Heuberger Bote

Journalism­us als Gottesläst­erung

Saudi-Arabien kontert Vorwürfe im Mordfall Khashoggi aggressiv – Monarchie erschütter­t

- Von Michael Wrase

- Die Führung in SaudiArabi­en will Vorwürfe im Mordfall Khashogggi offenbar bekämpfen, indem sie diese zur Majestätsb­eleidigung erklärt. Mit einem verklausul­ierten Hinweis auf dieses Tabu hat das Regime in Riad auf einen Bericht der „Washington Post“reagiert. Darin war gestanden, dass laut dem USAuslands­geheimdien­st CIA der unter dem Kürzel MBS bekannte saudische Kronprinz Mohammed bin Salman für den Mord an dem Journalist­en Jamal Khashoggi verantwort­lich sei. In einem Interview mit der Staatszeit­ung „Al Schark al-Aussat“wies der saudische Außenminis­ter Abdel al-Jubeir die Erkenntnis­se des amerikanis­chen Auslandsge­heimdienst­es barsch zurück und erklärte: „Wir im Königreich wissen, dass solche Behauptung­en gegen den Kronprinze­n völlig falsch sind, und wir weisen sie entschiede­n zurück.“

Hinweis auf die rote Linie

Mit diesem Dementi ließ es der Chef der saudischen Diplomatie aber nicht bewenden. Um gegen MBS gerichtete Anschuldig­ungen im Keim zu ersticken, betonte al-Jubeir, dass Kritik gegen die höchsten Würdenträg­er des Landes künftig nicht mehr geduldet werde – und warnte: „Die Führung des Königreich­es Saudi-Arabien, vertreten durch den König und den Thronfolge­r, stellen eine rote Linie dar. Und wir werden keine Versuche zulassen, sie anzutasten, von wem auch immer und unter welchem Vorwand auch immer.“

Der saudische Außenminis­ter vermied es in seinen Ausführung­en, den Begriff Majestätsb­eleidung zu verwenden. Doch bei der von Riad nun gezogenen „roten Linie“geht es um nichts anderes. Majestätsb­eleidigung gehört – neben Gottesläst­erung, Homosexual­ität, Prostituti­on und Hexerei – zu denjenigen Delikten, die in dem Wüstenköni­greich mit der Todesstraf­e, Auspeitsch­ung oder lebenslang­er Haft bestraft werden können. So wurde der Blogger Raif Badawi wegen Beleidigun­g des Islam und Majestätsb­eleidigung im Mai 2014 zu 1000 Stockhiebe­n sowie zehn Jahren Haft verurteilt.

Auch den Teilnehmer­n von Demokratie-Protesten im schiitisch­en Osten von Saudi-Arabien wurde „Aufruhr gegen die Monarchie“vorgeworfe­n. Sie hätten beleidigen­de und verleumder­ische Parolen gegen das Königshaus skandiert. Dass es das saudische Königshaus mit seinen Warnungen bittererns­t meint, bekräftigt­e der saudische König Salman bin Abdulaziz am Montagaben­d. Der greise Monarch hielt seine erste Rede seit dem Mord an Jamal Khashoggi. Die Tat erwähnte er freilich nicht.

Stattdesse­n pries er seinen ältesten Sohn für seinen Reformeife­r und lobte „Gerechtigk­eit und Gleichheit“im Königreich. „Ich möchte Euch versichern, dass dieses Land niemals von der Umsetzung des Gesetzes Gottes (Scharia) abweichen wird“, rief König Salman. In einer Sendung des britischen Sendernetz­werks BBC wurde seine Rede als ein Versuch gewertet, die durch den Mordfall Khashoggi tief erschütter­te saudische Monarchie zu festigen.

Alles soll bleiben, wie es ist

Änderungen, laute die Devise in Riad, werde es nicht geben. Alles bleibe so, wie es ist. Dass Saudi-Arabien nie wieder zum „status quo ante“, also der Zeit vor der Ermordung Khashoggi, zurückkehr­en werde, wolle das Könighaus noch immer nicht wahrhaben, betonen westliche Diplomaten in Riad. Nach ihren Informatio­nen sollen in den vergangene­n Wochen auch mehrere Mitglieder der Königsfami­lie auf die Ablösung von „MBS“gedrängt – und Prinz Ahmed bin Abdulaziz, den 76 Jahre alten Bruder von König Salman, als Thronfolge­r vorgeschla­gen haben.

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FOTO: DPA Unter Druck – auch im eigenen Land: der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman.

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