„Plötzlich leerte sich der Jugendtreff“
Jugendreferent Tobias Götz über Jugendliche und ihre Smartphones
- Jugendliche lieben ihr Smartphone. Aber spätestens, wenn sich alles nur noch ums Handy und das virtuelle Leben dreht, sollten Eltern aktiv werden. Redaktionsleiterin Sabine Felker hat sich mit Jugendreferent Tobias Götz über die Suche nach einem freien WLan, schweigende Handyzombies und die Möglichkeiten von Eltern unterhalten.
Als Mutter oder Vater ist man voller Ideale und will in Sachen Erziehung alles richtig machen. Eigentlich ist einem da klar, dass ein Smartphone nicht in die Hand von Kindern gehört und trotzdem wenn der Druck steigt, weil scheinbar alle in der Klasse ein Handy haben, knicken fast alle Eltern ein. Aber wie bringt man dann seinem Kind den richtigen Umgang damit bei?
Kinder brauchen noch kein Smartphone, dessen sollten sich Eltern bewusst sein und sich nicht von ihren Kindern überrumpeln lassen. Allerdings fängt die Mediennutzung altersmäßig heute wesentlich früher an als noch vor 10 Jahren. Damit ist auch ein Erwerb von Kompetenzen verbunden, den Eltern, aber auch die Schule tragen sollten. Bei Jugendlichen gibt es zwei Möglichkeiten, wenn sie ein Smartphone bekommen. Man kann es schaffen, die Jugendlichen zu einem vernünftigen Umgang damit zu bewegen, man zeigt ihnen, was sie Sinnvolles damit anstellen können. Es gibt zum Beispiel tolle Apps, mit denen man kleine Roboter programmieren kann. Das klappt aber nur, wenn sich die Eltern mit ihren Kindern austauschen. Auch wir vom Jugendreferat versuchen mit unserer Arbeit dazu beizutragen, dass die Jungen und Mädchen eine Medienkompetenz erlangen.
Diese erste Möglichkeit bringt sicher viele Diskussionen mit sich. Jugendliche wollen wohl nicht immer einsehen, was das Beste für sie ist, nur weil Mama oder Papa das so sagen.
Das stimmt. Deshalb ist die zweite Variante ziemlich entgegengesetzt zur ersten. Denn hierbei gehen die Eltern restriktiver vor. Es gibt einfach nicht immer einen freien WLanZugang zuhause, das Smartphone muss nicht unterwegs über mobile Daten online sein, die Handynutzung wird kontrolliert und zeitlich und inhaltlich begrenzt. Mit einer unkontrollierten Nutzung steigt einfach das Risiko, dass gerade Kinder Dinge sehen und tun, die ihrer Entwicklung letztlich entgegenwirken oder sogar schädlich sind.
Ohne Diskussionen kommen Eltern wohl nicht aus der Sache heraus?
(lacht) Nein, das wohl nicht. Aber da muss man als Vater oder Mutter auch mal unpopuläre Entscheidungen treffen. Beim gemeinsamen Essen hat das Handy nichts verloren, genauso muss es abends irgendwann mal aus sein. Da könnte auch eine App helgendlichen fen, dann gibt es nicht jeden Tag die gleiche Diskussion, sondern das Gerät schaltet sich zu einer festgelegten Zeit einfach ab. Und natürlich muss man bedenken, dass Handys überall präsent sind und Erwachsene oft auch ihr Nutzungsverhalten nicht kritisch genug überdenken. Da sind wir dann wieder beim Vorbild. Denken Sie an die Mütter, die mit ihren kleinen Kindern auf dem Spielplatz sind, aber die ganze Zeit aufs Handy schauen.
Wie manchen sich Smartphones in der Jugendarbeit bemerkbar?
Natürlich müssen wir uns fortbilden und immer auf dem neuesten Stand sein. Wir müssen wissen, was mit YouTube möglich ist, wie Snapchat funktioniert und was auf Instagram möglich ist. Denn vieles spielt sich bei den Jugendlichen im Netz ab. Manchmal komme ich in den Jugendtreff und obwohl der Raum voller Jugendlicher ist, ist es ganz still. Das liegt daran, dass alle ins Handy starren. Zwar manchmal zusammen oder sie chatten miteinander, aber eine wirkliche Interaktion oder Gespräche gibt es nicht. Aktionen, wie noch vor wenigen Jahren das gemeinsame Kochen zum Beispiel, interessieren viele dieser Jugendlichen nicht mehr weil Online-Spiele vielleicht einfach interessanter geworden sind.
Und wenn Sie das WLan einfach abschalten?
Das ist mal passiert, weil der Router ausgestiegen ist. Ganz plötzlich leerte sich der Jugendtreff. Die Ju- sind lieber nach Hause, wo sie wieder ins WLan konnten oder haben sich in den Park gesetzt, wenn einer draußen online sein konnte. Aber auch hier bietet sich direkt wieder eine Möglichkeit an, mit den Jugendlichen ins Gespräch zu gehen und mit den Jugendlichen einen Weg zu finden, auch ohne WLan zu überleben.
Das muss deprimierend sein, so was zu beobachten.
Da ist ja nicht alles verloren. Manche werden hoffentlich einsehen, dass diese exzessive Nutzung ihnen nicht gut tut. Daran arbeiten wir ja verstärkt. Außerdem gibt es immer noch viele Kinder und Jugendliche, die nicht daueronline sind, sondern richtige Hobbys haben, aktiv sind, und die durchaus großes Interesse an Gesprächen mit-und untereinander haben.