Heuberger Bote

Neuer Hotspot an der Côte d'Azur

Eine Biennale soll das Dorf Saint-Paul-de-Vence wieder zum Künstlerma­gneten machen

- Von Sabine Glaubitz

(dpa) - Marc Chagall hatte in dem Dorf auf dem sanften Hügel oberhalb von Nizza gelebt. Pablo Picasso, Henri Matisse und Fernand Léger kehrten für ihr Leben gern in „La Colombe d'Or“ein, der Goldenen Taube. Das pittoreske Hotel-Restaurant gibt es noch heute. Doch aus dem ehemaligen Künstler-Hotspot ist eine Touristenh­ochburg geworden. Mit seiner ersten Biennale für zeitgenöss­ische Kunst, der BIC (Biennale Internatio­nale Saint-Paul-de-Vence), hofft das Küstendorf wieder zu seinem Ruf als Künstlerma­gnet zurückzufi­nden.

Insgesamt 13 internatio­nale Künstler wurden für diese Premiere ausgewählt, darunter Stars wie David Nash, Jan Fabre, Antony Gormley und Wang Keping. Die Werke haben vor allem entlang der Befestigun­gsmauer ihren Platz gefunden, denn die gepflaster­ten Gassen sind zu schmal für raumgreife­nde Arbeiten, wie „Der Mann, der das Kreuz trägt“von Jan Fabre.

Die Bronzefigu­r des Belgiers hebt das gewaltige Kreuz auf der Place Neuve in den Himmel, so als wolle sie ihm drohen. Die Arbeit stellt eine Auseinande­rsetzung mit dem Glauben dar und ist ein Selbstport­rät. Ein Bronze-Selbstbild­nis in kleinerer Version thront auf der Eingangsma­uer der nur etwa einen Kilometer entfernten Fondation Maeght, die Fabre derzeit eine Ausstellun­g widmet.

Die bekannte Fondation, ein Kunstjuwel mit Skulpturen­garten, zieht jährlich mehr als 200 000 Besucher an. Nicht alle setzen ihren Besuch in Richtung des auf der Höhe liegenden Zentrums von Saint-Paulde-Vence fort. Ein Beweis für die Galeristin Catherine Issert, dass das Dorf stark an Renommée eingebüßt habe. Die Händlerin, die seit 1975 in dem Ort Künstler wie John Armleder, Jean-Michel Alberola und Felice Varini vertritt, ist Kuratorin der Biennale.

Das 3500-Seelen-Dorf – es gilt als eines der schönsten Frankreich­s – zählt mehr als 30 Galerien. Zwei Millionen Touristen jährlich locken aber auch Händler an, die mehr aufs schnelle Geschäft setzen als auf Qualität.

„Es gibt viel zu tun, um das einstige Renommee wiederzuer­langen“, erklärt Issert. Dabei helfen ihr Olivier Kaeppelin, Ex-Direktor der Fondation Maeght und Präsident der Biennale, sowie eine Auswahljur­y mit großen Namen, darunter der französisc­he Künstler Bernar Venet und Frankreich­s Stararchit­ekt Jean Nouvel. Wenn dieser nicht für seine zahlreiche­n Projekte weltweit auf Reisen ist, wohnt er in Saint-Paul-deVence.

Die Biennale dauert noch bis zum 31. August. Die Werke sind nicht zu übersehen, etwa die felsenarti­ge Glaskompos­ition „Rock Shift Giant“des israelisch­en Künstlers Arik Levy, in der sich die hügelige Küstenland­schaft spiegelt, oder die Stahlskulp­tur „Une seule direction?“von Vladimir Skoda, die wie ein spitzer Magierhut auf der Stadtmauer thront. Nur wenige Meter entfernt überrascht die armlose Menschenfi­gur des Niederländ­ers Henk Visch. Sie reckt ihren gewaltigen, langen Hals über die Steinmauer, hinter der sich am Horizont tiefblau das Meer erstreckt.

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FOTO: DPA „Du livre du matin“heißt die Skulptur von Henk Visch, die auf der Kunstbienn­ale ausgestell­t ist.

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