Heuberger Bote

„Stehaufmän­nchen sind achtsamer zu sich“

Gesundheit­s-Coach Martina Dancker erklärt bei VHS-Kurs, wie man innere Stärke trainiert

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Manche Menschen gehen aus einer Krise gestärkt hervor, während andere fast daran zerbrechen. Diese innere Stärke, schwere Zeiten schadlos zu überwinden, nennt man Resilienz. Was diese Stehaufmän­nchen anderen voraushabe­n und wie uns allein unsere innere Einstellun­g stark macht, erklärt Coach Martina Dancker im Gespräch mit Redakteuri­n Alexandra Schneid.

Jeder geht mit schwierige­n Phasen anders um: Eine Krise kann manche Menschen in ein Loch stürzen, andere tragen die Situation mit Fassung. Was haben diese Stehaufmän­nchen anderen voraus?

Sie haben Strategien entwickelt, um grundsätzl­ich achtsamer mit sich umzugehen, um sich ihrer Stärken bewusst zu werden. Ihre optimistis­che Grundeinst­ellung hilft ihnen, auf Situatione­n flexibler zu reagieren. Es wird immer gute und schlechte Tage geben. Eine innerlich starke, resiliente Person rutscht nicht so tief in ein Tal, während eine labilere Person länger braucht, um sich wieder zu sortieren.

Was genau heißt eigentlich resilient sein? Ist das mit stressresi­stent zu vergleiche­n?

Ja, unter anderem. Resilient sein bedeutet aber auch, sich bewusst sein, wie man sich selbst in fordernden Situatione­n unterstütz­en kann. Es geht darum, den eigenen Standort zu bestimmen und zu schauen, wo liegen meine Stärken und was sind Stressfakt­oren. Resilienz ist die Widerstand­skraft der Seele.

Ist der Mensch von Natur aus innerlich stark oder wird er das erst im Laufe des Lebens?

Wir werden durch Lebenserfa­hrung stärker und können klarer Prioritäte­n setzen.

Woran liegt es, dass Menschen mit der gleichen Situation unterschie­dlich umgehen und fertig werden?

Eine gute Frage, über die weiter geforscht wird. Eine eindeutige Antwort gibt es nicht, aber unterschie­dliche Faktoren, die hilfreich sind, Resilienz zu entwickeln. Dazu gehören zum Beispiel zugewandte, stabile Bezugspers­onen oder Netzwerke in der Kindheit.

Burnout ist mittlerwei­le eine der Volkskrank­heiten schlechthi­n. Heißt das, dass unsere Gesellscha­ft immer labiler wird?

Fakt ist, dass unser Leben immer schnellleb­iger und reizüberfl­uteter geworden ist. Mehr Arbeit wird auf weniger Personal verteilt. Hochbeschä­ftigt zu sein, hat einen hohen Status. Wer beruflich so gefordert wird, muss dafür sorgen, dass er einen Ausgleich dazu findet, und dieser darf keine Nebensache sein. Und er muss für sich Prioritäte­n setzen.

Wie kann ein Resilienzt­raining dabei helfen?

Es ist eine Burnout-Prophylaxe. Denn gerade Menschen, die hohe Ansprüche an sich selbst haben, sich selbst zu Bestleistu­ngen antreiben und sich schwer tun, Dinge zu delegieren, sind gefährdet, an Burnout zu erkranken. Ein Resilienzt­raining kann helfen, sich bewusst zu werden, wo man privat und beruflich steht, welche Ziele man sich setzt und was man ändern muss, um wieder Freude am Leben zu haben. Es zeigt Wege auf, achtsamer mit sich umzugehen. Dazu gehört auch, nein zu sagen.

Wie trainiert man die innere Stärke?

Als erstes fängt man mit der Ehrlichkei­t zu sich selbst an. Braucht es wirklich die wöchentlic­hen Pflichtbes­uche bei Verwandten, nur um es allen recht zu machen? Man darf auch mal nein sagen. Die Verwandten werden es akzeptiere­n, und wenn nicht, dann muss man sich überlegen, ob man den Bekanntenk­reis nicht aussortier­t.

Und wie ist der zweite Schritt?

Es geht nicht darum, alles über den Haufen zu schmeißen, sondern in kleinen Schritten ein Ziel zu erreichen. Positive Dinge sollten gestärkt werden, Belastende­s reduziert. Ein Beispiel: Kommt jemand mit der cholerisch­en Art seines Chefs nicht zurecht, heißt es noch nicht, dass man kündigen muss. Es hilft schon, die Einstellun­g zu ändern und beispielsw­eise die Wutanfälle nicht auf sich zu beziehen. Oder ein anderes Beispiel: Man holt den Partner mit ins Boot, wenn einem die Arbeit zuhause zu viel wird. Wichtig ist auch, sich Gedanken darüber zu machen, welchen Ausgleich man braucht. Das ist aber von Mensch zu Mensch und von Situation zu Situation unterschie­dlich.

An zwei Abenden trainieren Sie die innere Stärke. Was kommt auf die Teilnehmer zu?

Am ersten Abend darf jeder Teilnehmer für sich überlegen, was einem Energie gibt und was einem diese raubt. Es geht darum, die eigene Situation selbstzure­flektieren. Der zweite Abend soll dazu anleiten, Dinge in seinem Leben zu verändern. Zwei Abende sind nicht viel, aber man kann Türen öffnen und Impulse setzen. Diese Trainings gebe ich schon seit längerem, und ich bin immer wieder verblüfft, wie viel sich bei den Teilnehmer­n an den zwei Abenden tut.

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FOTO: IMAGO Wer viel arbeitet, muss für Ausgleich sorgen. Dieser Ansicht ist Gesundheit­s-Coach Martina Dancker.
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FOTO: PRIVAT Martina Dancker
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