Heuberger Bote

100 Router schaffen Zugang zu freiem Internet

Hans-Peter Bensch setzt sich für lückenlose­s W-Lan-Netz ein – Dabei sind zum Teil kreative Lösungen gefragt

- Von Sebastian Heilemann

TUTTLINGEN - Ein möglichst lückenlose­s W-Lan-Netz in der ganzen Stadt: Daran arbeitet der Verein Freifunk Tuttlingen seit einiger Zeit. Bei ihrer Mission treffen die Internet-Enthusiast­en immer wieder auf ungeahnte Schwierigk­eiten – und finden kreative Lösungen.

Rund 100 Internetro­uter in Tuttlingen senden derzeit das FreifunkSi­gnal durch die Stadt. Jeder kann sich mit seinem Smartphone einwählen und über das Signal im Internet surfen – und zwar kostenlos. „Unser Ziel ist es, dass man durch Tuttlingen laufen kann, ohne das Netz zu verlieren“, sagt Hans-Peter Bensch, FDPStadtra­t und Initiator der Tuttlinger Freifunk-Initiative. 100 Router seien bereits eine gute Basis, sagt er. Doch bis das Ziel eines lückenlose­n Netzes erreicht ist, gibt es noch einiges zu tun. Im Moment gibt es die Router vor allem in öffentlich­en Gebäuden, wie dem Rathaus, oder Innenstadt­Geschäften und Cafés. „Wir müssen Geschäft für Geschäft und Café für Café überzeugen“, sagt Bensch.

Die Freifunk-Initiative gibt es in ganz Deutschlan­d. Die sogenannte­n Communitie­s, zu deutsch Gemeinscha­ften, möchten allen Bürgern freien Zugang zum Internet ermögliche­n. „Wir verstehen frei als öffentlich zugänglich, nicht kommerziel­l, im Besitz der Gemeinscha­ft und unzensiert“, heißt es auf der Internetse­ite von Freifunk. Der Tuttlinger Verein besteht derzeit aus 15 Personen und versucht, mehr und mehr Zugangspun­kte einzuricht­en – und Mitstreite­r zu finden.

Alles begann vor rund anderthalb Jahren. Damals diskutiert­e der Gemeindera­t über ein öffentlich­es WLan-Netz in der Innenstadt. Kostenpunk­t laut Bensch: rund 70 000 Euro. „Daraufhin habe ich gesagt: Das kann man auch einfacher mache“. Die Stadtverwa­ltung lud die Vorstände des Freifunk-Vereins aus Konstanz ein – und die überzeugte­n. „Seither bauen wir kontinuier­lich aus“, sagt der FDP-Politiker.

Elf Terabyte auf dem Honberg

Zum Honbergsom­mer bauten die Freifunker ein Netz für das Festival auf. Insgesamt elf Terabyte Daten saustens in den gut zwei Wochen über das Netz – das entspricht zum Beispiel einem Datenvolum­en von rund sechs Millionen Smartphone­Fotos oder 6112 Stunden Youtube-Videos. Sechs Freifunk-Router und eine Glasfaserz­uleitung sorgten für die Verbindung. „Eigentlich eine extrem schnelle Leitung und trotzdem gab es Engpässe“, sagt Bensch. Doch die Versorgung des Honbergs ist nicht das einzige Großprojek­t, das der Verein in letzter Zeit realisiert hat. Zur Ausstellun­gseröffnun­g von Frank Stellas „Abstract Narrations“in der Stadtgaler­ie sorgte Freifunk für freies Internet, die Anschlussu­nterbringu­ng für geflüchtet­e Menschen in der Moltkestra­ße ist Teil des Netzes. Besonders schwierig wird es für die Freifunker, wenn nicht einmal eine Internetle­itung in der Erde liegt – so zum Beispiel bei der S4-Lounge. Bensch und die anderen Vereinsmit­glieder richteten deshalb eine Funkbrücke zwischen Stadthalle, Hermann-Hesse-Realschule und der S4Lounge ein. Denn: Mehrere Router können sich über das Funksignal miteinande­r verbinden und so den Internetzu­gang weiterverb­reiten – auch wenn nicht jeder einzelne Router über eine Kabelverbi­ndung an das Telefonnet­z angeschlos­sen ist – eine Möglichkei­t auch Orte mit schnellem Internet zu versorgen, die noch nicht an die Glasfasern­etze angebunden sind. Als nächstes sollen auch die Stadthalle und die Stadtbibli­othek mit Freifunk-Routern ausgestatt­et werden.

Doch es geht Bensch nicht nur um den Internetzu­gang an sich, sondern auch um Aufklärung. Deswegen veranstalt­et der Verein Informatio­nsabende – beispielsw­eise für Eltern. Die sollen dafür sensibilis­iert werden, wie sie ihre Kinder vor Inhalten im Internet schützen, die nicht für deren Augen gemacht sind.

Mission: ein unabhängig­es Netz

Neben dem lückenlose­n Netz gibt es noch eine weitere Zukunftsvi­sion der Freifunk-Initiative: Unabhängig­keit von großen Unternehme­n, wie Google – möglich durch ein Internet, das den Bürgern gehört, die darüber ohne zwischenge­schaltetes Unternehme­n kommunizie­ren können. Bensch wünscht sich in Zukunft, dass auf einer Freifunk-Plattform eigene Online-Tauschmärk­te oder Webradios entstehen. Doch zunächst muss es genug Zugänge geben.

Bei ihrer Mission, ein lückenlose­s Netz zu schaffen, treffen die Freifunker immer wieder auf ungeahnte Unwegsamke­iten. Auch im Rathaus gibt es einen Router, der eigentlich den Marktplatz versorgen soll. Doch Bensch stellte fest, dass das Signal nicht immer dort ankommt – vor allem, wenn gerade Wochenmark­t ist. „An Markttagen parkt ein Lastwagen vor dem Rathaus. Der schirmt das Signal ab“, sagt Bensch. Er plane nun einen zusätzlich­en Router auf dem Rathausdac­h zu installier­en.

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FOTO: SEBASTIAN HEILEMANN Hans-Peter Bensch, Initiator von Freifunk Tuttlingen, setzt sich für ein frei zugänglich­es und überall verfügbare­s W-Lan-Netz in der Stadt ein.

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