Einst taktete sie Trossingens Alltag
Alte Hohner-Fabriksirene wird beim Tag des Offenen Denkmals offiziell wieder erklingen
(pm) - Was lange währt, wird endlich gut: Die alte Fabriksirene der Firma Hohner wird künftig wieder an ihrem originalen Platz im Hohner-Areal mit originalem Sound zu hören sein. Die offizielle Wieder-Inbetriebnahme findet am Sonntag, 9. September, um 11 Uhr im Rahmen des bundesweit begangenen Tag des Offenen Denkmals statt.
Traditionell finden aus diesem Anlass auch in Trossingen diverse Führungen statt. In diesem Jahr steht die Hohner-Fabriksirene im Mittelpunkt. Ihr Sound war – zumindest in Trossingen – unverwechselbar.
Das mit dem Dampf des Kesselhauses im Hohner Werk 1 betriebene Signalhorn dürfte spätestens mit der Erweiterung des Maschinen- und Kesselhauses Anfang der 1920er-Jahre installiert worden sein und verrichtete Jahrzehnte lang seinen Alltagsdienst, erzählt Martin Häffner, Leiter des Harmonikamuseums. Die in jüngerer Zeit auch „Hohner-Kuh“genannte Sirene erklang zu ihrem ursprünglichen Zweck bis zum letzten Arbeitstag vor den Hohner-Werksferien zu Weihnachten 1987. Danach verstummte sie, auch, weil die Gleitzeit in der Firma Hohner längst üblich war.
Verantwortlich für die Fabriksirene und das Maschinen- und Kesselhaus insgesamt war lange Zeit der Trossinger Walter Hohner, deshalb auch als „Dampfwalle“bekannt. Er schildert die Hupzeiten und Signale der Sirene wie folgt: Vor Betriebsbeginn um 7.05 Uhr ertönte ein kurzes Hupen, zum Beginn um 7.15 Uhr dann ein lang gezogener Signalton. Die Mittagspause um 12 Uhr läutete ein lang gezogener Signalton ein, den Betriebsbeginn nach der Pause signalisierte parallel zum morgendlichen Beginn um 13.05 Uhr ein kurzes Hupen, um 13.15 Uhr folgte dann ein lang gezogener Signalton. War Feierabend, erklang um 16.45 Uhr ein lang gezogener Signalton. Vor der Einführung der 40-Stunden-Woche wurde entsprechend früher Signal gegeben.
Die Bedeutung der Fabriksirene ging weit über das Fabrikleben hinaus. Der Alltag in Trossingen und der Umgebung der Musikstadt wurde durch ihren durchdringenden Klang getaktet. Viele Bürger erinnern sich noch an die Ermahnungen der Mutter, vom Spielen nach Hause zu kommen, „wenn’s hupt“. Die Einwohner der Nachbarorte und die Bauern auf dem Feld konnten je nach Lautstärke der Fabriksirene einschätzen, woher der Wind wehte und ob etwa mit Regen zu rechnen war.
Die Hohner-Fabriksirene war über lange Jahrzehnte hinweg ein prägendes Element der Harmonikastadt. Das besondere akustische Denkmal kann jetzt dank ehrenamtlichen Engagements und zahlreicher Spenden hin und wieder erklingen. Zu den vielen Unterstützern zählt unter anderem die Firma Walter Straßenbau, die die entscheidende Kompressor-Sachspende inklusive Transportund Montagehilfe beisteuerte, wobei besonders Werkstattleiter Hans-Peter Hohner involviert war. Auch Installateur Marc Schaal war über Jahre hinweg eine treibende Kraft. Unablässig für das Projekt getrommelt und eifrig Spenden gesammelt hatte Andrea Hezel-Hermann. Die Plattform für den Spendeneingang und Steuerung des Projekts bildete das gemeinnützige Deutsche Harmonikamuseum, das als Anreiz auch einen Preis ausgesetzt hat, eine farbige historische Fabrikansicht aus den 1920er-Jahren. Dieser wird am Sonntag unter den gut ein Dutzend namentlich bekannten Spendern verlost.