Das Stück der Stunde: „Hexenjagd“
65 Jahre nach der Uraufführung von Millers Klassiker lassen sich thematisch Parallelen zur heutigen Zeit ziehen
(sz) Über 60 Jahre nach der Uraufführung ist Arthur Millers „Hexenjagd“thematisch plötzlich wieder das Stück der Zeit. Mit der amerikanischen Hexenverfolgung des 17. Jahrhunderts behandelt „Hexenjagd“einen historischen Stoff, die Zusammenhänge zwischen religiösem und politischem Fanatismus werden aber bewusst auf die Gegenwart bezogen und ist am Freitag, 5. Oktober, um 20 Uhr im Theater am Ring zu sehen. Eine Stückeinführung findet um 19.30 Uhr im Kleinen Saal statt.
Für den Zustand pubertierender Mädchen, die nach einem nächtlichen Tanz im Wald sonderbar reagieren, gibt es im puritanischen Salem nur eine Erklärung: Teufelswerk! Rasch wird „Hexenspezialist“Pastor Hale zu Rate gezogen, der die Mädchen verhören soll. Doch die merken schnell, dass sie der Strafe entgehen können, wenn sie andere der Teufelsbuhlerei beschuldigen. Schnell „denunzieren“sie unliebsame Gemeindemitglieder und genießen ihre neu gefundene Macht. Als dann aber die junge Abigail vor dem „Hexengericht“die Frau des Bauern John Proctor der Hexerei anklagt, überschreitet sie eine Grenze.
Arthur Millers Drama (1953) basiert auf tatsächlichen Ereignissen und erschien als Kritik der amerikanischen McCarthy-Ära. Zwischen 1947 und 1952 hatte sich in den USA ein Antikommunismus der amerikanischen Öffentlichkeit bemächtigt, der seinen Höhepunkt mit der Kampagne des Senators McCarthy erreichte. Der Politiker vermutete überall „subversive Elemente“, gerade unter führenden Persönlichkeiten und Intellektuellen. Auch zur heutigen Zeit lassen sich Parallelen ziehen, denn in mehreren Ländern werden derzeit garantierte und selbstverständlich gewordene Rechte und Errungenschaften zunehmend außer Kraft gesetzt.
Mit seiner außergewöhnlichen Bühnenwirkung und den messerscharfen Charakterporträts bis in die kleinste Nebenfigur ist „Hexenjagd“so auch 2018 noch ein Lehrstück über politisch oder religiös motivierte Wahnvorstellungen und jegliche Art von Massenhysterie.