„Ich ernte mitleidsvolle Blicke“
Musikschulleiter Achim Robold über den Mangel an Lehrern und den Stress der Schüler
(sfk) - Besonders Grund- und Werkrealschulen haben seit geraumer Zeit mit dem Mangel an Lehrern zu kämpfen. Unsere Redakteurin Sabine Felker hat bei Achim Robold, Leiter der Trossinger Musikschule, nachgefragt, ob es auch dort zu wenig Lehrende gibt.
Am 1. Oktober startet die Musikschule offiziell ins neue Schuljahr. Haben Sie ähnliche Probleme wie die Schulen, genügend Lehrer zu finden?
In der Tat, die haben wir. Allerdings aus vermutlich anderen Gründen. Das Interesse am Musiklehrerberuf ist rückläufig. So tun auch wir uns schwer, gute Lehrer für unsere Schüler zu finden. Dieses Jahr haben wir’s allerdings geschafft - war ehrlich gesagt eine Heidenarbeit.
In welchen Fächern ist es besonders schwierig?
Gerade ist es in allen Fächern besonders schwierig. Und in der elementaren Musikpraxis ist es schlicht eine Katastrophe.
Hat die Tanzschule mit ähnlichen Herausforderungen zu kämpfen?
Ja, aber wieder aus ganz anderen Gründen. Zum einen sind wir für den Tanz im Schwarzwald-Baar-Heuberg-Kreis tiefste Provinz. Dazuhin ernte ich in Bundeskongressen mitleidsvolle Blicke, wenn man mir anhört, dass ich aus Baden-Württemberg komme. Und zum anderen ist es unglaublich schwer, gute und erfahrene Pädagogen gerade in urbanen Tanzstilen zu bekommen. Unsere neue Kollegin, Carina Clay, fährt nun aus Ludwigsburg her. Sie hat ein ausgewachsenes Tanzstudium im Rücken, ist eine sehr erfahrene Tanzpädagogin urbaner Tanzstile, arbeitet an verantwortlicher Stelle an der Tanz- und Theaterwerkstatt Ludwigsburg, bringt Jugendprojekte auf den Weg, gründete Eventreihen mit Shows, Contests, Battles und Workshops. Von solchen Lehrern wohnen leider nicht viele in unserem Kreis.
Viele Sportvereine klagen darüber, dass Kinder immer weniger Zeit für Hobbys hätten, weil ihnen die Schule zu viel abverlangt. Stellen Sie eine solche Entwicklung ebenfalls fest?
Die gibt es ja schon lange. Wir spüren die komplette Durchorganisation der Woche, auch das Angespanntsein der Kinder und Jugendlichen gegenüber den oftmals zu ho- hen und zu vielen verschiedenen Leistungs-Erwartungen von allen Seiten. Das Entdecken-Können, das Sich-Interessieren, das selbstbestimmte Handeln, auch aus der Langeweile heraus – die Alten sagten früher Muße dazu – braucht ZeitRäume, die immer rarer werden. Die Musik und der Tanz ist für die Menschen da. Uns gibt es nicht, um den Menschen noch zusätzlich musikalische oder tänzerische Leistungen abzuverlangen. Wenn das gewollt wird und geschieht: umso besser. Aber nicht zwingend nötig. Die Freude am Musizieren zu wecken und wachzuhalten ist tatsächlich ein schwierigeres Geschäft als vor 20 Jahren geworden.
Sind Jugendliche, die morgen um 7.30 Uhr Schulbeginn haben und teilweise erst um 16.30 Uhr von der Schule nach Hause kommen, überhaupt noch aufnahmebereit für Musikunterricht?
Nein, sind sie nicht. Musizieren macht dann oftmals immer noch Spaß, ja kann sogar ein wunderbarer Ausgleich für den Arbeitstag eines Schülers sein. Aber nochmal etwas dazulernen würde uns doch nach einem langen Arbeitstag auch Mühe machen, oder?
Gibt es eine Kooperation zwischen der Rosenschule als Ganztagsschule und der Musikschule?
Klar. Im Moment basteln wir noch an Möglichkeiten, die sich in das doch recht strenge Zeitgerüst einfügen lassen. Wir sind fest entschlossen, das „Tanzprojekt!“, eine Bewegungund Tanzerziehung für die Rosenschulkinder, so schnell wie möglich wieder anzubieten. Aber es kommt nicht auf einen Monat früher oder später an. Gut gedacht und eingepasst muss es sein. Aber so ist es ja immer.