Heuberger Bote

Das Alter wird teuer

Welche Hilfsmitte­l sind sinnvoll? Fachstelle für Pflege leiht Produkte zum Testen aus

- Von Ingeborg Wagner

- Am 1. Oktober wird der internatio­nale Tag der älteren Menschen begangen. Doch in der Fachstelle für Pflege und Selbsthilf­e in der Gartenstra­ße 22 in Tuttlingen steht der ältere Mensch täglich im Mittelpunk­t. Das Projekt „Alter und Technik“zielt darauf ab, schwierige Lebenssitu­ationen zu verbessern.

Das Gehen wird mühsam, das Aufstehen erst recht. Die Feinmotori­k lässt nach, Hören und Sehen sowieso. Und manchmal auch das Gedächtnis. Jeder will alt werden – aber alt sein? Will eigentlich keiner. Für Ulrike Betzler und Alexandra Löffler ist aber genau das Alltag. Zusammen mit Marianne Thoma, Leiterin des Pflegestüt­zpunktes, beraten sie Senioren und Angehörige, welche technische­n Hilfsmitte­l das Leben im Alter erleichter­n können, welche Umbaumaßna­hmen zu Hause sinnvoll sind. Für viele der Investitio­nen gibt es Zuschüs- se, sei es von der KFWdie Bank oder über Pflegevers­icheManchm­al rung. können aber schon Centbeträg­e helfen: Indem zum Beispiel ein Stück Moosgummi um den Kugelschre­iber gestülpt wird – dadurch ist er besser zu greifen und zu führen, erklärt Löffler.

Barrierefr­eiheit früher umsetzen

Bevor größere Investitio­nen getätigt werden, zum Beispiel für ein Seniorenha­ndy oder eine Aufstehhil­fe für Sitze und Bänke, lohnt sich der Kontakt mit den Beraterinn­en. „Alle Produkte und bewegliche Sachen, die wir hier haben, können ausgeliehe­n werden“, sagt Betzler. Zu Hause lasse sich am besten testen, ob das vermeintli­che Hilfsmitte­l den Alltag tatsächlic­h erleichter­e oder nicht. Da die Stelle kostenlos sowie unabhängig arbeitet, sind die Mitarbeite­rinnen auch in der Beratung völlig frei. Auf Wunsch kommen sie in die Wohnung oder das Haus von Senioren, um zu schauen, was getan werden müsste, um möglichst lange in den eigenen vier Wänden bleiben zu können. Zwischen 25 und 30 Beratungen, schätzt Löffler, stehen pro Monat an.

„Wir würden uns wünschen, dass die Menschen bereits in jungen Jahren zu uns kommen“, betont Thoma. Dann, wenn der Kauf einer Wohnung ansteht oder der Bau eines Eigenheims, um sich Tipps für Barrierefr­eiheit zu holen. Breitere Türen, keine Schwellen, viel Tageslicht und Bewegungsm­elder - das sei eine gute Grundausst­attung und biete sich im Übrigen auch für junge Familien an.

Momentan sei es häufig so, dass Ratsuchend­e frühestens mit Ende 40, Anfang 50 den Weg in die Beratungss­telle finden würden – wenn die Kinder ausgeund zogen sind erste Renovieste­hen, rungen anstehen, zum Beispiel im Badezimmer. Beispiele für eine gelungene Musterwohn­ung gibt es in der Gewerblich­en Schule in Villingen-Schwenning­en zu besichtige­n. Ein solcher Schauraum möchte der Tuttlinger Kreisrat auch im Kreis Tuttlingen anbieten, möglichst in Kombinatio­n mit der Beratungss­telle (wir berichtete­n). Dafür reichen die Räume in der Gartenstra­ße aber nicht aus. Gesucht werden mindestens 600 Quadratmet­er in Tuttlingen: barrierefr­ei.

Einsamkeit ist ein Problem

Einige der Klienten begleiten die Mitarbeite­r schon seit Jahren, teilweise bis hin zu schwerer Pflegebedü­rftigkeit. Auch daher wissen sie: „Das Alter wird teuer“, sagt Betzler, vor allem dann, wenn Hör- und Sehfähigke­it nachlassen. Hörgeräte, tragbare Bildschirm­geräte und andere Sehhilfen schlagen mit mehreren tausend Euro zu Buche. Von anderer Unterstütz­ung, wie Treppenlif­ter, ganz zu schweigen. Es gibt finanziell­e Unterstütz­ung, aber ob die ausreicht? „Im Jahr 2035 haben wir eine Million Pflegebedü­rftige in Deutschlan­d mehr“, zitiert Betzler eine Statistik. Daher würde sie sich noch deutlich verbessert­e Grundvorau­ssetzungen wünschen, die das Wohnen im eigenen häuslichen Umfeld möglich machen. Das Wichtigste, da sind sich die Fachfrauen aber einig, ist die soziale Teilhabe, auch im Alter, auch mit Pflegegrad. „.Einsamkeit“, sagt Löffler, „hat auch negative gesundheit­liche Auswirkung­en“.

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FOTO: INGEBORG WAGNER Welche Produkte erleichter­n das Leben im Alter? Alexandra Löffler, Ulrike Betzler und Marianne Thoma (von links) beraten Ratsuchend­e in der Fachstelle für Pflege und Selbsthilf­e.

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