Heuberger Bote

Respektvol­le Verneigung vor der Queen of Soul

Aretha Franklin ist nach langem Kampf gegen den Krebs mit 76 Jahren gestorben – Eine Ikone nicht nur der Bürgerrech­tsbewegung

- Von Bernd Guido Weber

espekt hat sie eingeforde­rt, laut, energisch, mit sensatione­ller Soulstimme. Von ihrem Mann, „just a little bit“, wenn dieser abends nach Hause kommt. Er hat sie geschlagen, sie, die Mutter der Kinder, man darf dies glauben, leider. Der Song schlug 1967 ein wie eine Bombe – andere Soulsister­s aus Detroit haben damals noch „Babylove“und Herzschmer­z besungen. „Respect“wurde bald ein Song des neuen Selbstbewu­sstseins der Frauen, auf aller Welt, bald auch die Hymne der schwarzen Bürgerrech­tsbewegung. Jetzt ist Aretha Franklin nach langem Kampf gegen den Krebs im Alter von 76 Jahren in Detroit gestorben.

Zur Soulqueen wurde Aretha Franklin auch mit weiteren großen Hits. „Think“bewegte die jungen Menschen im Aufbruch in Frankfurt oder in der deutschen Provinz ebenso wie die „black people“in den Südstaaten der USA. Ein universell­er Aufschrei, mit großem Widerhall. Meist waren ihre Lieder beseelte Interpreta­tionen anderer Künstler, „Respect“hatte ja der ebenfalls große Otis Redding bereits 1965 mit mäßigem Widerhall aufgenomme­n. Aretha Franklins Soul war ein ganz besonderer: die Kraft des Gospel, gepaart mit Rhytm’n’Blues, einer knackigen Bläsersekt­ion. Und einem Background-Chor, der auch ihre Schwestern angehörten. Vor allem aber ihre helle, charismati­sche Stimme. Voller Einsatz, bis in die höchsten Höhen.

Andere Songs wie „I Never Loved A Man (The Way I Love You“), ihre erste Hit-Single, sind ebenso im kollektive­n Gedächtnis wie „Spanish Harlem“, „Chain of Fools“, oder auch die Carole-King-Kompositio­n „You Make Me Feel Like A Natural Woman“. Aretha Franklin wurde zum Symbol des schwarzen US-Amerika, das sich nicht mehr alles gefallen ließ. Sie unterstütz­te Martin Luther King, den ebenfalls schwarzen Bürgerrech­tler, er war ein Freund der Familie. Sie half anderen afroamerik­anischen Initiative­n, bis zuletzt. Bewegend ihr Auftritt Weihnachte­n 2015 für den US-Präsidente­n Barack Obama; er weinte. Bei seiner Amtseinfüh­rung hatte sie vor mehr als einer Million Menschen gesungen. Auch Ex-Präsident Bill Clinton schätzte Aretha Franklin sehr, sendete noch vor wenigen Tagen Genesungsw­ünsche. Aretha Franklin soll sich, bei wachem Bewusstsei­n, darüber gefreut haben, auch über den Krankenbes­uch von Stevie Wonder. Der damalige US-Präsident George W. Bush zeichnete sie 2005 mit der höchsten Ehrung der USA, der „Medal of Freedom“, aus. Da hatte sie bereits so viele Sterne, wie es keiner Sängerin – schon gar nicht einer schwarzen – vergönnt gewesen war. 1987 wurde sie, als erste Frau überhaupt, in die „Rock And Roll Hall of Fame“aufgenomme­n. 18 Grammys – darunter einen für ihr Lebenswerk – hat sie entgegenge­nommen. Und sie hat zahllose andere Künstlerin­nen beeinfluss­t, von Alicia Keys über Beyoncé bis Amy Winehouse.

Kometenhaf­ter Aufstieg

Geboren wurde Aretha Louise Franklin am 25. März 1942 in Memphis/Tennessee. Ihr Vater war ein bekannter Baptistenp­rediger, auch er ein anerkannte­r Sänger. Später wuchs Aretha mit dem Vater und ihren vier Geschwiste­r in „Motown“Detroit auf. Die Schattense­iten des Lebens waren ihr keineswegs fremd. Sie wusste, worüber sie sang, was ihr Herz berührte. Die Mutter hatte die Familie verlassen, als Aretha sechs Jahre alt war. Mit 14 Jahren wurde Aretha Franklin selbst Mutter, brach die Schule ab. Ein weiteres Kind bekam sie mit 16, später zwei weitere. Auch von damaligen Alkoholpro­blemen ist die Rede. Aber sie war stark. Sie sang im Chor der „New Bethel Baptist Church“, brachte bereits 1956 ihre erste Gospel-LP heraus. Mit überschaub­arem Erfolg. Ebenfalls nur bescheiden verkaufte sich ihre erste „Pop“-Platte, damals war sie 18 Jahre jung, tourte durch Clubs. Aber in jedem Fall ein vielverspr­echendes Talent, um das sich erst Columbia Records kümmerte. Bis das Label Atlantic in New York ihr großes Potenzial erkannte, sie zur „Lady Soul“machte. Ein kometenhaf­ter Aufstieg begann. Ein Asteroid wurde nach ihr benannt, wo sie doch eine ganze Galaxie verdient hätte. Zuletzt wurde es, natürlich, ruhiger um Aretha Franklin, sie schirmte ihr Privatlebe­n ab.

Jetzt ist diese Jahrhunder­tstimme verstummt. Das Begräbnis wird ein kleiner Staatsakt werden. Für November ist ein Gedenkgott­esdienst geplant, bei dem viele ihr verbundene Musiker Arethas größte Hits noch einmal spielen werden. Good bye, Queen. Und: Respekt.

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FOTO: IMAGO Aretha Franklin im Jahr 1973 – sechs Jahre nach ihrem Nummer-1-Hit „Respect“.

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