Heuberger Bote

Seelsorge am Strand

Bibelgespr­äche und Kinderange­bote: Wie die Kirchen in den Ferienorte­n am Meer präsent sind

- Von Michael Althaus

(KNA) - Sonnensche­in, 26 Grad, der Wind zaubert leichte Wellen auf die tiefblaue Ostsee. Hunderte Touristen entspannen bei Traumwette­r hier am Strand des schleswig-holsteinis­chen Ostseebads Schönberg in der Kieler Bucht. Etwas abseits des Getümmels auf der Deichwiese hinter der Promenade sticht ein Strandkorb besonders hervor: „Kirche am Strand“steht auf dem blauen Banner auf der Rückseite.

Kinderspie­lzeug, Sonnencrem­etuben und ein paar Muscheln liegen auf dem Boden. Im Strandkorb sitzt Doris Becker und ist in ein Gespräch mit einer älteren Dame vertieft. Sie ist eine von mehreren ehrenamtli­chen Mitarbeite­rn, die hier künftig verschiede­ne Aktionen und bei Bedarf auch Gespräche für die Urlauber anbieten. „Wer Lust und Laune hat oder etwas für die Seele tun will, der sollte uns aufsuchen“, sagt sie.

Die katholisch­e Citypastor­al in Kiel hat in diesem Jahr erstmals zwei Strandkörb­e gemietet, einen in Schönberg und einen weiteren im wenige Kilometer entfernten Heikendorf. „Hier sind die Menschen und verbringen ihre freie Zeit, hier sind sie ansprechba­r und man kann ihnen begegnen“, sagt Gemeindere­ferentin Anne Koep. „Wir merken als Kirche, dass es wichtig ist, nicht nur zu warten, bis Leute zu uns kommen, sondern auch rauszugehe­n und ins Gespräch zu kommen.“

Und so gibt es mal einen Segen zum Mittag, mal Aktionen für Kinder und Erwachsene, etwa ein Bibelgespr­äch oder eine Schatzsuch­e. Manche Mitarbeite­r musizieren auch mit den Urlaubern. Ausgerüste­t ist das Strandkorb-Team bei Kiel mit klitzeklei­nen Sonnencrem­etuben mit einem Segensspru­ch, kostenlose­m Trinkwasse­r und Spielsache­n für die Kinder – alles Kleinigkei­ten, die einen Anlass bieten, um in Kontakt mit den Gästen zu kommen. Vielleicht ergibt sich das ein oder andere tiefere Gespräch, so die Hoffnung.

„Natürlich geht kein Urlauber an den Strand, mit dem Ziel, Seelsorge zu bekommen“, sagt Doris Becker. Aber das könne sich durchaus ergeben: „Im Urlaub kommt manches Problem zutage, an das man schon lange nicht mehr gedacht hat. Dann ist es gut, wenn man mit jemandem darüber sprechen kann“, so die 66-Jährige. Aktiv ansprechen will das SeelsorgeP­ersonal die Urlauber aber nicht: „Wir missionier­en nicht. Wenn die Leute gucken, nehmen wir Blickkonta­kt auf und laden sie ein. Aber wir sind nicht aufdringli­ch“, so Becker.

Die Katholiken in Kiel und Umgebung sind nicht die einzigen, die die Kirche an den Strand bringen. In zahlreiche­n Urlaubsort­en an Nordund Ostsee bieten die beiden großen Kirchen Tourismuss­eelsorge an, häufig in ökumenisch­er Zusammenar­beit. Die Angebote reichen von Gottesdien­sten im Sand über meditative Spaziergän­ge bis hin zu Spielen für Kinder. In Sankt Peter-Ording finden regelmäßig Mittagsimp­ulse an einem hölzernen Kirchensch­iff direkt am Meer statt. In Wenningste­dt auf Sylt gibt es sogar eine christlich­e Skatrunde.

Vorbild für die Kieler Initiative war die „Seelsorge am Meer“des Bistums Osnabrück, die seit einigen Jahren ebenfalls mit Strandkörb­en im ostfriesis­chen Norddeich und auf der Insel Baltrum präsent ist. „Es ist immer wieder spannend, zu den Leuten rauszugehe­n“, sagt die dortige Urlaubssee­lsorgerin Natalia Löster.

Die Angebote rund um den Strandkorb wie Kindergott­esdienste, gemeinsame­s Singen oder einfach nur Kaffee ausschenke­n stießen auf großes Interesse. Tiefere Gespräche ergäben sich dagegen nur gelegentli­ch. Wer etwas auf dem Herzen habe, Doris Becker, ehrenamtli­che Mitarbeite­rin bei „Kirche am Strand“ suche eher den geschützte­n Kirchenrau­m auf. „Der Strandkorb ist für uns in erster Linie Treffpunkt und Werbeplatt­form, um zu zeigen: Wir sind da“, sagt Löster.

In Schönberg läuft das Angebot des Kirchen-Strandkorb­s erst langsam an. Für ihren ersten Mittagsimp­uls hat Doris Becker die Geschichte über eine Muschel, die sich in eine Perle verwandelt, mitgebrach­t. Heute lauschen nur eine Handvoll Leute. Doch die Verantwort­lichen sind zuversicht­lich, dass es mehr werden, wenn sich ihr Angebot unter den Gästen erst einmal rumgesproc­hen hat.

„Im Urlaub kommt manches Problem zutage, an das man schon lange nicht mehr gedacht hat.“

 ?? FOTO: EPD ?? Zwei Pastoren, die seit Jahren auf der ostfriesis­chen Nordseeins­el Juist Dienst schieben.
FOTO: EPD Zwei Pastoren, die seit Jahren auf der ostfriesis­chen Nordseeins­el Juist Dienst schieben.
 ?? FOTOS: DPA ?? Eine Pfarrerin schiebt Dienst am Strand – der bodenlange schwarze Talar ist dabei Pflicht.
FOTOS: DPA Eine Pfarrerin schiebt Dienst am Strand – der bodenlange schwarze Talar ist dabei Pflicht.

Newspapers in German

Newspapers from Germany