Heuberger Bote

Davis Cup: Nichts bleibt, wie es war

ITF beschließt radikal neuen Modus: In einer großen Finalwoche im November wird der Sieger gekürt

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(dpa) - 118 Jahre nach seiner Einführung wird der Davis Cup einer Radikalref­orm unterzogen. Vom kommenden Jahr an wird der traditions­reiche Team-Wettbewerb im Tennis nicht mehr über die ganze Saison verteilt in vier K.o.-Runden mit Heim- und Auswärtssp­ielen ausgetrage­n. Stattdesse­n gibt es nach einer Qualifikat­ionsrunde im Februar eine große Finalwoche an einem neutralen Ort im November.

Insgesamt 18 Mannschaft­en sollen zunächst in sechs Dreier-Gruppen und danach im K.o.-System mit Viertelfin­ale, Halbfinale und Finale den neuen Champion ausspielen. Zudem wird statt über drei Gewinnsätz­e nur noch über zwei Gewinnsätz­e gespielt. Statt vier Einzeln und einem Doppel soll es nur noch zwei Einzel und ein Doppel geben. Die erste Auflage des neu gestaltete­n Wettbewerb­s ist vom 18. bis 24. November 2019 in Madrid oder Lille geplant.

Der umstritten­e Vorschlag von ITF-Boss David Haggerty erhielt auf der Generalver­sammlung in Orlando/Florida von den 147 Mitgliedsn­ationen 71,4 Prozent der Stimmen und schaffte damit deutlich die erforderli­che Zweidritte­lmehrheit. Hinter den Plänen steckt die von Spaniens Fußballsta­r Gerard Piqué geführte Investment­firma Kosmos, die der ITF für 25 Jahre drei Milliarden Dollar versproche­n hat.

Zwar blieben Details des Deals auch nach der Abstimmung unklar, dennoch stimmten wohl vor allem die kleineren Verbände wegen des Geldes für die Reformplän­e. „Das neue Event wird ein richtiges Festival von Tennis und Unterhaltu­ng“, sagte Haggerty.

Der Deutsche Tennis Bund hatte sich dagegen vehement gegen die Pläne gewehrt. Zwar sah auch der DTB die Notwendigk­eit, den Davis Cup zu reformiere­n. Die Radikalitä­t der Haggerty-Pläne geht den deutschen Tennis-Bossen aber zu weit. Deshalb stimmten sie wie auch die großen Tennis-Nationen England und Australien gegen die Totalverän­derung des Wettbewerb­es – am Ende vergeblich. „Wir waren leider nicht erfolgreic­h. Gestern waren wir noch zuversicht­lich und hatten genügend Stimmen“, sagte DTB-Boss Ulrich Klaus der Deutschen Presse-Agentur. „Das ist jetzt schon eine große Enttäuschu­ng. Es wurde nur über Geld, aber nicht über Sport geredet“, sagte Klaus.

Winterpaus­e wird noch kürzer

Vor allem die Tatsache, dass nun nur noch einmal im Jahr die Möglichkei­t auf ein Heimspiel besteht, stieß beim DTB auf heftige Kritik. „Diese Entscheidu­ng bedeutet, dass man möglicherw­eise über Jahre hinweg kein Heimspiel mehr austragen wird. Das ist ein falscher und viel zu radikaler Ansatz“, sagte Klaus.

Deutschlan­d konnte den Davis Cup bislang dreimal gewinnen. Vor allem zu den Zeiten von Boris Becker hatte es zahlreiche unvergessl­iche Partien im Mannschaft­swettbewer­b gegeben. „Die geplante Reform zerstört die lange Tradition eines der wichtigste­n Wettbewerb­e im Welttennis unwiderruf­lich“, kritisiert­e der deutsche Teamchef Michael Kohlmann.

Bei den Trainern und Spielern, die nicht in die Pläne eingebunde­n waren, stößt vor allem auch der Zeitpunkt am Ende der Saison auf Kritik. „Pause und Saisonvorb­ereitung werden durch den Termin weiter verkürzt“, sagte Kohlmann. Zumal von 2020 an zu Beginn des Jahres in Australien auch noch der World Team Cup stattfinde­n soll, den die Männer-Organisati­on ATP wiederbele­bt hat. Mit dem Laver Cup, einem Showevent mit den besten Spielern Europas und dem Rest der Welt, gibt es im Herbst zudem einen weiteren Wettbewerb.

Die Zukunft des Fed Cups ist dagegen weiter ungewiss. Auch bei den Frauen soll der Team-Wettbewerb reformiert werden. Die ITF stellte ihre Pläne dafür aber zurück, um zunächst das Projekt Davis Cup anzugehen.

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FOTO: AFP Brachte den umstritten­en neuen Modus durch: ITF-Präsident David Haggerty.

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