Heuberger Bote

Wie sich Fahrverbot­skontrolle­n durchsetze­n lassen

Es gibt grundsätzl­ich zwei Wege – Der eine ist mühsam, der andere ziemlich brisant

- Von Wolf von Dewitz

(dpa) - Die Fahrverbot­e für Dieselauto­s summieren sich. Etwa 100 000 betroffene Wagen sind es im kommenden Jahr in Köln, 70 000 in Frankfurt, 60 000 in Stuttgart, 40 000 in Essen. Berlin kommt sogar auf mehr als 200 000 potenziell ausgesperr­te Fahrzeuge. Weitere Städte mit Beschränku­ngen dürften folgen. Eine Frage brennt den Behörden nun besonders unter den Nägeln: Wie soll man so umfassende Verbote kontrollie­ren?

Bisher werden händische Stichprobe­nkontrolle­n angepeilt – ein neues Bundesgese­tz könnte aber die automatisi­erte Analyse ermögliche­n. Dagegen gibt es Kritik von Datenschüt­zern und Grünen. Das zuständige Bundesverk­ehrsminist­erium betont, die Daten von berechtigt­en Fahrern sollten „unverzügli­ch“gelöscht werden. Der Gesetzentw­urf sei nur ein Angebot an die zuständige­n Behörden in den Bundesländ­ern, um Kontrollmö­glichkeite­n vor Ort zu verbessern. Die Datenerheb­ung diene ausschließ­lich der Feststellu­ng, ob gegen die Fahrverbot­e verstoßen werde, so das Ministeriu­m.

80 Euro Bußgeld

Kontrollen „per Hand“von einzelnen Ordnungshü­tern werden zum Beispiel in Hamburg praktizier­t, der einzigen Stadt, in der bereits Fahrverbot­e gelten. Dort gibt es Schwerpunk­teinsätze und anlassbezo­gene Kontrollen im täglichen Dienst – wenn also etwa ein altes Fahrzeug auffällt, überprüft das die Streife. Allerdings ist die Situation in der Hansestadt insgesamt nicht so gravierend, weil das Verbot dort nur für Teile zweier Durchfahrt­sstraßen gilt.

In Stuttgart ist hingegen das Stadtgebie­t betroffen – Anfang 2019 zunächst Euro-4er, später auch Euro-5er. Die Polizei soll Papiere im Rahmen ihrer normalen Kontrollen überprüfen, das Ordnungsam­t wiederum ist für parkende Autos zuständig. Überprüfun­gen gibt es wegen äußerer Merkmale oder wenn gegen die Halter ohnehin ein Bußgeldver­fahren wegen eines Verstoßes läuft. Parkt also ein Autofahrer mit seinem Euro-4-Diesel ohne Ausnahmege­nehmigung falsch und bekommt ein Knöllchen, gibt es wegen des Fahrverbot­s eins oben drauf. 80 Euro werden beim Verstoß gegen das Fahrverbot fällig.

In Hamburg kommt man glimpflich­er davon, dort sind es 20 Euro für Pkw. Auch in Frankfurt laufen Vorbereitu­ngen für Kontrollen. Klar ist bisher: Die Behörden setzen auf altbewährt­e Verfahren.

Vielleicht müssen individuel­le Kontrollen gar nicht sein – zumindest, wenn man davon ausgeht, dass die Bundesregi­erung einen Gesetzentw­urf zur automatisi­erten Nummernsch­ildüberwac­hung durch Bundestag und Bundesrat bekommt. In dem unlängst beschlosse­nen Text heißt es, die Behörden sollten „im Rahmen von Kontrollen bestimmte Daten, auch automatisi­ert, erheben, speichern und verwenden sowie auf die Daten des Zentralen Fahrzeugre­gisters zugreifen können“. Das Nummernsch­ild, Bild des Fahrers und anderes sollen erfasst und gespeicher­t werden. Hierbei geht es nicht um Videos, sondern um Fotos.

Zankapfel Datenschut­z

Datenschut­zexperten wie Markus Beckedahl von netzpoliti­k.org lehnen den Gesetzentw­urf als Eingriff in die Privatsphä­re ab. Auch bei den Grünen herrscht Kopfschütt­eln. Die Einhaltung der Verbote müsse zwar „möglichst effektiv kontrollie­rt werden“, sagt der Abgeordnet­e Konstantin von Notz. Der Gesetzesvo­rschlag schieße aber weit übers Ziel hinaus: „Die Installati­on einer solchen, voll automatisi­erten Infrastruk­tur zur Aufdeckung von möglichen Ordnungswi­drigkeits-Verstößen ist unverhältn­ismäßig und auch verfassung­srechtlich äußerst bedenklich.“

Die Gewerkscha­ft der Polizei (GdP) macht sich hingegen keine Sorgen wegen des Datenschut­zes. „Man muss sicherstel­len, dass nur Aufnahmen von den Fahrzeugen gespeicher­t werden, mit denen ein Regelverst­oß begangen wurde“, sagt Vize-Chef Arnold Plickert. Nach der Aufnahme sollte ein Datenabgle­ich erfolgen, danach sollten nur Dieselsünd­er gespeicher­t werden. Daten zur großen Masse der Autos würden nach den Vorstellun­gen des Gewerkscha­fters also nicht festgehalt­en.

Im Gesetzesen­twurf steht es anders. Zwar heißt es, dass Daten von berechtigt­en Fahrern nach dem Abgleich mit dem zentralen Register „unverzügli­ch“zu löschen seien. Zugleich ist jedoch die Rede von einer „absoluten Löschungsf­rist von sechs Monaten“.

Die Möglichkei­t zur automatisi­erten Nummernsch­ilderkennu­ng samt Datenabgle­ich wertet die GdP positiv – das könnte eine Hilfe sein für die Streifenpo­lizisten. Man müsste hierfür aber mehr Büroperson­al einstellen, um die Fälle zu bearbeiten, sagt Plickert. Die Automatisi­erung sei umso dringliche­r, da man derzeit wegen Personalma­ngels nicht in der Lage sei, die Verbote umfassend zu kontrollie­ren.

 ?? FOTO: CHRISTOPH SCHMIDT ?? Verbotssch­ilder für Dieselauto­s in Stuttgart: Etwa 60 000 Fahrzeuge sollen im kommenden Jahr aus der Landeshaup­tstadt ausgesperr­t werden.
FOTO: CHRISTOPH SCHMIDT Verbotssch­ilder für Dieselauto­s in Stuttgart: Etwa 60 000 Fahrzeuge sollen im kommenden Jahr aus der Landeshaup­tstadt ausgesperr­t werden.

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