Wildes Schwein mit Herzenswärme in der Krone Tettnang
D er Herbst ist jetzt also gekommen. Die Blätter tanzen in goldenen Pirouetten von den Ästen. Die Eicheln prasseln auf den Boden hernieder – und bei Fahrten im Dämmerlicht begegnen dem wachsamen Automobilisten Fuchs, Hase und Reh. Diese gefährlichen Zusammenkünfte sind naturgemäß sehr unbeliebt. Dem ist der delikate Wildwechsel auf einem appetitlichen Teller selbstredend vorzuziehen.
Eine gute Adresse, um den vier Jahreszeiten kulinarisch auf der Fährte zu bleiben und damit in den Genuss von herbstlichwilden Speisen zu kommen, ist der Gasthof Krone in Tettnang, der zur gleichnamigen Brauerei gehört. Neben dem bekannten Kronenbier preist ein Aufsteller auf dem Tisch auch Spezialbiere vom sogenannten Hopfengut Nummer 20 an, das mit Museum und Laden ebenfalls zur Kronenbrauerei gehört. Das Thema Bier materialisiert sich in der Krone bereits an der Schanktheke, die aktuell mit Hopfendolden geschmückt ist. Von dort eilt nun auch eine erfahrene Kellnerin herbei – Typ gute Seele des Hauses – und grüßt mit freundlicher Stimme, während sie die Speisekarte reicht. Auf dieser tummeln sich neben schwäbischen Klassikern wie Maultaschen oder Zwiebelrostbraten auch Merkwürdigkeiten wie die „geschmälzte Spätzlesuppe“, die aus reiner Neugierde natürlich auf dem Bestellzettel landet, obwohl es noch suppenartige Alternativen aus Kürbis, Sellerie und Apfel gibt. Doch die TerrinenKuriosität ist auch eine gute Wahl, wie sich kurze Zeit später herausstellt: In einer aromatische Brühe baden kleine Spätzle, die von den Röstaromen gebratener Zwiebelwürfel begleitet werden. Minimalistisch, aber gelungen. Damit wäre auch der Stil der Küche insgesamt gut beschrieben. Denn in der Krone kommt es in erster Linie darauf an, was drin und wie es zubereitet ist.
Vor dem Hintergrund ehrlicher Handwerksküche ist das sicher kein Nachteil – wie sich insbesondere beim köstlichen Hauptgang bewahrheitet, bei dem ein mürbe geschmortes Wildschein die Hauptrolle spielt. Das Fleisch ist außerordentlich zart geraten. Sein Geschmack erinnert an die urwüchsigen Aromen des Waldes, die Soße konzentriert diese kraftvollen Noten noch. Mit von der Partie sind grüne Bohnen – eine Idee zu weich – gewürzt mit Bohnenkraut. Außerdem im Schlepptau des guten Geschmacks: Richtig knusprig geröstete Bratkartoffeln.
Die gute Seele des Hauses fragt immer wieder mit Herzenswärme nach dem Befinden der Gäste und bringt am Ende auch das Dessert, welches – wie schon die Suppe – einen gewissen Seltenheitswert besitzt: gebackene Grießschnitten mit Zwetschgenkompott. Ein Hauch von Zimt schwebt über dem Nachspeisenteller, den zwei in Eihülle herausgebackene Schnitten zieren. Die Mehlspeise ist nur wenig süß und ergänzt das ebenfalls nur maßvoll gesüßte Kompott perfekt.
Auch hier wieder: einfach, aber auf Grundlage von guten Rohstoffen und kluger Küche zu köstlichem Seelenfutter verarbeitet. Ein Menü, das den Herbst in seiner ganzen Schönheit feiert – und der Krone Ehre macht.