Hoffnung auf Teilentlastung
Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts sollten Betriebsrentner den Anspruch auf Erstattung von Krankenkassenbeiträgen prüfen
- Bis zu 1,3 Millionen Betriebsrentner profitieren jetzt von einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Manche können sogar rückwirkend von 2014 an zu viel gezahlte Beiträge an die Krankenkassen erstattet bekommen. Dafür müssen sie jedoch noch vor Jahresende aktiv werden.
Abgaben:
Wer zum ersten Mal eine Betriebsrente erhält, ist häufig schockiert, wie wenig davon netto übrig bleibt. Bei gesetzlich Krankenversicherten geht allein ein knappes Fünftel an die Kranken- und Pflegeversicherung. Dass dies im Prinzip rechtens ist, hat das Bundesverfassungsgericht schon mehrfach entschieden.
Ausnahmen:
Doch die Verfassungsrichter haben schon öfter Ausnahmen von der Regel zugelassen. Sie bringen den Betroffenen zumindest eine Teilentlastung. Dabei geht es immer um den Teil der Betriebsrente, der auf Beiträgen beruht, die nach Ende des Arbeitsverhältnisses privat weitergezahlt wurden.
Direktversicherung:
Schon 2010 hatte das Bundesverfassungsgericht zu Renten entschieden, die auf einer Direktversicherung beruhen. Sind Arbeitnehmer nach dem Ende des Jobs statt des früheren Arbeitgebers zu Versicherungsnehmern geworden, so ist der danach von ihnen privat angesparte Teil der Rente beitragsfrei.
Pensionskassen:
Seitdem wird darüber gestritten, ob dies auch für Renten einer Pensionskasse gilt. Denn auch bei vielen (aber nicht allen) Pensionskassen können Arbeitnehmer nach Beschäftigungsende zu Versicherungsnehmern werden. In solchen Fällen müsse das Gleiche gelten wie bei Direktversicherungen, befanden die Karlsruher Richter am 27. Juni (Az.: 1 BvR 100/15 und 1 BvR 249/ 15). Das Urteil brachte einem klagenden Rentner immerhin knapp 90 Euro Beitragsentlastung im Monat.
Neue Regeln:
Eine entsprechende Regelung findet sich nun auch im soeben vom Bundestag verabschiedeten GKV-Versichertenentlastungsgesetz. Danach sind die Teile der Betriebsrente, die Arbeitnehmer als Versicherungsnehmer privat erwirtschaftet haben, beitragsfrei. Mit einem Rundschreiben vom 15. Oktober (RS 2018/545) hat der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Spitzenverband) Regeln zur Umsetzung des Karlsruher Urteils formuliert. Danach haben betroffene Betriebsrentner auch rückwirkend für die letzten vier Jahre einen Anspruch auf Beitragserstattung. Wird diese bis zum 31. Dezember 2018 beantragt, so besteht ein Erstattungsanspruch seit Anfang 2014. Danach sind die Ansprüche für 2014 und die Jahre davor verjährt.
Erbenanspruch:
Sind Betriebsrentner verstorben, so geht der Erstattungsanspruch „auf die Erben über“, so Claudia Widmaier vom GKV-Spitzenverband. Die Erben müssen dafür die Erstattung bei der Krankenkasse des Verstorbenen beantragen. Der Erstattungsanspruch des „privaten Teils“der Betriebsrente gilt übrigens auch für betriebliche Hinterbliebenenrenten.
Verfahren:
Die Aufteilung der Betriebsrente „in einen betrieblichen und einen privaten Anteil ist Aufgabe der jeweiligen Pensionskasse“, heißt es im GKV-Rundschreiben. Betriebsrentner müssen eine entsprechende Bescheinigung ihrer Pensionskasse anfordern und diese bei ihrer Krankenkasse einreichen. Für die Beitragserstattung und die Berechnung der künftigen Beiträge ist die Krankenkasse zuständig.
Pensionsfonds:
Ob bei Fonds genauso verfahren wird wie bei Pensionskassen, ist weiterhin fraglich. „Dazu steht noch eine Klärung aus“, so Widmaier. Gegebenenfalls wird sich auch hiermit nochmals das Bundesverfassungsgericht befassen müssen.
Freiwillige Versicherung:
Wer im Alter freiwillig gesetzlich krankenversichert ist, kann vom jüngsten Karlsruher Urteil nicht profitieren. Bei freiwillig Versicherten ist immer die komplette Betriebsrente beitragspflichtig – auch deren privater Teil.