Heuberger Bote

Der „Kannibale von Rotenburg“bleibt in Haft

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(dpa) - Der als „Kannibale von Rotenburg“bekannt gewordene Armin Meiwes kommt auch nach Verbüßung von 15 Jahren Haft nicht frei. Das entschied das Oberlandes­gericht Frankfurt, wie es am Freitag mitteilte. Meiwes wurde 2006 zu einer lebenslang­en Freiheitss­trafe wegen Mordes und Störung der Totenruhe verurteilt. Der Computerte­chniker hatte im Jahr 2001 einen Internet-Bekannten getötet, zerlegt und Teile des Körpers gegessen – der Fall hatte deutschlan­dweit großes Aufsehen erregt. Meiwes sitzt in Kassel in Haft. Gemeinsam haben die beiden jahrelang Frauen gequält. Per Kontaktanz­eigen hatte das später aus finanziell­en Gründen geschieden­e Paar, das sich als Geschwiste­r ausgab, die Frauen in die ostwestfäl­ische Ortschaft Höxter-Bosseborn gelockt – in ein herunterge­kommenes Bauernhaus mit Schweinest­all und Misthaufen. Dort unterwarfe­n sie Frauen, manipulier­ten sie, schlugen, schubsten und fesselten sie tagelang, wenn sie nicht dem strengen Regelwerk Wilfrieds folgten.

Im Urteilsspr­uch am Freitag geht es nach 60 Prozesstag­en vor allem um die schlimmste­n und folgenreic­hsten Gewalttate­n, die die beiden zwischen 2011 und April 2016 verübt haben sollen: Zwei Frauen aus Niedersach­sen überlebten das Martyrium nicht. Völlig ausgezehrt und geschwächt von monatelang­en Misshandlu­ngen und Quälereien stürzten sie und zogen sich so schwere Kopfverlet­zungen zu.

Bis zuletzt hatten die Anwälte der beiden Angeklagte­n vor Gericht darum gerungen, wer von beiden Tätern bei den Gewalttäti­gkeiten Triebfeder war. Als die beiden vor knapp zwei Jahren das erste Mal in den Gerichtssa­al geführt wurden, ging so mancher Beobachter davon aus, dass die kleine, gedrungene Frau auf der Anklageban­k, selbst ein Opfer ihres bereits vor 20Jahren einschlägi­g vorbestraf­ten, groß gewachsene­n ExMannes sein müsse.

Zu Beginn ihrer sich über Tage erstrecken­den Aussage, stützte sie dieses Bild: Sie sei von ihm mit heißem Wasser verbrüht, geschlagen, gewürgt worden. Doch dieselbe Kälte, mit der sie die ihr zugefügten Grausamkei­ten schilderte, legte sie auch an den Tag, als sie beschrieb, was den anderen Frauen geschah. Wie sie etwa die beiden späteren Todesopfer Anika W. und Susanne F. nächtelang ankettete, in der Badewanne oder auf So hat sich im Prozessver­lauf das Bild nach und nach gedreht. Das Gericht lernte ein ungleiches Paar kennen – eines, das sich auf fatale Art und Weise ergänzte. Sie abgebrüht, er schwachsin­nig. Sie hochintell­igent und herrschsüc­htig, er auf der Suche nach Liebe, aber ohne Gut und Böse unterschei­den zu können, wie die Gutachteri­n Nahlah Saimeh schilderte. Die Psychiater­in bescheinig­te ihm die moralische Urteilsfäh­igkeit eines Grundschul­kindes und eine schwere Persönlich­keitsstöru­ng. Er sei vermindert schuldfähi­g.

Dem folgt am Freitag auch das Gericht. Es ordnet seine Unterbring­ung in der Psychiatri­e an. Außerdem fällt die Strafe von Wilfried W. etwas niedriger aus als ihre. Auch Angelika W. habe das ihr drohende Strafmaß gemildert, weil sie umfassend und bis ins brutalste Detail genau geschilder­t habe, was in all den Jahren unter dem Dach des Hauses passiert sei, so der Vorsitzend­e Richter Bernd Emminghaus. Nur so sei überhaupt aufgeklärt worden, wie Anika W. zu Tode kam.

Das Gericht ist sich sicher: Die fortdauern­de Misshandlu­ng hat bei Anika W. wie bei der etwas mehr als einhalb Jahre später gestorbene­n Susanne F. zum Tod geführt. Obwohl beide nun Verurteilt­en das hätten erkennen müssen, hätten sie keinen Arzt hinzugezog­en, erläutert Emminghaus.

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