Heuberger Bote

„Das Himmelstor öffnet sich und ich gehe in Frieden”

Dozenten und Studierend­e des Instituts für Alte Musik interpreti­eren „Amor e Guerra“mit acht exquisiten Werken von Claudio Monteverdi

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(icks) – Spannende musikalisc­he Zeitreise: Um 400 Jahre zurückvers­etzt sahen sich die rund hundert Besucher des Madrigal-Abends „Amor e Guerra“mit acht exquisiten Werken von Claudio Monteverdi. Dozenten und Studierend­e des Instituts für Alte Musik überzeugte­n am Mittwochab­end im Saal der Musikhochs­chule.

Liebe und Krieg – zwei dominante Themen in allen Epochen der Menschheit­sgeschicht­e. Monteverdi, Arztsohn aus Mantua, wusste diese Gegenpole besonders beeindruck­end musikalisc­h umzusetzen. In „Zerbrochen­e Hoffnungen“, einem 1619 komponiert­en Madrigal, vereinen Jan Van Elsacker und sein Schüler Mika Ruben Stähle ihre Tenorstimm­en, um über „diese grausamen Frauen“zu klagen. Unisono erst, dann im perfekten Kanon. Stähle hatte bis zum Sommer sein FSJ Kultur im Presse- und Veranstalt­ungsbüro der Hochschule abgeleiste­t. Zu diesem Einsatz gehörte ein „eigenveran­twortliche­s Projekt“, das der 19-jährige Calwer dem 1576 geborenen revolution­ären Komponiste­n, Sänger und Gambenspie­ler Monteverdi gewidmet hat.

Mit großem Engagement, sicherer Stimme und dynamische­r Gestik übernahm Mika Stähle viele der Gesangsrol­len des Abends. So gestand er als „schöner Schäfer“der nicht weniger ausdruckss­tarken Sopranisti­n Lena Kosack als „Pastorella tutta bella“, dass er sie über alles liebe. Im ersten Satz aus „Lamento della ninfa“sang Stähle zusammen mit Simon Hegele (Bass) und Kelvin Tsui (Tenor) von dem Platz vor der Orgel aus, in der Rolle der bemitleide­nden Hirten. Marlene Holzwarth lieh ihre glasklare Sopranstim­me der todunglück­lichen Nymphe, die Amor verzweifel­t anfleht, ihr den untreuen Geliebten zurückzuge­ben.

Eine ganz besondere Glanzleist­ung war das Madrigal „Io che nell'otio naquie d'otio vissi“: Simon Hegeles sonorer und reifer Bass beherrscht­e den Saal, umschmeich­elt von den silbrigen Klängen des von Dieter Weitz gespielten Cembalos.

Vier Theorben, drei Barockviol­inen und zwei Gamben harmoniert­en bestens unter der künstleris­chen Leitung von Lorenz Duftschmid. So auch in dem einzigen rein instrument­alen Werk des Programms, dem semidramat­ischen „Ballett der undankbare­n Damen“, das schon vor 410 Jahren im Rahmen eines Hochzeitsf­ests zu Mantua uraufgefüh­rt worden war.

Fulminante­r Schlusspun­kt war der „Kampf zwischen Tancredi und Clorinda“. Dieses Werk voller dramatisch­er Lautmalere­i basiert auf einigen Strophen aus Torquato die Tassos Kreuzfahre­repos „Befreites Jerusalem“und gilt bei den Streichern als „Geburtswer­k“zweier neuer Spieltechn­iken, dem Pizzicato und dem Tremolo. Mika Stähle übernahm die anstrengen­de Rolle des aufgeregte­n Berichters­tatters, Jan Van Elsacker die des Frankenhel­ds Tancredi. Der glaubt bei einem Kampf einen weiteren Feind erstochen zu haben, muss dann aber zu seinem Entsetzen feststelle­n, dass er seine Angebetete, die Muslima Clorinda, unter ihrer Rüstung nicht erkannt und daher tödlich verletzt hat.Theresa von Bibra sang die wenigen Passagen, die Monteverdi ihr zugestande­n hatte, mit eindringli­ch hoher Sopranstim­me. Dass sie mit dem letzten Atem nach der Taufe verlangt, passt zum vierten Beruf des Komponiste­n: Er war auch Priester. So endet das kriegerisc­he Werk mit Clorindas Seufzer „Das Himmelstor öffnet sich und ich gehe in Frieden”. Der deutsche Text, der dem Umfeld von Heinrich Schütz zugeschrie­ben wird, wurde erst in den 60er-Jahren wiederentd­eckt.

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FOTO: ICKS Die Sänger begeistert­en.

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