Schritt für Schritt zum schnellen Internet
Der Breitbandausbau im Landkreis läuft – Förderrichtlinien sorgen für Verzögerungen
- Vor ziemlich genau einem Jahr, im August 2017, setzten neun Spaten den ersten Stich für den Glasfaser-Ausbau im Landkreis Tuttlingen. Bis 2021 will der Landkreis ein grundlegendes Überland-Netz an Glasfaser-Leitungen aufbauen. Die Kommunen sollen innerorts weiterbauen. Ein Jahr danach hat sich schon einiges getan. Aufgrund von Förderrichtlinien läuft das Vorhaben aber nicht ohne Probleme. Ein Überblick.
Wie kommt der Ausbau voran?
Immendingen und Emmingen-Liptingen waren die Startpunkte für die Breitbandinitiative des Landkreises (BIT). Der Grund ist einfach: „Das waren die am schlechtesten versorgten Gebiete im Kreis“, sagt Frank Baur, Vorstand der Breitbandinitiative des Landkreises. Eine kommunale Initiative wie die des Landkreises Tuttlingen darf nur dort aktiv werden, wo kein privater Anbieter tätig wird. Sonst würde sie den Wettbewerb verzerren. Das war zum Beispiel auf dem Witthoh der Fall. Noch dieses Jahr soll das Netz dort freigeschaltet werden, der symbolische Knopfdruck ist am 27. September in Emmingen.
An dieser „Südroute“, wie Baur sie nennt, wird derzeit weitergebaut. 2019 soll dann Glasfaser von Neuhausen bis Geisingen liegen. In Geisingen erfolgt der Anschluss an das Netz des Schwarzwald-Baar-Kreises, der eine ähnliche Initiative betreibt.
Die Achse Dürbheim-RietheimWeilheim-Wurmlingen steht weit vorne auf der Agenda der BIT und soll noch 2019 fertig werden.
Darüber hinaus gebe es Bewegung in der Nordachse für die Heuberg-Gemeinden, vor allem auf Drängen der Industrie, sagt Baur. Im Detail will er die Daten aber nicht aufschlüsseln, um Wettbewerbern keinen Vorteil zu verschaffen.
Was kostet der Ausbau?
Der Glasfaser-Ausbau ist teuer, weil der Boden aufgegraben und die Leitungen komplett neu verlegt werden müssen. Stellenweise gibt es bereits privat verlegte Glasfaser, die der Kreis anmietet. Insgesamt hat der Landkreis für sein Backbone-Netz 25 Millionen Euro bis 2021/22 veranschlagt. Langfristig soll das Geld durch die Verpachtung des Netzes – der Kreis arbeitet mit dem Betreiber Netcom BW zusammen – wieder reinkommen.
Für den Vollausbau, also Glasfaser in jede Straße zu legen, müssten die 34 Kommunen im Kreis noch einmal mit dem zehnfachen Betrag kalkulieren, meint Baur. Wer einen Hausanschluss möchte, muss mit Kosten zwischen 300 und 2000 Euro rechnen – je nachdem, welche Arbeiten er selbst übernimmt.
Wie sieht es mit Fördermitteln aus?
Von bisher etwa fünf Millionen Euro, die für das Kreis-Netz verplant sind, seien drei Millionen an Fördermitteln zugesagt, sagt Baur. Auch einige Kommunen haben Förderbescheide bekommen. Allerdings gilt da: Wer schon gut versorgt ist, bekommt kein Geld für schnelles Internet. Und „schnell“definieren die Förderrichtlinien aktuell mit 30 Megabit pro Sekunde. Das erreichen bereits viele Haushalte auch ohne Glasfaser. Deshalb stockt der Ausbau derzeit gerade in Kommunen, die finanziell nicht so gut aufgestellt sind.
Was sind die Alternativen zum Glasfaser-Ausbau?
Unitymedia nutzt sogenannte KoaxKabel, die Telekom setzt auf Vectoring: Glasfaser bis zum Verzweiger und anschließend Kupferkabel bis ins Haus. Erst kürzlich wurde die Technologie in Tuttlingen, Spachingen, Mühlheim und Fridingen ausgebaut. Sie liefert Bandbreiten bis zu 100 Mbit/s, mit Super-Vectoring sogar bis zu 250 Mbit/s – was derzeit gut ausreiche, sagt Telekom-Pressesprecher Hubertus Kischkewitz. „Auch dort, wo wir 100 bis 200 Mbit anbieten, werden hauptsächlich 50 Mbit nachgefragt. Diese Verträge sind der Renner“, sagt Kischkewitz.
Allerdings, das räumt die Telekom ein: Wer weit entfernt wohnt vom Verteiler, hat oft eine niedrigere Bandbreite. Glasfaser – die noch ein deutlich schnelleres und belastbareres Netz liefern soll – bis ins Haus zu verlegen, sieht die Telekom bislang aber nicht als notwendig an. Erst ab 2021 werde der FTTH-Ausbau (fibre to the home) forciert, so Kischkewitz.
Bei der BIT sieht man das etwas anders: „Wir glauben, dass Glasfaser bis ins Haus die Zukunft ist“, sagt Baur. Und das schon in der nahen Zukunft. Neue Technologien wie Virtual Reality würden immer größere Bandbreiten erforderlich machen. Baur hofft deshalb, dass Bund und Land den Glasfaser-Ausbau künftig stärker in ihren Förderrichtlinien berücksichtigen.