Miteinander sprechen steht im Mittelpunkt
Mehrere Kindergärten in Tuttlingen sind als Sprach-Kindergarten zertifiziert
- Im Kindergarten Bruder Klaus steht die sprachliche Bildung im Vordergrund. Gemeinsam mit weiteren Kitas in Tuttlingen und Umgebung ist die Einrichtung zum Sprach-Kindergarten zertifiziert worden. Kinder sollen dort zum Sprechen und zur Verständigung motiviert werden – die Art der Sprache steht dabei nicht Vordergrund.
Wenn die Kinder im Kindergarten Bruder Klaus ihren selbstgebauten Heißluftballon betreten, beginnt eine Reise um die Welt. Nordpol, Afrika und in die Türkei. Ein bemalter Gartenzaun und ein in aufwendiger Kleinstarbeit gebastelter Globus als Ballon reicht, damit die Phantasie mit den Kindern durchgeht. Im Mittelpunk steht eine Kiste mit Büchern, die den Rahmen für die Phantasiereise geben.
Was hier passiert, nennt Violetta Haeske Lese- und Rollenspiele. Sie ist eine zusätzliche Fachkraft im Kindergarten, die durch die Initiative Sprach-Kindergarten vom Familienministerium gefördert wird. Die Idee hinter dem Projekt sei die Aufwertung der Leseecke gewesen, die jetzt fast täglich von den Kindern bevölkert werde. „Wir haben uns gefragt, wo und wie Kinder mit Büchern in Kontakt kommen können“, sagt Haeske. Kontakt zu Büchern, Sprache und ins Erzählen kommen. All das sind Bausteine des Sprach-Kindergartens.
Insgesamt 81 Kinder aus 20 Ländern besuchen den Kindergarten. Anteil von Kindern mit Migrationshintergrund: rund 85 Prozent. Doch darum geht es eigentlich gar nicht. Denn der Sprach-Kindergarten soll nicht nur dabei helfen Sprachbarrieren zu überwinden, sondern generell Hindernisse in der täglichen Kommunikation abzubauen und die Verständigung untereinander insgesamt fördern – zwischen Kindern, Eltern und Erziehern.
Förderung durch Fachkraft
Kürzlich ist der Bruder-Klaus-Kindergarten zertifiziert worden – gemeinsam mit den anderen katholischen Kindergärten in der Stadt. Pro Kindergarten wird dadurch eine 50Prozent-Stelle gefördert. Fachbereichsleiterin Sigrid Benz begleitet das Projekt und ist Ansprechpartnerin für die Fachkräfte und organisiert Fortbildungen. „Es geht für uns auch darum alte Strukturen zu hinterfragen und systematisch unser Sprechverhalten zu beobachten“, sagt Benz. Dabei gibt es vor allem drei Ziele: Eine Sprachförderung in den Alltag zu integrieren, die Zusammenarbeit mit den Eltern fördern und die Inklusion. Letzteres in dem Sinne, generell Barrieren für die Kommunikation abzubauen.
So eine Barriere könne schon entstehen, wenn ein Kind neu in den Kindergarten kommt und sich erst eingewöhnen muss. Ein Situation, für das Haeske eine Idee entwickelt hat. In Zusammenarbeit mit den Eltern ließ sie für jedes Kind einen Schuhkarton mit Dingen zusammenstellen, die im Fall der Fälle trösten können. Familienfotos, kleine Kuscheltiere, Spielfiguren.
Der Effekt: Durch die Kartons kamen die neuen Kinder miteinander ins Gespräch und die Eltern waren von Beginn an eingebunden. „Es gab Kinder, die den ganzen Tag mit ihren Kartons herumgelaufen sind – sogar auf die Toilette“, erklärt Benz.
In Tuttlingen beteiligen sich neben den katholischen Einrichtungen etwa auch die Kindergärten Alte Post, Kindergarten Hinter Aspen und Kindergarten Kernstadt. Die sind laut Stadt bereits seit 2016 zertifiziert.