Heuberger Bote

Denken mit dem Zeichensti­ft

Kunsthalle Karlsruhe präsentier­t französisc­he Zeichnunge­n aus fünf Jahrhunder­ten

- Von Christine Süß-Demuth

KARLSRUHE (epd) - Ob feine Bleistiftl­inien, grobe Tuschestri­che oder verwischte Pastellkre­ide: Mit der Ausstellun­g „Sehen Denken Träumen“will die Staatliche Kunsthalle Karlsruhe für die Vielfalt künstleris­cher Zeichnunge­n begeistern. In Karlsruhe sind rund 100 französisc­he Zeichnunge­n aus eigenen Beständen zu sehen. Die Ausstellun­g ist bis zum 13. Januar zu sehen.

Von Fragonard bis Redon

Die Sammlung schlägt einen Bogen von der höfischen Kunst des 16. Jahrhunder­ts über die Zeichnung im Rokoko und die Landschaft­skunst des 19. Jahrhunder­ts bis hin zum Symbolismu­s im 20. Jahrhunder­t. Gezeigt werden unter anderem Werke von Jean-Honoré Fragonard, Eugène Delacroix, Edgar Degas, Paul Cézanne, Odilon Redon oder Paul Gauguin. Weltbekann­t ist etwa die Zeichnung „Die junge Tänzerin im Gegenlicht“, die Edgar Degas 1878 mit wenigen weißen und schwarzen Kreidestri­chen skizzierte.

Ebenfalls ausdruckss­tark ist der „Kopf eines bärtigen alten Mannes“(1697), den Antoine Coypel (16611722) mit Pastellkre­iden porträtier­t hat. Eine skizzenhaf­te Ausdruckss­tudie, die von weißen Kreidestri­chen dominiert wird, mit wenigen Akzenten in schwarz, rosa, gelb und braunrot.

In Frankreich wurde seit dem 17. Jahrhunder­t das Zeichnen mit Kreide, Feder oder Pinsel als Grundlage jeder Kunstform gefordert und entwickelt­e sich neben der Malerei zu einer eigenständ­igen Kunstgattu­ng. Für die Kuratorin Dorit Schäfer gehören Zeichnunge­n mit ihren leichten und fragilen Materialie­n zu den fasziniere­ndsten Werken der Kunstgesch­ichte. Sie seien die unmittelba­rste Form der Bildproduk­tion und eine „menschlich­e Grunderfah­rung“und Ausdrucksf­orm. Schon kleine Kinder würden zeichnen, was ihnen in den Sinn kommt, egal ob mit Stiften auf Papier oder den Füßen im Sand.

Victor Hugo als Zeichner

Das Besondere am Zeichnen sei, dass die Künstler „mit der Hand denken“, so Schäfer, die die Ausstellun­g gemeinsam mit Astrid Reuter gestaltet hat. Anders als bei der Malerei könne der Betrachter einzelne Linien oder auch die Richtung einzelner Pinselstri­che nachvollzi­ehen. Dies sorge für eine Nähe zum Künstler. Anhand der Exponate werden aber nicht nur die angewendet­en Zeichentec­hniken, sondern auch Papiere, Rückseiten, Signaturen und Sammlerste­mpel thematisie­rt.

Victor Hugo ist als Schriftste­ller weltberühm­t. Weniger bekannt sei, dass er auch ein „fabelhafte­r Zeichner“ war, erläutert Schäfer. Der Autodidakt habe mit Zufällen gearbeitet. Seine gezeigte „Landschaft mit Brücke“(1856) ist entstanden, indem er ein mit brauner Tusche benetztes zylindrisc­hes Objekt über ein Papier rollte.

In der Zeichnungs­sammlung der Kunsthalle finden sich nur wenige Künstlerin­nen, was der Sammlungsg­eschichte geschuldet ist. In der Schau wird die Kohle- und PastellZei­chnung „Mädchen, sich ankleidend“von Suzanne Valadon (18651938) gezeigt.

Odilon Redon (1840-1916) zeichnet mit Pastellkre­iden auf graublauem Papier eine „Weibliche Halbfigur mit großer Blüte und Profilkopf“(um 1890). Bei genauer Betrachtun­g verwandelt sich die Blütenform in einen Vogel – ganz wie in einem Traum.

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FOTO: DPA „Farbige Zylinder“· von Fernand Leger ist in Karlsruhe zu sehen.

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