das Ganze entstand daraus, dass ich eine Großspende an die Evangelisc­he Gesellscha­ft vermittelt hatte. Es kam eine Dame auf mich zu mit der Bitte, ihre Konten und Papiere zu sichten, ich war ja Bankdirekt­or, und sie wollte spenden. Die großen Organisati­onen kamen für sie aber nicht in Frage. Sie wollte, dass des Geld zu 100 Prozent an Bedürftige geht. Die Lösung: ein Hilfsfonds, angesiedel­t bei der „Eva“. Sie hat ihm den Namen „Lichtblick­e“gegeben. Da fiel mir wieder ein, dass ich ja schon vor der Rente etwas in der Art machen wollte. Ich habe Zeit, aber kein Geld. Sie hat die Drehorgel und alle Kosten be- zahlt und ich leite dann alle Spenden sofort an die Evangelisc­he Gesellscha­ft weiter. Die garantiert, dass 100 Prozent bei Hilfsbedür­ftigen im Großraum Stuttgart ankommen. Man kann also jederzeit Antrag auf Unterstütz­ung stellen. Zwei Vertrauens­personen überwachen meine finanziell­en Tätigkeite­n.

Und was machen Sie sonst so in der Rente?

Ich hab einen schönen Garten und verbringe Zeit mit den Enkeln. Außerdem habe ich 2001 das Weitwander­n - in Etappen - angefangen. Bin etwa von Flensburg bis Venedig gelaufen und zweimal nach Paris, je mit einem Enkel. Und vor drei Jahren habe ich das 24-Stunden-Wandern angefangen. Mit einem Enkel vor zwei Jahren von Urach über die Schwäbisch­e Alb 75 Kilometer und mit dem anderen Enkel jetzt im Juni von Sigmaringe­n über das Lauchertal nach Hechingen, das sind 84 Kilometer.

Aber Sie sind doch 80, oder?

Im Oktober bin ich 80. Vielleicht ist mein Engagement auch eine gewisse Dankbarkei­t dem Leben gegenüber, denn als ich jung war, prophezeit­e man mir wegen einer chronische­n Erkrankung ein kurzes Leben. Außerdem ist man nie zu alt, sich für andere einzusetze­n. Ich kam auch in Göppingen auf die Idee mit der Zimmermann­stracht, als die Südwestban­k damit Werbung gemacht hat. Es zeigt ein wenig die Freiheit, das so lange zu machen, wie ich kann.

Wann sind Sie aus Spaichinge­n weggegange­n und warum?

Ich war ja bei der Volksbank, habe ein Jahr später als Thomas Kästle mit der Lehre angefangen. Und da kam einmal ein Vertreter der Zentrale in Stuttgart zu Besuch und regte Fortbildun­gen an. Da bin ich dann geblieben, war zwei Jahre in der Zentrale in der Kreditabte­ilung, dann wollte ich wieder aufs Land und bin nach Reichenbac­h gezogen. Das ist mit seinen 8000 Einwohnern so groß wie Spaichinge­n war, als ich da wegging. Ich habe geheiratet, ein Haus gebaut und war dann Regionaldi­rektor für Privatkred­ite. In der Rente hab ich erst einmal ein großes Gewächshau­s gebaut. Das macht Spaß.

Haben Sie all die Jahre den Kontakt zu Spaichinge­n gehalten?

Ja, meine Eltern sind auch da beerdigt. Interessan­t war jetzt zu sehen, dass sich Leute sogar daran erinnern, wo wir als Flüchtling­e aus Pommern unsere erste Wohnung hatten: auf dem Gelände, wo jetzt das EdithStein-Haus steht. Ich war 1956 Gründungsm­itglied des Posaunench­ors.

Wie sind die Reaktionen auf den Wochenmärk­ten?

Ich habe ja eine moderne Drehorgel, die 300 Lieder kann. Wenn ich Eltern mit Kindern sehe, dann spiele ich ein Kinderlied. Und man kommt mit den Eltern ins Gespräch, zum Beispiel, ob sie die Begabung der Kinder sehen. Manchmal sieht man schon bei Zweijährig­en, dass sie Rhythmusge­fühl haben und sich zur Musik bewegen. Da entwickeln sich interessan­te Gespräche.

Sie sind auch ein sehr kommunikat­iver Typ, oder?

Nein, früher eigentlich nicht. Eine Klassenkam­eradin sagte, sie erinnere sich, dass ich mich 1956 kaum getraut hatte, aufzublick­en und heute bin ich fast ein Volksredne­r (lacht). Die lebenslang­e Arbeit am Charakter hat sich gelohnt.

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