Streit um Umtauschprämien
Koalition entscheidet heute über Diesel-Maßnahmen
BERLIN (dpa) - Neue Angebote zum Schutz vor Dieselfahrverboten in deutschen Städten sollen Autobesitzern in möglichst vielen Regionen zugutekommen und nicht nur Bewohnern von Großstädten. Eine Sprecherin von Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) sagte am Sonntag zu vorgesehenen Umtauschprämien, um ältere Diesel durch sauberere Wagen zu ersetzen: „Es wird an einer Lösung gearbeitet, die nicht nur auf wenige betroffene Städte ausgerichtet ist.“Die „Bild am Sonntag“hatte zuvor berichtet, die deutschen Hersteller hätten Umstauschprämien von 3000 bis 10 000 Euro angeboten. Das Programm solle aber nur für 14 Städte mit dem jeweiligen Umland gelten.
Trotz vieler offener Fragen wollen Union und SPD heute Abend im Koalitionsausschuss eine Einigung auf ein Paket herbeiführen.
BERLIN - Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat den Diesel zur Chefsache gemacht. Spätestens beim Koalitionsgipfel am heutigen Montagabend soll eine Entscheidung fallen. Vor den Landtagswahlen in Bayern und Hessen soll noch ein Maßnahmenbündel geschnürt werden gegen die Wut von Millionen Dieselfahrern. Ihnen droht neben einem immensen Wertverlust ihres Fahrzeuges auch noch Fahrverbote in immer mehr Innenstädten.
Das Ringen der Koalition um ein neues Dieselkonzept ging auch am Wochenende weiter. Am Sonntag wurden bereits erste Eckpunkte bekannt, auf die sich die Bundesregierung mit den Autokonzernen verständigt haben soll. Man sei „auf gutem Wege“für eine Einigung beim Treffen der Koalitionsspitzen am Montagabend im Kanzleramt. Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) setzt offenbar vor allem auf Umtauschprämien der Hersteller, die von 3000 bis 10 000 Euro reichen und sich nach dem Wert des Fahrzeugs und dem Kaufpreis des neuen Wagens richten soll. Prämien von 10 000 Euro etwa seien nur bei Luxuswagen der höheren Preisklassen vorgesehen, hieß es. Neben VW, hätten sich auch BMW und Daimler dazu bereit erklärt. Bundesregierung und Autohersteller hätten sich auf konkrete Maßnahmen geeinigt, hieß es am Sonntag aus Koalitionskreisen. Ziel des Prämiensystems sei es, möglichst schnell viele alte Dieselfahrzeuge von der Straße zu holen. Meldungen, nach denen die Umtauschprämie nur auf 14 Städte und deren Umland beschränkt werden soll, wies das Bundesverkehrsministerium zurück. „Es wird an einer Lösung gearbeitet, die nicht nur auf wenige betroffene Städte ausgerichtet ist“, erklärte eine Sprecherin.
Unklare Kostenaufteilung
Neben Tauschprämien sollen auch günstige Leasing-Bedingungen den Anreiz erhöhen, alte Dieselfahrzeuge gegen sauberere einzutauschen. Alte Diesel mit Abgasnormen Euro 4 und Euro 5 könnten so gegen sauberere Diesel oder Benziner eingetauscht werden. Fahrzeughalter, die einen Umtausch ablehnten oder keinen Anspruch darauf hätten, könnten ihren Diesel technisch nachrüsten lassen, sofern dies möglich ist.
Noch immer sei unklar, wer dafür die Kosten von rund 3000 Euro übernehmen soll. Die Autohersteller hatten eine Selbstbeteiligung der Halter gefordert. Umweltministerin Svenja Schulze und die SPD drängen dagegen auf Hardware-Umrüstungen schmutziger Dieselmotoren auf Kosten der Industrie. Vor dem heutigen Koalitionsgipfel im Kanzleramt gab es auch am Sonntag noch kein gemeinsames Konzept.
Scheuer wolle vor allem auch Handwerksbetriebe darin unterstützen, ihren Fuhrpark zu erneuern, um Fahrverboten zu entgehen, hieß es am Sonntag aus Regierungskreisen.
Unklar blieb am Sonntag, ob das Konzept nur auf 14 Städte mit drohenden Fahrverboten beschränkt oder weiter ausgeweitet wird. Neben München, Hamburg, Stuttgart, Köln, Reutlingen, Düren und Limburg an der Lahn sollen auch Düsseldorf, Kiel, Heilbronn, Backnang, Darmstadt, Bochum und Ludwigsburg dazugehören. Dagegen waren Berlin und Frankfurt zunächst nicht vorgesehen. Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) hatte kürzlich im Kanzleramt interveniert und auf technische Umrüstungen von Dieselfahrzeugen gedrängt, um etwa drohende Fahrverbote in Frankfurt am Main abzuwenden. In Hessen wird am 28. Oktober gewählt.