Heuberger Bote

Wanderung durch die Erdgeschic­hte

Der Schluchten­steig im Südschwarz­wald macht seinem Namen alle Ehre

- Von Steffi Machnik

W er die Gesamtstre­cke des Schluchten­steigs im Südschwarz­wald wandern will, braucht Kondition und Trittsiche­rheit. Knapp 3000 Höhenmeter sind auf den sechs Etappen zu bewältigen. Einige Abschnitte sind so schmal wie in den Alpen.

Ab der Wutachmühl­e bis zur Schattenmü­hle nördlich von Bonndorf macht der Schluchten­steig seinem Namen alle Ehre. Immer wieder gehen die Felswände am Rande des Wegs steil in die Höhe. Die zwölf Kilometer lassen sich als Königsetap­pe bezeichnen. Mal führt der Weg direkt am Ufer der Wutach entlang, oder es geht auf schmalen Stegen über den Fluss. Seit 1939 ist die Wutachschl­ucht als Naturschut­zgebiet ausgewiese­n. Es wurde 50 Jahre später nochmals erweitert und umfasst heute 950 Hektar. Dementspre­chend unberührt wirkt die Natur entlang der außergewöh­nlichen Wildflussl­andschaft.

Gut gepflegte Wanderwege

„Der Südschwarz­wald war schon immer reich an schönen Schluchten“, sagt Klaus Nieke von der Projektste­lle Schluchten­steig im Landratsam­t Waldshut. „Wir haben die Schluchten mit einem Weg verbunden, der den Gästen ein tolles Wandererle­bnis bietet.“Der 2008 eröffnete Fernwander­weg verläuft in einem Bogen von Stühlingen an der Grenze zur Schweiz bis nach Wehr am Hochrhein.

2011 wurde der Schluchten­steig von der Fachzeitsc­hrift „Wandermaga­zin“zum schönsten Weitwander­weg Deutschlan­ds gekürt und ist seit 2012 einer von 16 „Top Trails of Germany“. Voraussetz­ung für den Erfolg sind gut gepflegte Wanderwege, denn ständig bearbeiten Regen- und Flusswasse­r das Felsgestei­n der Schluchten, und Bergstürze sind keine Seltenheit. Deshalb sind die Mitglieder der örtlichen Wandervere­ine, die ehrenamtli­ch arbeiten, eine wichtige Stütze für das Projekt Schluchten­steig.

Wer sich auf den Weg macht, ist von den Unterschie­den zwischen den einzelnen Etappen und der anspruchsv­ollen Wegstrecke zwischen 346 und 1148 Höhenmeter­n beeindruck­t. Die ersten 45 Kilometer sind von der Wutach geprägt, beginnend mit den Wutachflüh­en, dem untersten Teil der Schlucht. Wer weiterwand­ert, begibt sich auf eine Reise durch mehrere 100 Millionen Jahre Erdgeschic­hte, denn der Fluss hat sich 180 Meter tief in den Fels eingeschni­tten und fließt über die unterschie­dlichsten Gesteine wie Gneise und Granite, Buntsandst­ein und Muschelkal­k, Keuper und Jura.

Im Talgrund auf dem Weg zwischen Wutachmühl­e und Schattenmü­hle herrscht Ruhe, nur das Wasser springt gurgelnd und glucksend über die Steine. Fische lassen sich beim Schwimmen beobachten und Wasseramse­ln, die flink im Fluss nach Nahrung suchen. Entschleun­igung pur am Flussufer.

Und irgendwann redet der Fluss. Es ist ein gleichmäßi­ger Redefluss, ohne Höhen und Tiefen, eher ein beständige­s Wispern. An der Haslach, kurz vor Lenzkirch, wird der Schluchten­steig fast mystisch. Der schmale Pfad führt durch dichten Laub- und Nadelwald, über knubbelige Baumwurzel­n, an bemoosten Steinen vorbei und durch die kniehohen, ausladende­n Blätter der Pestwurz. Und kein Wanderer würde sich wundern, wenn plötzlich Elfen durch diesen Zauberwald streifen und neugierig unter den Farnen hervorluge­n würden.

Aber der nächste Aufstieg kommt bestimmt. Und wenn sich der Weg dann wieder direkt an den Felsen entlang schlängelt, begeistern die spektakulä­ren Ausblicke von oben in die nächste Schlucht. Und der Wind, der durch die Bäume rauscht. Knöchelhoh­e Wanderschu­he und Schwindelf­reiheit sind Voraussetz­ungen, um diese Etappen genießen zu können.

Sicht bis zu den Schweizer Alpen

Über Höhen und durch Wiesen verläuft dagegen die Wegstrecke rund um St. Blasien. Schon der Ausblick vom 1134 Meter hohen Bildstein auf den Schluchsee, den größten See des Schwarzwal­ds, gibt einen Vorgeschma­ck auf die Ausblicke, die sich später bei Horbach und ein Stück weiter bei Ibach bieten. Große Tafeln nennen die schneebede­ckten Gipfel der Alpen, die sich bei gutem Wetter zeigen. Bis zu Eiger, Mönch und Jungfrau sind es nur 130 Kilometer Luftlinie. Zwischendu­rch begeistern auf den Hochebenen immer wieder kleine Hochmoore und Heidefläch­en mit niedrigen Blau- und Preiselbee­rbüschen, zerzausten Kiefern und grünblauen Wacholders­träuchern.

Zum Finale auf der letzten Etappe von Todtmoos nach Wehr macht der Schluchten­steig seinem Namen noch einmal alle Ehre, wenn er entlang der Wehra führt und alle Register seiner besonderen Qualität zieht: weiche Wege, üppige Wälder und prächtige Ausblicke Richtung Rheinebene. (dpa)

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FOTOS: DPA Gutes Schuhwerk ist auf dem Schluchten­steig Pflicht, weil es oft durch steile Engstellen geht wie hier in der Lotenbachk­lamm.
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Schwarzwal­didylle – auch das hat der Schluchten­steig zu bieten.

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