100 Router schaffen Zugang zu freiem Internet
Hans-Peter Bensch setzt sich für lückenloses W-Lan-Netz ein – Dabei sind zum Teil kreative Lösungen gefragt
TUTTLINGEN - Ein möglichst lückenloses W-Lan-Netz in der ganzen Stadt: Daran arbeitet der Verein Freifunk Tuttlingen seit einiger Zeit. Bei ihrer Mission treffen die Internet-Enthusiasten immer wieder auf ungeahnte Schwierigkeiten – und finden kreative Lösungen.
Rund 100 Internetrouter in Tuttlingen senden derzeit das FreifunkSignal durch die Stadt. Jeder kann sich mit seinem Smartphone einwählen und über das Signal im Internet surfen – und zwar kostenlos. „Unser Ziel ist es, dass man durch Tuttlingen laufen kann, ohne das Netz zu verlieren“, sagt Hans-Peter Bensch, FDPStadtrat und Initiator der Tuttlinger Freifunk-Initiative. 100 Router seien bereits eine gute Basis, sagt er. Doch bis das Ziel eines lückenlosen Netzes erreicht ist, gibt es noch einiges zu tun. Im Moment gibt es die Router vor allem in öffentlichen Gebäuden, wie dem Rathaus, oder InnenstadtGeschäften und Cafés. „Wir müssen Geschäft für Geschäft und Café für Café überzeugen“, sagt Bensch.
Die Freifunk-Initiative gibt es in ganz Deutschland. Die sogenannten Communities, zu deutsch Gemeinschaften, möchten allen Bürgern freien Zugang zum Internet ermöglichen. „Wir verstehen frei als öffentlich zugänglich, nicht kommerziell, im Besitz der Gemeinschaft und unzensiert“, heißt es auf der Internetseite von Freifunk. Der Tuttlinger Verein besteht derzeit aus 15 Personen und versucht, mehr und mehr Zugangspunkte einzurichten – und Mitstreiter zu finden.
Alles begann vor rund anderthalb Jahren. Damals diskutierte der Gemeinderat über ein öffentliches WLan-Netz in der Innenstadt. Kostenpunkt laut Bensch: rund 70 000 Euro. „Daraufhin habe ich gesagt: Das kann man auch einfacher mache“. Die Stadtverwaltung lud die Vorstände des Freifunk-Vereins aus Konstanz ein – und die überzeugten. „Seither bauen wir kontinuierlich aus“, sagt der FDP-Politiker.
Elf Terabyte auf dem Honberg
Zum Honbergsommer bauten die Freifunker ein Netz für das Festival auf. Insgesamt elf Terabyte Daten saustens in den gut zwei Wochen über das Netz – das entspricht zum Beispiel einem Datenvolumen von rund sechs Millionen SmartphoneFotos oder 6112 Stunden Youtube-Videos. Sechs Freifunk-Router und eine Glasfaserzuleitung sorgten für die Verbindung. „Eigentlich eine extrem schnelle Leitung und trotzdem gab es Engpässe“, sagt Bensch. Doch die Versorgung des Honbergs ist nicht das einzige Großprojekt, das der Verein in letzter Zeit realisiert hat. Zur Ausstellungseröffnung von Frank Stellas „Abstract Narrations“in der Stadtgalerie sorgte Freifunk für freies Internet, die Anschlussunterbringung für geflüchtete Menschen in der Moltkestraße ist Teil des Netzes. Besonders schwierig wird es für die Freifunker, wenn nicht einmal eine Internetleitung in der Erde liegt – so zum Beispiel bei der S4-Lounge. Bensch und die anderen Vereinsmitglieder richteten deshalb eine Funkbrücke zwischen Stadthalle, Hermann-Hesse-Realschule und der S4Lounge ein. Denn: Mehrere Router können sich über das Funksignal miteinander verbinden und so den Internetzugang weiterverbreiten – auch wenn nicht jeder einzelne Router über eine Kabelverbindung an das Telefonnetz angeschlossen ist – eine Möglichkeit auch Orte mit schnellem Internet zu versorgen, die noch nicht an die Glasfasernetze angebunden sind. Als nächstes sollen auch die Stadthalle und die Stadtbibliothek mit Freifunk-Routern ausgestattet werden.
Doch es geht Bensch nicht nur um den Internetzugang an sich, sondern auch um Aufklärung. Deswegen veranstaltet der Verein Informationsabende – beispielsweise für Eltern. Die sollen dafür sensibilisiert werden, wie sie ihre Kinder vor Inhalten im Internet schützen, die nicht für deren Augen gemacht sind.
Mission: ein unabhängiges Netz
Neben dem lückenlosen Netz gibt es noch eine weitere Zukunftsvision der Freifunk-Initiative: Unabhängigkeit von großen Unternehmen, wie Google – möglich durch ein Internet, das den Bürgern gehört, die darüber ohne zwischengeschaltetes Unternehmen kommunizieren können. Bensch wünscht sich in Zukunft, dass auf einer Freifunk-Plattform eigene Online-Tauschmärkte oder Webradios entstehen. Doch zunächst muss es genug Zugänge geben.
Bei ihrer Mission, ein lückenloses Netz zu schaffen, treffen die Freifunker immer wieder auf ungeahnte Unwegsamkeiten. Auch im Rathaus gibt es einen Router, der eigentlich den Marktplatz versorgen soll. Doch Bensch stellte fest, dass das Signal nicht immer dort ankommt – vor allem, wenn gerade Wochenmarkt ist. „An Markttagen parkt ein Lastwagen vor dem Rathaus. Der schirmt das Signal ab“, sagt Bensch. Er plane nun einen zusätzlichen Router auf dem Rathausdach zu installieren.