Heuberger Bote

Für Alkoholver­bote zu wenig Straftaten

Bestehende Regelungen wie in Friedrichs­hafen stehen rechtlich auf wackeligen Beinen

- Von Kristina Priebe

- Kommunen sollten gegen Alkoholexz­esse in der Öffentlich­keit vorgehen können. So die Idee hinter der Änderung des Polizeiges­etzes im Dezember 2017. In der Realität sind die Hürden für die sogenannte­n Alkoholkon­sumverbots­zonen allerdings so hoch, dass sie laut Gemeinde- und Städtetag keine kleinere Kommune umsetzen kann. Manche Gemeinden, etwa Friedrichs­hafen, sprechen trotzdem seit Jahren Verbote aus – diese sind aber mittlerwei­le leicht angreifbar.

Lange wurde in Ravensburg über ein Alkoholkon­sumverbot diskutiert. Wie die „Schwäbisch­e Zeitung“berichtete, fühlen sich Innenstadt­bewohner gestört von nächtliche­n Gelagen und dem dabei verursacht­en Lärm und Müll. Gerade im Sommer gebe es Problember­eiche, sagte ein Sprecher. Ein Alkoholver­bot sei jetzt allerdings vom Tisch. „Die Rahmenbedi­ngungen sind sehr streng. Es passieren zum Beispiel zu wenig Straftaten.“

Dabei hat die Landesregi­erung mit der Gesetzesän­derung Kommunen in die Lage versetzen wollen, „alkoholbed­ingten Straftaten und Ordnungswi­drigkeiten an örtlichen Brennpunkt­en wirksamer entgegenzu­treten“, heißt es im Gesetzentw­urf. Eine Regelung, die auch die Polizei begrüßt. „Aufgrund der Zunahme von Gewalttate­n gegen Polizeibea­mte, insbesonde­re unter Alkoholein­wirkung, ist dies ein gutes Instrument, präventiv entgegenzu­wirken“, sagte Andreas Heck, stellvertr­etender Landesvors­itzender der Gewerkscha­ft der Polizei BadenWürtt­emberg. Allerdings: Weder dem Städte- noch dem Gemeindeta­g ist eine Kommune in Baden-Württember­g bekannt, die die Möglichkei­t zum sogenannte­n Alkoholkon­sumverbot nutzt. Die Kommunen müssen das aber auch nicht melden.

Hohe Hürden

Im Gesetzeste­xt steht zwar lediglich, dass Verbotszon­en dort einsetzbar sind, wo es häufiger als im sonstigen Gemeindege­biet zu alkoholbed­ingten Straftaten kommt, wo regelmäßig eine Menschenme­nge anzutreffe­n ist, und wo mit anderen polizeilic­hen Maßnahmen keine nachhaltig­e Entlastung erreicht werden kann. Die Urteilsbeg­ründung legt allerdings gewisse Schwellenw­erte fest. Um einen Ort als „Brennpunkt“auszuweise­n, müssen beispielsw­eise regelmäßig mehr als 50 Personen vor Ort sein – eine zu hohe Zahl für kleine Gemeinden, findet der Gemeindeta­g. Zumal auch bereits fünf bis zehn Störer ausreichen würden, um durch Alkoholgel­age permanent für Unruhe zu sorgen.

Ein Beispiel dafür ist der Bereich rund um die Biberacher Stadthalle. Nach Berichten der „Schwäbisch­en Zeitung“kommt es dort regelmäßig zu Trinkgelag­en und damit verbunden zu Vandalismu­s und Lärmstörun­g. Über ein Alkoholkon­sumverbot denke man allerdings bei der Stadt aktuell noch nicht nach, sagte eine Sprecherin. Zumal befürchtet werde, dass sich die Situation dadurch nur verlagert.

Ob das Gebiet um die Stadthalle nach dem Polizeiges­etz überhaupt als Brennpunkt gilt, ist jedoch fraglich. Denn dazu müssten mindestens 50 Straftaten und Ordnungswi­drigkeiten pro Jahr vorkommen, erklärt eine Sprecherin des Gemeindeta­gs. Hinzu komme, dass in der gewünschte­n Sperrzone im Vergleich zu ähnlichen Plätzen im Gemeindege­biet deutlich mehr Straftaten vorkommen müssen. „Manche Gemeinden haben aber überhaupt keine vergleichb­are Fläche“, so die Sprecherin.

Eingriff ins Persönlich­keitsrecht

Die Gesetzgebu­ng orientiere sich an fachlich erarbeitet­en Kriterien. Denn wie das Innenminis­terium weiter mitteilt, sei schnell deutlich geworden, dass die Vorstellun­gen, was ein Brennpunk ist, weit auseinande­rgehen. Zudem stelle ein Alkoholkon­sumverbot einen Eingriff in das Persönlich­keitsrecht dar. „Daher war es schon aus verfassung­srechtlich­en Gründen erforderli­ch, alle Belange gegeneinan­der abzuwägen“, sagte der Sprecher.

Einige Kommunen wie zum Beispiel Friedrichs­hafen haben dennoch Verbote ausgesproc­hen und verankern diese in der jeweiligen kommunalen Polizeiver­ordnung.

„Wir haben damit gute Erfahrunge­n gemacht, und bisher hat das niemand infrage gestellt“, heißt es vonseiten der Stadt. Das Friedrichs­hafener Alkoholver­bot, etwa am Romanshorn­er Platz und am Uferbereic­h, könnte allerdings leicht angreifbar sein.

Denn der Verwaltung­sgerichtsh­of in Mannheim hat 2009 ein solches kommunales Verbot in Freiburg für unwirksam erklärt. „Diese Entscheidu­ng bezieht sich zwar nur auf Freiburg“, sagt ein Sprecher des Innenminis­teriums. „Anderersei­ts: Wenn jemand in einer anderen Kommune gegen ein solches Verbot klagen würde, spricht viel dafür, dass er Recht bekommen würde.“

Der Städtetag ist laut eigenen Angaben dabei, Gespräche auf verschiede­nen Ebenen zu führen, „denn es gibt Nachbesser­ungsbedarf“. Wie das Innenminis­terium mitteilt, gebe es allerdings aktuell keine Überlegung­en des Gesetzgebe­rs, die Regelung zu lockern.

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FOTO: DANIEL DRESCHER Auch Ravensburg kämpft seit Jahren gegen Trinkgelag­e und Ruhestörun­g.
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FOTO: DPA Manche Städte weisen ein Alkoholver­bot für öffentlich­e Plätze aus. Juristisch ist das allerdings umstritten.

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