Lebenswichtige Therapien werden verzögert oder unmöglich gemacht
Die Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker hat im Frühjahr die Ergebnisse einer Umfrage unter ihren Referenzapotheken vorgestellt: 482 öffentliche und 26 Krankenhausapotheken beteiligten sich. Danach hatten in den drei Monaten zuvor fast 90 Prozent der befragten öffentlichen und mehr als 80 Prozent der Klinikapotheken mindestens einen Lieferengpass erlebt, der gesundheitliche Folgen für Patienten hatte oder hätte haben können. Mehr als 20 Prozent gaben an, dies sei in dieser Zeitspanne sogar häufiger als 15 Mal vorgekommen. 39 Prozent der Krankenhausapotheken erklärten, dass der Engpass eine lebenswichtige Therapie unmöglich mache oder zumindest verzögere. Betroffen waren unter anderem Herz-Kreislauf-Mittel, Antibiotika, Schmerzmittel und Antidiabetika. Seit 2017 verpflichtet das Arzneimittelversorgungsstärkungsgesetz die Pharmaunternehmen immerhin dazu, Krankenhäuser bei kritischen Präparaten sofort über Engpässe zu informieren.
Wolf-Dieter Ludwig, Vorsitzender der Arzneimittelkommission der
deutschen Ärzteschaft, fordert: „Wir brauchen eine größere Transparenz hinsichtlich der verfügbaren Produzenten von versorgungsrelevanten Wirkstoffen, hinsichtlich der Rohstoffe und der Hersteller, wo findet das überhaupt statt, und wir müssen auch den Vertrieb genauer kennen, nur dann können wir möglicherweise Schwachpunkte aufdecken und sie beseitigen.“Wolf-Dieter Ludwig nennt ein weiteres Beispiel für das Zustandekommen eines Lieferengpasses: beim Krebsmittel Melphalan. „Dieser Wirkstoff ist seit einigen Jahren immer mal wieder nicht verfügbar gewesen, was dazu geführt hat, dass wir Patienten nur verzögert behandeln konnten.“Aus internen Papieren sei dann hervor gegangen, „dass hier eine künstliche Verknappung teilweise vorgelegen hat. Das heißt, dass der Hersteller dieses Arzneimittel, obwohl es in den Lagerbeständen vorhanden war, nicht bereitgestellt hat, weil er versucht hat, durch diese künstliche Verknappung den Preis in die Höhe zu treiben“. (hoc)