„Es ist wirklich eine Gnade, solange beieinander sein zu dürfen“
Helene und Dr. Kraft-Gerhard Eberlein sind heute 70 Jahre lang verheiratet - Paar verlobte sich damals nach drei Tagen
- Die Liebe auf den ersten Blick - es gibt sie. Drei Tage, nachdem sich Helene und Dr. Kraft-Gerhard Eberlein zum ersten Mal trafen, waren sie verlobt. Mittlerweile 70 Jahre ist das her. Am heutigen Freitag feiern die beiden ihre Gnadenhochzeit.
Es ist eine Geschichte, wie sie kein Drehbuch schöner schreiben könnte. 1948, am Freitagabend vor Pfingsten, saßen sich die beiden auf einer Medizinertagung in Bad Boll gegenüber. Sie war 20, er 24 Jahre alt. „Es war wunderschönes Wetter“, erinnert sich Helene Eberlein. Deswegen sollte auch ein Vortrag im Freien auf einer Wiese stattfinden. Den Ort fanden Helene und Kraft-Gerhard Eberlein zwar nie, hatten bei ihrer Wanderung aber trotzdem Spaß - und verlobten sich. Der Vortrag, den sie verpassten, lautete „Arzt und Ehe“.
Im August heirateten die beiden. „Auf Rosen gebettet waren wir aber nicht“, erinnert sich Helene Eberlein. 1948, nach dem Zweiten Weltkrieg, habe niemand Geld gehabt und keiner wusste, wie es weitergeht. Beide Ehepartner hatten den Krieg zu spüren bekommen. Kraft-Gerhard Eberlein war als Soldat gefangen genommen und nach Amerika verschleppt worden. Im dortigen Offizierslager durfte er zwar nicht arbeiten, studierte aber mit Hilfe des Roten Kreuzes in der Lageruniversität drei Semester Medizin. „So hat die Zeit einen Sinn gemacht“, sagt er. Zwei seiner Semester wurden anerkannt, als er 1946 zurück nach Deutschland kam. Einen seiner Brüder fand er in Erlangen, wo er sein Studium fortsetzte, ein großer Teil der Familie lebte nun in der DDR.
Helene Eberlein ging noch zur Schule, als der Krieg kam. Fortan musste sie Fabrikarbeit verrichten. „Ich bin jeden Morgen mit dem Fahrrad hingefahren“, erzählt sie. Manchmal musste sie sich vor nahenden Tieffliegern in den Straßengraben werfen. Nachdem die Familie nach Stuttgart geflüchtet war, entschied sie sich für eine Schneiderlehre. Noch heute beschäftigt sie sich gerne abends mit Handarbeiten, während ihr Mann vorliest. „Wir brauchen keinen Fernseher“, sind sich die beiden einig.
Whats App-Videos vom Urenkel
An Fernsehen war für das frisch vermählte Paar 1948 auch nicht zu denken. Die Eberleins lebten in einer EinZimmer-Wohnung in Heidelberg, wo sie lange Trennungen überstehen mussten. Denn Kraft-Gerhard Eberlein arbeitete im wegen Zerbombung nach Weinsberg ausgelagerten Heilbronner Krankenhaus, konnte nur alle 14 Tage nach Hause kommen, wo neben seiner Frau auch die Kinder auf ihn warteten.
Irgendwann besorgte sein Chefarzt ihm eine Assistenzarztstelle in Tuttlingen, 1956 übernahm er in Trossingen die Praxis eines Militärarztes. Bis Juni 1989 führte Dr. Eberlein seine Praxis, seine Frau half mit. In dieser Zeit wuchs die Familie auf zwei Töchter und vier Söhne an und die Eberleins bauten in der Türmlestraße, wo auch die Praxis Einzug hielt. Inzwischen steht sie leer: Dr. Eberleins Nachfolger hörte vor Jahren auf.
Ihre Gnadenhochzeit feiern die Eberleins mit Freunden und Familie. Auf das Fest freuen sie sich besonders, denn die große Familie ist weit verstreut in ganz Deutschland. Über 15 Enkel und zwölf Urenkel freut sich das Ehepaar. Einige Urenkel sind noch Kleinkinder, eines lernen die Eberleins bei ihrer Feier erstmals persönlich kennen. „Meine Enkelin hat mir aber Whats App eingerichtet und Videos geschickt“, sagt Helene Eberlein, „so konnten wir alles miterleben.“
Und das Geheimnis, wie man es schafft, 70 Jahre glücklich verheiratet zu bleiben? Die Fehler des anderen auch zu lieben und immer wieder aufeinander zuzugehen sei wichtig, sagt Helene Eberlein. Vieles machen die beiden gemeinsam, zum Beispiel musizieren: Kraft-Gerhard Eberlein lernte mit 40 Jahren noch Cello zu spielen, seine Frau spielte Klavier und Geige und heute noch Altflöte. „Wir haben gehofft, dass unsere Ehe lange hält, aber hätten nie gedacht, dass wir die Gnadenhochzeit erleben“, meint sie. Er fügt hinzu: „70 Jahre werden nicht geschafft. Es ist wirklich eine Gnade, wenn man so lange beieinander sein darf.“