Teure Energie
Wie Tarifoptimierer wechselfaulen Verbrauchern günstige Strom- und Gastarife ermöglichen
- Die Preise für Haushaltstrom kennen seit Jahren nur eine Richtung: nach oben. Auch 2019 müssen viele Verbraucher tiefer in die Tasche greifen. Bis Dienstag hatten die Energieversorger Zeit, mögliche Preiserhöhungen ihren Kunden gegenüber anzukündigen. In BadenWürttemberg haben das dem Vergleichsportal Verivox zufolge 47 Versorger gemacht, wodurch bis zu 80 Prozent der Kunden betroffen sein könnten. Steigende Beschaffungspreise und höhere Netznutzungsentgelte werden als Gründe angeführt, nachdem es in den Vorjahren oftmals die Ökostromumlage war.
Nach Informationen des Vergleichsportals Check24 kosteten 5000 Kilowatt Strom Mitte November im Schnitt 1423 Euro. Damit zahlt ein Musterhaushalt mit vier Personen bei einem Verbrauch in dieser Höhe rund 77 Euro mehr als im Jahr zuvor. Entwarnung ist nicht in Sicht: Verbraucher müssten sich auf weitere Preissteigerungen einstellen, warnte Oliver Bohr von Check24.
Seit Jahren werben daher Vergleichsportale aber auch Verbraucherzentralen für einen Anbieterwechsel. Doch trotz beträchtlicher Sparmöglichkeiten sind nach Erhebungen der Bundesnetzagentur nach wie vor 72 Prozent der Haushalte beim lokalen Grundversorger – ein Drittel sogar im teuren Grundtarif. Und wer bereits einmal den Anbieter gewechselt hat, bleibt danach erfahrungsgemäß etliche Jahre bei diesem. Das wissen auch die Stromanbieter. Sie machen sich die Wechselunlust der Deutschen zunutze und erhöhen die Strompreise nach einem günstigen Erstjahr in den folgenden Jahren umso stärker.
Experten aus den Verbraucherzentralen oder von der Zeitschrift „Finanztest“raten daher zum jährlichen Anbieterwechsel. Mehrere Hundert Euro Ersparnis seien so möglich. Doch diese „aktiven Kunden“sind in Deutschland bislang die Ausnahme. Vielen ist der Aufwand dafür zu groß.
400 Euro weniger für Strom
Vertragslaufzeit an und erhalten dann eine individuelle Tarifempfehlung auf Basis aller verfügbaren Strom- oder Gasangebote“, erklärt Arik Meyer, Geschäftsführer von SwitchUp aus Berlin das Prozedere. Das Sparpotential ist analog wie bei den Vergleichsportalen, da die Tarifgrundlage die gleiche ist. Nach Aussage von Meyer sind bei Stromtarifen bis zu 400 Euro, bei Gastarifen sogar bis zu 500 Euro drin.
Diese Zahlen bestätigt auch Alexander Honold, Geschäftsführer von ESave aus Radolfzell (Bodenseekreis). Der Unternehmer nimmt für sein Start-up in Anspruch, auf eine noch größere Tarifbasis als die der Vergleichsportale zuzugreifen. „Gerade
- Energiekosten verschlingen einen immer größeren Teil des Haushaltsbudgets. Im Gespräch mit Andreas Knoch rät Matthias Bauer (Foto: OH), Energieexperte bei der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg, zum Wechsel des Stromanbieters.
Was halten Sie von Wechselhelfern wie Switchup oder ESave?
im unteren KilowattstundenBereich werden viele Stadtwerke-Tarife gar nicht angeboten, weil sie keine Kooperation mit Check24 oder Verivox haben“, sagt Honold. „Diese Tarife berücksichtigen wir auch.“
Der wesentliche Unterschied der selbst ernannten Tarifwächter besteht darin, dass sie von der Beauftragung an alle Strom- beziehungsweise Gasangebote im Blick behalten und rechtzeitig vor Ablauf der Kündigungsfrist prüfen, ob sich ein günstigeres Angebot am Markt findet. Wenn ja, optimieren sie den Tarif vollautomatisch – sofern der Kunde das wünscht. Ein Alternativangebot gilt beispielsweise bei Switchup als günstiger, wenn es im ersten Vertragsjahr unter Berücksichtigung aller Kosten und Boni unter den Gesamtkosten liegt, die der Kunde im folgenden Vertragsjahr beim aktuellen Anbieter, nach Wegfall etwaiger Wechselboni, zahlen würde.
Manche Tarifoptimierer werden zudem automatisch aktiv, wenn die Kunden eine Preiserhöhung erhalten und schützen sie – aufgrund des dann geltenden sofortigen Sonderkündigungsrechts – durch eine erneute Tarifoptimierung vor den Mehrkosten.
„Bei vielen Verbrauchern existieren noch immer irrationale Ängste, wenn es um den Wechsel des Stromoder Gasanbieters geht. Dabei ändert sich für den Kunden nur der Rechnungsadressat, es muss kein Monteur
kommen, keine Hardware verändert werden“, sagt Meyer.
Natürlich arbeiten auch Tarifoptimierer nicht umsonst. Einige Anbieter wie ESave oder Cheapenergy24 finanzieren sich dadurch, dass sie einen Anteil von 20 bis 30 Prozent der Ersparnis der Kunden einbehalten. Andere wie SwitchUp finanzieren sich ähnlich wie Vergleichsportale über eine „kleine Provision des neuen Strom- oder Gasanbieters“, wie Arik Meyer sagt.