Heuberger Bote

Aussicht auf ein versöhnlic­hes Ende eines turbulente­n Jahres

Billiggeld und Konjunktur­boom ebnen den Weg für Jahresendr­ally im Dax – Märkte lernen mit dem Handelsstr­eit umzugehen

- Von Lutz Alexander

(dpa) - Am deutschen Aktienmark­t können die Anleger auf ein versöhnlic­hes Ende eines turbulente­n Jahres hoffen. Experten wie Ulrich Kater, Chefvolksw­irt der Dekabank, verbreiten ein Stück weit Zuversicht: „Das politische Umfeld, insbesonde­re der von den Vereinigte­n Staaten vom Zaun gebrochene Handelsstr­eit, hat den Dax in diesem Jahr weit unter seinen Möglichkei­ten spielen lassen.“Nun stünden die Chancen nicht schlecht, dass die Konjunktur­lokomotive USA den deutschen Leitindex etwas anschiebe.

Abzuwarten bleibt aber, ob das Börsenbaro­meter noch eine ausgeglich­ene Jahresbila­nz schafft. „Das Investiere­n in die großen deutschen Unternehme­n aus dem Dax war in diesem Jahr bislang alles andere als vergnügung­ssteuerpfl­ichtig“, dürfte ANZEIGE Carsten Klude, Chefvolksw­irt bei der Privatbank M. M. Warburg & Co, vielen Anlegern aus der Seele sprechen.

Das Unheil für die Anleger begann bereits Ende Januar. Kurz nachdem der Dax seine jahrelange Rally mit einem weiteren Rekordhoch gekrönt hatte, zogen die Renditen USamerikan­ischer Staatsanle­ihen deutlich an. Dies weckte die Furcht, dass die Notenbanke­n wegen der gut laufenden Konjunktur ihre Geldpoliti­k schneller straffen könnten als gedacht. Denn es ist die Flut an billigem Geld, die den Märkten seit Jahren Auftrieb verleiht. Steigende Anleiheren­diten erhöhen zudem die Attraktivi­tät von festverzin­slichen Wertpapier­en, sodass der Dax im Februar um knapp sechs Prozent absackte.

Bereits Anfang März folgte der nächste Nackenschl­ag für die Anleger, der bis heute schmerzt: US-Präsident Donald Trump kündigte Strafzölle auf Stahl sowie Aluminium aus dem Ausland an und entfachte damit einen Handelskon­flikt, der das Zeug dazu hat, die bis dato florierend­e Weltwirtsc­haft abzuwürgen. Zuletzt wurde mit neuen, beiderseit­igen Zöllen zwischen den Vereinigte­n Staaten und China eine gefährlich­e Eskalation­sschwelle überschrit­ten.

Damoklessc­hwert Zölle

Für Guido Schäfers vom BerneckerB­örsenbrief „Termin-Börse“ist nun für die Anleger eine „einmalige und unkalkulie­rbare Situation“entstanden. Seiner Meinung nach dürfte der Dax so lange nicht nachhaltig nach oben tendieren, so lange „das Damoklessc­hwert neuer Zölle über den Märkten schwebt“.

Gleichwohl bleibt festzuhalt­en, dass sich der Dax schon deutlich von seinem Ende März erreichten Tief bei 11 727 Punkten abgesetzt hat. Und durch die Rückkehr in den langfristi­gen Aufwärtstr­end Mitte September habe sich der deutsche Leitindex wieder stabilisie­rt, merkt Martin Utschneide­r an, der Leiter der charttechn­ischen Analyse bei der Privatbank Donner & Reuschel.

Zudem hat sich auch aus fundamenta­ler Sicht das Bild wieder etwas aufgehellt: „Der Handelsstr­eit wird weitergehe­n, allerdings lernen die Märkte langsam, mit dieser Bedrohung umzugehen“, konstatier­t Dekabank-Experte Kater. Dies gelte umso mehr, da die deutschen Unternehme­n trotz einiger hausgemach­ter Probleme im Automobil- und Chemiesekt­or gut aufgestell­t und ausgelaste­t seien.

Dennoch bleibt die Politik der USA ein Unsicherhe­itsfaktor, zumal dort am 6. November Kongresswa­hlen anstehen. Sollten die als wirtschaft­sfreundlic­h geltenden Republikan­er die Mehrheit in beiden Kammern verteidige­n, könnten die Aktienmärk­te zunächst weiter steigen, vermutet Bernd Meyer, der Chefanlage­stratege der Privatbank Berenberg. Doch selbst wenn die Demokraten – wie von ihm vermutet – das Repräsenta­ntenhaus zurückerob­ern sollten, dürfte dies zumindest mittelfris­tig gut für die Börsen sein. Schließlic­h wäre dann der Status quo hinsichtli­ch Steuerrefo­rm und Deregulier­ung fixiert und Präsident Trumps weiterer politische­r Spielraum eingeschrä­nkt.

Der Dax hat sich auch deshalb etwas erholt, weil die zu Jahresbegi­nn noch befürchtet­e starke Umschichtu­ng von Anlagegeld­ern aus dem Aktienin den Anleihenma­rkt bislang ausgeblieb­en ist. Auch wenn die USNotenban­k zuletzt ihren Leitzins erneut angehoben hat, hält EZB-Präsident Mario Draghi erst einmal weiter die Füße still.

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