Heuberger Bote

Ärger um gesperrte Brücken

Rathausste­g voraussich­tlich erst ab Ende November begehbar – Einbußen für Geschäfte

- Von Sebastian Heilemann und Dorothea Hecht

- Drei FußgängerB­rücken in Tuttlingen sind gesperrt. Der Grund: ihr schlechter Zustand. Und das trotz regelmäßig­er Kontrollen. Im Raum steht nun, ob Mängel bei Prüfungen in der Vergangenh­eit übersehen worden sind. Die Stadt hat von dem beauftragt­en Prüfbüro eine Stellungna­hme angeforder­t.

Risse verbreiten sich im August innerhalb weniger Tage über den Brückenkop­f der Fußgängerb­rücke vom Öthenfurtw­eg zum Koppenland, vor zwei Tagen fällt Fäulnis im Holz des Rathausste­gs auf. Seit Donnerstag ist auch der Sängersteg gesperrt. Sie ist die dritte Tuttlinger Brücke im Zentrum innerhalb weniger Monate.

Wie kam es dazu? Laut Stadt werden alle Brücken regelmäßig überprüft und Mängel in der Regel direkt beseitigt, so dass kein Sanierungs­stau entsteht. Erst 2015 war der Sängersteg geprüft worden, der Rathausste­g sogar im vergangene­n Jahr – ohne Auffälligk­eiten. Das wirkliche Ausmaß der Schäden am Sängersteg­g sei dann erst bei der Prüfung am Donnerstag ersichtlic­h geworden, sagt Benjamin Hirsch, Referent des Oberbürger­meisters. Mitarbeite­r eines Tuttlinger Ingenieurb­üros machten die Stadt vor zweieinhal­b Wochen darauf aufmerksam, dass die Verkehrssi­cherheit beeinträch­tigt sei. Die Sperrung war die Folge.

Die Stadt nimmt nun deshalb die Historie der Brücken-Prüfungen eines anderen Ingenieurb­üros unter die Lupe: „Bei den vorhergehe­nden Prüfungen wurden diese Schäden an Rathausste­g und Sängersteg jedoch offenkundi­g nicht festgestel­lt“, sagt Hirsch. Nun könne durchaus die begründete Frage gestellt werden, warum den beauftragt­en Fachleuten die Schäden an den Brücken nicht aufgefalle­n seien. „Die Verwaltung sieht dies sehr kritisch und hat das beauftragt­e Büro bereits zur Stellungna­hme aufgeforde­rt“, so Hirsch. „Wenn die Zweifel bestehen bleiben, schließen wir auch rechtliche Schritte ausdrückli­ch nicht aus.“

Rathausste­g: Einzelhänd­ler leiden

Indes zeigen die gesperrten Brücken ihre Auswirkung­en. Die Geschäfte in der Rathausstr­aße trifft es doppelt. Nicht nur, dass der Rathausste­g gesperrt ist, auch ist seit mehreren Wochen die Baustelle für die Fußgängerz­one in vollem Gange. „Der Rathausste­g ist für uns wichtig, weil wir hier nicht in der 1A-Lage sind. Viele Leute kommen über den Rathausste­g in die Stadt und dann bei uns vorbei“, sagt Roger Ott, Verkaufsle­iter beim Reisebüro DER. Ein leichter Rückgang sei zu spüren. Vor allem vor der Winterzeit wünscht er sich wieder einen offenen Steg. Dann beginnt die Hauptbuchu­ngszeit.

Claudia Diener vom Modegeschä­ft „Elfenreich“hätte die stabile Brücke gern deutlich früher zurück: „Es gibt im Moment Tage, da kommt gar niemand“, sagt sie. Schuld sei nicht die Baustelle, „das ist erst so, seit der Steg zu ist“. Nachvollzi­ehen kann sie es durchaus: „Die Leute sind bequem, die nehmen nicht gern Umwege in Kauf.“Nun spürt sie die ausbleiben­de Kundschaft deutlich: Etwas die Hälfte vom Umsatz fehle.

Während Foto Setzinger und das Pasta-Restaurant Aldente weniger Auswirkung­en spüren, trifft die Kombinatio­n aus Baustelle und Sperrung des Rathausste­gs die Filiale vom Backhaus Licht besonders. Am Nachmittag macht der Bäcker schon gar nicht mehr auf. „Wenn das unser einziges Geschäft wäre, müssten wir Insolvenz anmelden“, sagt Rudolf Licht, Geschäftsf­ührer von Backhaus Licht. „Im Moment legen wir drauf“. Damit, dass vor der Tür eine Baustelle ist, müsse man leben, aber dass zusätzlich die Brücke gesperrt ist, sei für Licht reiner Horror. Das Personal, das eigentlich am Nachmittag in der Filiale arbeitet, musste der Geschäftsf­ührer auf seine anderen sieben Filialen aufteilen. „Wenn die Situation dauerhaft wäre, müssten wir zumachen“, sagt Licht. Deswegen hat er einen Brief an den Oberbürger­meister geschickt. Darin fordert er, dass die Brücke so schnell wie möglich wieder begehbar gemacht wird.

Sängersteg: Schüler müssen Umwege gehen

Weiter stadtauswä­rts, am Sängersteg, trifft es nicht die Händler, sondern die Schüler. Viele Busse halten am Stadtgarte­n, die kürzeste Verbindung zum Schulzentr­um führt über den Sängersteg. Am Freitagmor­gen habe es nur vereinzelt Schüler gegeben, die aufgrund der Sperrung zu spät kamen, heißt es von den Gymnasien und den berufliche­n Schulen, die dort angesiedel­t sind. Bei Schulschlu­ss werde es aber knapp, sagt Michael Krauss, stellvertr­etender Schulleite­r am Immanuel-KantGymnas­ium. „Die knappste Zeit zwischen Schulschlu­ss und Busabfahrt sind elf Minuten – das ist schon sportlich.“Ausweichmö­glichkeite­n sind der Poststeg oder die B14-Brücke. Die Not machte am Freitag einige Schüler erfinderis­ch: Sie rissen die Absperrung am Sängersteg weg und nutzten die Abkürzung. Das geht in Zukunft aber nicht mehr: Laut Stadt kontrollie­rt der Kommunale Ordnungsdi­enst. Ohnehin sind nächste Woche erstmal Ferien.

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FOTO: SEBASTIAN HEILEMANN Da ist doch was faul: Der Rathausste­g hat schon bessere Tage gesehen.

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