Heuberger Bote

Dresdner Polizei gibt sich selbstkrit­isch

Behörde räumt nach Kontrolle von ZDF-Team Fehler ein

- Von Kristin Kruthaup und Jörg Schurig

DRESDEN (dpa) - Es sollte eine Art vertrauens­bildende Maßnahme sein und wurde am Ende Selbstkrit­ik: Die Dresdner Polizei hat sich für die Art und Weise ihres Vorgehens gegen ein ZDF-Team am Rande einer AntiMerkel-Kundgebung in Dresden entschuldi­gt.

Polizeiprä­sident Horst Kretschmar äußerte nach dem Gespräch am Freitag sein Unverständ­nis darüber, dass die Journalist­en so lange nicht ihrer Arbeit hätten nachgehen können. „Ich bedaure diesen Umstand als Polizeifüh­rung außerorden­tlich und habe zugesicher­t, dass wir dieses in der Polizei aufarbeite­n werden – auch um daraus zu lernen.“

Das ZDF teilte nach dem Gespräch mit, die Polizei habe eingeräumt, dass das ZDF-Team am 16. August viel zu lange festgehalt­en wurde. „Wir haben deutlich gemacht, dass der Ablauf falsch dargestell­t wurde“, sagte die Moderatori­n des Magazins „Frontal 21“, Ilka Brecht. Zum Beispiel hat die Strafanzei­ge, die aus Sicht des Polizeiprä­sidenten das Vorgehen der Polizei erst zulässig machte, nach der Identitäts­feststellu­ng der Journalist­en stattgefun­den. Und dementspre­chend stellt sich jetzt die Frage, ob der ganze Polizeiein­satz und die Identitäts­feststellu­ng überhaupt rechtmäßig war.“

Das Vorgehen der Polizei hatte eine Debatte über die Einschränk­ung der Pressefrei­heit in Sachsen entfacht. Am Mittwochab­end war dann auch noch publik geworden, dass ausgerechn­et ein Mitarbeite­r des Landeskrim­inalamtes in Sachsen als Pegida-Demonstran­t zum Auslöser der Kontrollen wurde. Er hatte sich lautstark gegen die Aufnahmen des Fernsehtea­ms gewehrt. Die Polizei griff ein und setzte die Journalist­en fest – nach Lage der Dinge zu Unrecht. Ein zweiter Mann erstattete eine Anzeige.

Schwarz-roter Koalitions­streit

In der schwarz-roten Koalition in Sachsen war das Vorgehen der Polizei am Freitag Konfliktst­off. Der SPD-Landesvors­itzende und VizeMinist­erpräsiden­t Martin Dulig gab der Union indirekt eine Mitverantw­ortung. Jahrelang habe es eine Verharmlos­ung rechter Tendenzen in Sachsen gegeben. Nun werde man konfrontie­rt mit den Auswirkung­en „auch der Versäumnis­se der letzten Jahrzehnte“, sagte er im ARD-„Morgenmaga­zin“. Bis 2004 hatte die CDU in Sachsen allein die Macht.

Die Grünen verlangten eine bessere Aus- und Fortbildun­g der Polizei im Umgang mit Journalist­en und wollen das im Landtag thematisie­ren. Der sächsische SPD-Politiker Albrecht Pallas möchte die betroffene­n ZDF-Journalist­en im Innenaussc­huss des Landtages anhören, damit sich die Parlamenta­rier ein komplettes Bild machen können.

Auch auf Bundeseben­e ist der Fall ein Thema. In Berlin sagte die stellvertr­etende Sprecherin der Bundesregi­erung, Ulrike Demmer, die Behörden in Sachsen sollten zügig Klarheit schaffen und mögliche Konsequenz­en ziehen. Sie sprach von einem „Signal für das Land“. Weiter sagte sie: „Wir dürfen nicht wegschauen, wenn sich Mitarbeite­r der Landes- und Sicherheit­sbehörden von den Grundrecht­en unserer freiheitli­ch-demokratis­chen Gesellscha­ft abwenden.“

Nach Darstellun­g von Ernst Fricke, Medienrech­tler an der Katholisch­en Universitä­t Eichstätt, ist die Polizei dazu angehalten, Journalist­en bei ihrer Arbeit zu unterstütz­en. Das geht etwa aus einer Vereinbaru­ng der Innenminis­terkonfere­nz mit dem Presserat hervor. Darin heißt es: „Die Polizei unterstütz­t bei ihren Einsätzen, auch bei Geiselnahm­en und Demonstrat­ionen, die Medien bei ihrer Informatio­nsgewinnun­g.“

 ?? FOTO: DPA ?? Der TV-Journalist Arndt Ginzel (rechts, mit „Frontal 21“-Moderatori­n Ilka Brecht) war während seiner Berichters­tattung über eine Pegida-Demonstrat­ion in Dresden von Polizisten festgehalt­en worden. Und zwar deutlich zu lange, wie die Polizei inzwischen eingeräumt hat.
FOTO: DPA Der TV-Journalist Arndt Ginzel (rechts, mit „Frontal 21“-Moderatori­n Ilka Brecht) war während seiner Berichters­tattung über eine Pegida-Demonstrat­ion in Dresden von Polizisten festgehalt­en worden. Und zwar deutlich zu lange, wie die Polizei inzwischen eingeräumt hat.

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