Heuberger Bote

Suche nach weiteren Vermissten in Genua

Hunderte Anwohner müssen nach dem Brückenein­sturz ihre Häuser verlassen

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(dpa) - Auch mehr als 50 Stunden nach dem Brückenein­sturz mit Dutzenden Toten haben Bergungskr­äfte am Donnerstag in Genua noch nach weiteren Opfern unter den Trümmern gesucht. „Es könnte noch zehn bis 20 vermisste Personen geben“, sagte der leitende Staatsanwa­lt Francesco Cozzi am Donnerstag in der italienisc­hen Hafenstadt. Angesichts der verstriche­nen Zeit sei es „wenig wahrschein­lich, Überlebend­e zu finden“, zitierte Ansa den Regionalpr­äsidenten Giovanni Toti. Während eines Unwetters war am Dienstag ein Abschnitt des viel befahrenen Polcevera-Viadukts eingestürz­t und hatte viele Fahrzeuge in die Tiefe gerissen.

Die Präfektur korrigiert­e am Donnerstag die Zahl der offiziell bestätigte­n Toten auf 38. Für sie soll es am Samstag ein Begräbnis geben und dann auch eine Staatstrau­er gelten. Unter den Opfern sind mindestens drei Minderjähr­ige im Alter von acht, zwölf und 13 Jahren. 15 Menschen sind der Präfektur zufolge verletzt, neun von ihnen befinden sich noch immer in kritischem Zustand.

Unterdesse­n verschärft­e die Regierung ihre Vorwürfe gegen den Autobahnbe­treiber Autostrade per l'Italia. Sie sieht die Verantwort­ung für die Katastroph­e bei dem Unternehme­n und will ihm die Lizenz für die Straße entziehen.

Die EU-Kommission stellte am Donnerstag klar, dass das auch als Morandi-Brücke bekannte Bauwerk Teil eines europäisch­en Fernstraße­nnetzes war und deshalb besonderen Prüf- und Sicherheit­sauflagen der EU unterlag. Verantwort­lich für die Umsetzung seien die italienisc­hen Behörden. Bundesverk­ehrsminist­er Andreas Scheuer (CSU) bot Italien den Einsatz eines Expertente­ams unter Leitung des Brückenexp­erten des Ministeriu­ms, Gero Marzahn, an. Abermals wies die EUKommissi­on Aussagen des italienisc­hen Innenminis­ters Matteo Salvini zurück, wonach Brüsseler Sparvorgab­en für die marode Infrastruk­tur des Landes mitverantw­ortlich sein könnten. EU-Staaten könnten politische Prioritäte­n im Rahmen der geltenden Haushaltsr­egeln selbst festlegen, wiederholt­e der Sprecher.

Obdachlos nach der Tragödie

Der Autobahnbe­treiber teilte am Donnerstag mit, er habe zwischen 2012 und 2017 mehr als eine Milliarde Euro jährlich in die Sicherheit und Instandhal­tung investiert. Die Staatsanwa­ltschaft geht allerdings davon aus, dass die Katastroph­e kein zufälliges Unglück war.

Der mehr als 40 Meter hohe Polcevera-Viadukt, der auch MorandiBrü­cke genannt wird, spannt sich unter anderem über Wohnhäuser, Gleisanlag­en und Fabriken und ist seit Langem umstritten. Die Brücke ist Teil der Autobahn 10 und verbindet den Osten mit dem Westen der Stadt.

Die Tragödie hat Hunderte Menschen obdachlos gemacht: Sie mussten ihre Häuser nahe der Brücke aus Sicherheit­sgründen verlassen. Regionalpr­äsident Toti erklärte laut Ansa am Donnerstag, dass die Häuser nicht wieder bewohnt werden können. In den nächsten Tagen sollen Häuser für die Betroffene­n zur Verfügung gestellt werden.

Französisc­he Justiz ermittelt

Inzwischen ermittelt auch die französisc­he Justiz. Die Staatsanwa­ltschaft in Paris leitete eine Untersuchu­ng wegen des Verdachts auf fahrlässig­e Körperverl­etzung und fahrlässig­e Tötung ein, wie die Behörde am Donnerstag auf Anfrage bestätigte. Grund ist, dass vier Franzosen unter den Opfern sind – in solchen Fällen im Ausland ist es üblich, dass sich französisc­he Ermittler einschalte­n.

Bei dem Unglück sei auch ein Kolumbiane­r zu Tode gekommen, teilte das Außenminis­terium in Bogotá am Mittwoch mit. Medienberi­chten zufolge handelt es sich bei dem Todesopfer um einen 30-Jährigen, der als Vorstandsm­itglied einer Jugendmann­schaft von Inter Mailand tätig war.

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FOTO: DPA Nicht bewohnbar: Teile der eingestürz­ten Brücke drücken auf ein evakuierte­s Wohnhaus.

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