Gloria Gaynor hält, was sie verspricht
Von der Disco-Queen zur Grande Dame: Gloria Gaynor war der Höhepunkt des 27. Aalener Jazzfests
- In der Aalener Stadthalle hat Sängerin Gloria Gaynor eines ihrer wenigen Europa-Konzerte gegeben. Die 69-jährige ehemalige DiscoQueen stellte sich beim 27. Aalener Jazzfest als Grande Dame vor, die ihre 70er-Jahre-Hits jazzaffin und zeitgemäß zu präsentieren weiß. Sie hält, was sie verspricht: „I Will Survive“. Ja, sie und ihre Musik haben überlebt.
Zuckende Lichter, die rund 1500 Zuschauer in der gut, aber nicht ganz gefüllten Halle schwingen die Hüften zu Disco-Rhythmen der 70er. Weiter hinten, dort, wo noch ein paar Quadratmeter Platz sind, tanzen Pärchen Foxtrott. Die „Mörderband“, so bei der Anmoderation versprochen, gibt von der ersten Sekunde an Vollgas. Eine Generation feiert ihre Jugend, das Publikum ist nicht durchgehend, aber überwiegend Ü 50. Es sind also diejenigen gekommen, die in den 70ern jung waren.
Gloria Gaynor als Topact eines Jazzfests? Ingo Hug, von Beginn an der Macher des Aalener Jazzfests, hat schon in der Vergangenheit bewiesen, dass er keine Berührungsängste zu Genres hat, die nicht jedermann auf Anhieb in Verbindung mit Jazz bringt. Max Giesinger war 2017 da, Philipp Poisel zwei Jahre zuvor, Jan Delay im Jahr 2010. Diesmal hat Hug einen Glücksgriff getan. Denn Disco, und das wird bei Gloria Gaynor live offenkundig, ist gar nicht so weit weg von Jazz, von Funk, Bigbandjazz oder gar Fusion.
Das liegt auch an der Band, die Gloria Gaynor mitgebracht hat. Die Sängerin, mit fast 70 Jahren nicht mehr allzu gut zu Fuß, braucht immer wieder ein Päuschen, die die zehnköpfige Band nahtlos zu füllen weiß. Hin und wieder, bei den ganz kniffligen Stellen, muss auch mal die Background-Sängerin mithelfen. Aber wenn die Chefin auf der Bühne ist, dann zeigt sie Präsenz. Früh kommt der erste Hit: „I Am What I Am“von 1984, der später in der Schwulenszene zu einer Hymne wurde. So wie Gloria Gaynor es den Aalenern präsentiert, klingt’s keineswegs abgenudelt, in der Jugendsprache würde man es als „fette Version“bezeichnen. Respekt!
Das Publikum ist von Anfang an auf ihrer Seite, ist stets textsicher, was der Dame auf der Bühne immer wieder ein seliges Lächeln ins Gesicht zaubert. Fast übergangslos wandert sie in der Zeit zurück. Es folgt „I Never Can Say Goodbye“, das nochmals gut zehn Jahre älter ist. In Aalen reizt sie ihren Hit voll aus. Der Titel lässt es bereits vermuten: Sie will einfach nicht Tschüss sagen.
Sie lässt ihre Fans an ihren Deutschkenntnissen teilhaben („Guten Morgen“, Spitze“, „Apfelstrudel mit Eis“), rauscht durch ein DonnaSummer-Medley (von „Last Dance“bis „MacArthur Park“), bringt eine eigenwillige Interpretation von „Every Breathe You Take“von Police, lässt ihrem Glauben in „Talkin’ About Jesus“freien Lauf. Sie spielt einen Blues und haucht „Killing Me Softly“ins Publikum – um schlussendlich da zu landen, wo alle hinwollten: „I Will Survive“. Und dazu knallen die Konfetti-Kanonen. Großes Kino einer Grande Dame.