Als die Geistlichkeit noch die Bildung kontrollierte
Vortrag zu den 1200-Jahrfeierlichkeiten findet großes Interesse
- Die Vorsitzende des Geschichts- und Heimatvereins, Barbara Otto, ist im Bürgerhaus ganz überwältigt von der großen Resonanz, den die Rückblende auf die Denkinger Schulgeschichte gefunden hat. Der langjährige Schulleiter Günter Luckner hatte in mühevoller Forschung ein durchgängiges Bild der letzten Jahrhunderte Bildungspolitik erstellt. Dabei konnte er auch auf viele Bilder und Recherchen von Heimatforscher Josef Fetzer und amtliche Archive zurückgreifen.
Der Referent versetzte die Besucher in die ärmlichen Zeiten der letzten Jahrhunderte zurück. Als im 16. Jahrhundert nach dem Augsburger Religionsfrieden die Kirchen noch die totale Kontrolle über ihre Schäflein ausüben konnten, waren auch in Denkingen Schul-und Mesnerdienst in derselben Hand. Unter der österreichischen Herrschaft stand das Interesse an einer breiten Volksbildung nicht im Vordergrund, sondern vielmehr die „Rechtschaffenheit“. Die damals herrschende Oberschicht wollte brave und ruhige Untertanen heran ziehen. Allerdings brachte der Sohn der Patriarchin Maria Theresia, Joseph II., Gedanken der Aufklärung in die verstaubte Bildung und drängte auf die Einführung einer „Sommerschule“als Ergänzung zur bestehenden Winterschule. Diese wurde jedoch wegen fehlenden Mitteln in der armen Bauerngemeinde lange Zeit nicht eingeführt. Auch mit der Einhaltung der Schulpflicht nahmen es viele Familien wegen der allgemeinen Not nicht so genau.
Frischer Wind ab 1806
Nach dem Übergang zum Königreich Württemberg wurde mit einer neuen Schulordnung versucht, den eklatanten Bildungsmängeln abzuhelfen. Mit einem ausgeprägten Kontrollsystem wollte König Friedrich endlich überall die ganzjährige Schulpflicht durchsetzen. Aber auch unter der neuen Herrschaft bediente man sich der kirchlichen Autorität, denn die Pfarrer mussten Lehrer und Schulpflichtige beaufsichtigen. Dazu stellte man jedoch noch eine Schulkommission und einen Schulinspektor für das Oberamt. Trotzdem ist in Denkingen der Schlendrian lange noch nicht ausgemerzt worden, denn in den zwanziger Jahren des 19. Jahrhunderts wurden noch 866 Schulversäumnisse registriert. Und bei einer Musterung sind zwei junge Männer aus Denkingen in Stuttgart als Analphabeten aufgefallen.
Bittere Armut und Sparsamkeit
Im 19. Jahrhundert herrschte im Bauerndorf nicht nur Bildungsnotstand, sondern auch bittere Armut. So sind im Jahr 1891 viele „Verdingkinder“registriert worden, welche ihr Brot außerhalb der Familien suchen mussten. Selbst in den „Goldenen“20er- Jahren des letzten Jahrhunderts hatte man noch kaum Geld für Schulbelange: So konnte – oder wollte – man im Gemeinderat nicht einmal 200 Mark für den Besuch der Hauswirtschaftsschule in Spaichingen bezahlen.
Mehr Geld hatte man offenbar für die neuen Idole: So pflanzte man 1933 für die neuen „Ehrenbürger“Hindenburg und Hitler zwei Linden vor das 1839 neu erbaute Schul- und Rathaus. Die Knauserigkeit bei Investitionen für die Schule setzte sich auch nach dem 2. Weltkrieg fort. Obwohl das alte Schulhaus das schlechteste weit und breit war, sträubte sich der Gemeinderat lange Zeit gegen die Errichtung der neuen Schule auf der „Killewiese“. Und die Chance, 1967 die Hauptschule am Ort zu halten, scheiterte an einer Einigung mit der Nachbargemeinde Frittlingen, welche offenbar großzügigere Schulräume parat hatte.