„Ungebremstes Wachstum unterstützt“
Klöckner beziffert die Schäden insgesamt auf 680 Millionen Euro. Die Hälfte davon soll aus Hilfsgeldern ersetzt werden. Der Bund will Hilfen in einem Korridor von 150 bis 170 Millionen Euro gebe – vorausgesetzt, dass die Länder den gleichen Bedarf aufbringen. Absoluten Vorrang haben für Klöckner jetzt die viehhaltenden Betriebe, deren Anträge zuerst bearbeitet werden sollen. Am nächsten Montag will sich Klöckner hierzu mit den Ländern treffen. Klöckner geht davon aus, dass die Zusammenarbeit mit den Ländern gut funktionieren werde. Es habe schon Vorgespräche gegeben.
- Robert Habeck, Vorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen und Landwirtschaftsminister von Schleswig-Holstein, hält es für problematisch, wie die Staatshilfen verteilt werden sollen. Das sagte er im Gespräch mit Tobias Schmidt.
Staatshilfe in Höhe von 340 Millionen Euro. Eine richtige Entscheidung, um den Bauern zu helfen?
Die Summe dürfte ausreichen. Ich halte aber die Art, wie das Geld verteilt werden soll, für problematisch. Landwirte sollen jetzt nämlich Liquiditätsprobleme nachweisen. Das könnte dazu führen, dass zum Beispiel ein Bauer, der einen großen Stall gebaut hat und sowieso schon stark verschuldet ist, eher Unterstützung bekommt als ein Bauer, der weniger Kühe oder Schweine hält, also das Spiel „Wachse oder weiche“nicht mitgespielt hat. Insofern unterstützt die Hilfe mindestens implizit das Prinzip des ungebremsten Wachstums, das uns ja gerade die großen Probleme bringt.
Brüssel berät über die künftige Finanzplanung. Müsste die Bundesregierung auf ein Umsteuern pochen?
Muss sie, tut sie aber nicht. Doch mit dieser Politik lässt das Landwirtschaftsministerium die Landwirte alleine. Das merken die Bauern, sie spüren täglich, dass sie schutzlos und machtlos sind. Ihnen fehlt die gesellschaftliche Anerkennung. Gleichzeitig leisten wir uns eine schamlose Lebensmittelverschwendung. Wir hätten die Chance, eine neue Allianz zu bilden aus Verbrauchern, Landwirten und Umweltschützern. Das zu tun, ist die wahre politische Aufgabe. Auf jeden Fall will Klöckner bei der Agrarministerkonferenz im Herbst alle Modelle diskutieren. In einer seltenen Allianz sprachen sich schon Linke und FDP gleichermaßen für steuerfreie Risikoausgleichsrücklagen für Landwirte aus.
Die Regulierungen der Dürreschäden und die daraus zu ziehenden Konsequenzen gelten als erste große Bewährungsprobe für die 45jährige Klöckner, die seit fünf Monaten im Amt ist. Erfahrungen in dem Ministerium bringt sie mit, denn sie war bereits von 2009 bis 2011 als Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz tätig, bevor sie in ihre Heimat Rheinland-Pfalz zurückkehrte, um an der Spitze der CDU die Landtagswahl zu bestreiten. Ihr Wahlziel, die SPD-Ministerpräsidentin Malu Dreyer abzulösen, erreichte sie nicht. Dafür aber holte Angela Merkel die in ihrer Partei sehr beliebte Klöckner in ihr Kabinett.