„Je leichter es klingt, desto besser müssen die Musiker sein“
SWR-Bigband-Leiter über Arrangements, Künstler und den Auftritt in Gosheim
- Jazz- und soulig wird der Auftritt der SWR-Bigband zusammen mit Max Mutzke am Samstag, 27. Oktober, um 20.30 Uhr in der Gosheimer Jurahalle. Durch persönliche Kontakte hat der neue Verein Musiktheater Gosheim (www.musiktheater-gosheim.de) den „Daimler der Bigbands“, so der Ankündigungstext, auf den Heuberg geholt. Regelmäßige Zusammenarbeit mit Weltklassemusikern führt die Bigband in die Konzertsäle. An der Spitze: Klaus Wagenleiter (62) als musikalischer Leiter. Regina Braungart hat sich mit dem Musiker, Komponist, Arrangeur und Dozenten unterhalten.
Herr Wagenleiter, wie stellen Sie ein Konzertprogramm zusammen, wie das für Gosheim?
Bei einem Künstler wie Max Mutzke entwickelt sich über die Zeit ein gemeinsames Repertoire. Die Arrangements mache ich zum Teil, das Programm entsteht zwischen musikalischem Leiter und Künstler, man fragt: Worauf hast du Lust, was machen wir? Das geht unkompliziert am Telefon oder per Email.
Bigband klingt so locker. Aber leicht klingen ist nicht gleich leicht spielen, oder?
Im Gegenteil, je leichter es klingt, desto besser müssen die Musiker sein. Was bei uns viel ausmacht, ist, dass die Musiker aufeinander eingespielt sind. Man versteht sich gut und freut sich, wenn man zusammenkommt. Es hat auch mit dem Künstler zu tun, mit dem wir arbeiten. Wenn sich jemand vorstellt, fragen wir uns: Passt der zu uns? Ist es ein netter Mensch? Wir sind ein Orchester, das die breiteste Stilistik abdeckt. Mit einer Standardbesetzung aus 13 Bläsern, Schlagzeug, Bass, Piano, Gitarre, manchmal Percussion, manchmal mit Streichern.
Wo ist eigentlich der SWR in der Bigband?
Wir sind bei Veranstaltungen des SWR, zum Beispiel beim RheinlandPfalz-Tag, machen Musik, das der Sender direkt ins Programm aufnimmt...
... aber so wie früher, dass Sie die Sendungen begleitet und unterlegt haben, ist es nicht mehr, oder?
Als ich als junger Musiker 1986 ins Orchester kam, haben wir in Programmen und Shows gespielt. Da hat sich viel geändert, vor allem durch die Aufteilung der Sender in bestimmte Zielgruppen, die Grenzen sind heute strenger als damals.
Sind in den Konzerten auch jugendliche Musiker? Bekommen sie Rückmeldungen, dass die wieder mehr Lust bekommen zu üben, wenn sie Sie gehört haben und sehen, was man mit einem Instrument machen kann?
Es ist sicher so, dass Bigband in den vergangenen zehn Jahren wieder einem jüngeren und breiteren Publikum ins Ohr gerückt ist. Es gibt ein Programm, da gehen wir in Gymnasien, die Bigbands haben, und ma- chen Workshops und auch mal ein Konzert. Und es gibt zunehmend junge Leute, die in den Programmen sitzen. Ich bin überzeugt, dass sie da Lust kriegen, es selber zu probieren und aktiv in diese Musik einzutauchen. Dank moderner Medien bekommt man mehr Rückmeldung als früher, eigentlich durchweg positiv. Da kommt auch mal ein Dankeschön.
Sie sind Dozent für Komposition und Arrangement in Bern. Wie kamen Sie dazu?
Das hat viel mit der Ausbildung zu tun. Anfang der 80er-Jahre gab es noch nicht an jeder Hochschule Abteilungen für populäre Musik. Die Lehrbücher waren auf Englisch. Ich habe in Stuttgart studiert, wo mit einer Didaktik gelehrt wurde, die über Jahrhunderte gewachsen ist. Da bin ich nach Boston rüber und habe Komposition und Arrangement studiert. Mein Lehrer war selber in einer Bigband und so bin ich in das Fahrwasser gekommen. Das war für mich super. Zurück in Europa war das eine Nische, es gab nicht viele, die das konnten. Das war einer der Zufälle, die vielleicht dann doch keine sind.
Sie komponieren auch?
Ja, aber zu 90 bis 95 Prozent arrangiere ich, also passe Kompositionen an, die es schon gibt, zum Beispiel auf Bigband oder Symphonieorchester. Im Moment bereite ich mich auf die Tournee mit Mario Adorf vor, schreibe die Stücke, suche die Musiker. Mit Mario Adorf arbeite ich seit 28 Jahren. Es ist wie in der Klassik. Leute, die Musik auf diesem Niveau machen, kennen einander, da braucht man keine Agentur, muss keine Demos schicken.
Die SWR Bigband wir als eine der besten der Welt bezeichnet. Wonach bemisst sich das?
Zum Beispiel durch eine vierfache Grammy-Nominierung. Aber gerade, dass Künstler wie Paul Carrack mit einem spielen, oder eben auch Max Mutzke – daran kann man ablesen wie die Klasse ist. Der zweite Maßstab ist die Zusammenstellung der Musiker selbst, da ist jeder zweite Professor. Da sitzen Fachkräfte dieser Musik. Wir machen viel Improvisation, da geht es um Kreativität, Spielfreude und eben höchste Qualität.
Wie ist die Zusammenarbeit mit Max Mutzke?
Wir haben uns bei der Aufnahme einer CD getroffen und da gab es diesen Effekt: Man trifft sich, sagt, super, und versteht sich musikalisch, künstlerisch und menschlich ohne viele Worte. Man freut sich, einander zu sehen und miteinander zu spielen. Wenn sich die Musiker und Künstler gut verstehen, dann spürt das auch das Publikum und das schaukelt sich dann wechselseitig auf.
Kennen Sie Gosheim?
Ich kenne Gosheim nur vom Durchfahren, habe aber einige alte Arbeitskollegen in der Region. Ich bin ein Wanderer und habe sicher in einem der Landgasthöfe schon gespeist. Kurz: Ich weiß, wo ich hinfahren muss und brauche kein Navi. (lacht)