Ingo Appelt: Maskulines Grölen und das F-Wort
(sib) Gerne springe er ein, wenn neben „netten“Comedians noch „irgendeine Drecksau“fehle: Ingo Appelt ist rüpelhaft und mit tiefschwarzem Humor als Enfant terrible der deutschen Comedy-Szene bekannt. Und am vergangenen Freitagabend hat er in der ausverkauften Angerhalle vor 430 Zuschauern ausgiebig seinem Markenzeichen gefrönt, dem „F…..“-Wort.
„Erfrischend“fänden die Leute jenes Wort aus Carolin Kebekus‘ Mund, stellt Appelt fest. „Mich nennen sie „alte Sau“dafür.“Zerknirscht ist er darüber nicht. Vielmehr nutzt er jede Gelegenheit, noch einen draufzulegen – und er liefert genau das, was seine Fans erwarten: Jeder Satz ein Treffer, die meisten davon tief unterhalb der Gürtellinie. Das klappt schon seit 25 Jahren. Solange ist er erfolgreich auf der Bühne und im Fernsehen unterwegs. Immer donnerstags tritt er in der ARD als Stammgast bei Dieter Nuhr auf.
Lieblingsthema Sex
Sex ist Appelts Lieblingsthema, und er arbeitet es in sprachlich völlig unverblümter Manier ab. Hemmungen hat er keine. Beim Anblick einer Familie mit Schulkindern in der ersten Reihe zögert er allerdings kurz: „Das hatte ich noch nie. Wisst Ihr, was ich hier mache?“Um dann den ganzen Abend auch seine „ganz neue Zielgruppe“ins Programm einzubeziehen: „Wisst Ihr das? Nein? Na, dann fragt mal gleich Eure Eltern!“
Vor keinem Tabu schreckt Appelt zurück: Einen Flüchtling pro Haus für die Küche hätte er schon erwartet und einen Nazi, zur Integration, gleich mit dazu. Und während Muslime noch ganze Schafe grillen dürften, stehe er selber mit einem TofuWürstchen am Elektrogrill: „Das Feuer nehmen uns die Frauen auch noch weg.“Überhaupt sieht Appelt die Frauen unaufhaltsam auf dem Vormarsch: „Wir Männer „seehofern“, anstatt zurückzutreten und die Frauen endlich nach vorne zu lassen.“Angesichts von Schreihälsen wie Trump und Erdogan fleht er: „Frauen, geht in die Politik!“
Für die Zukunft sieht Appelt nur eine Chance für sein Geschlecht: „Wir Männer müssen besser werden, wir müssen Dienstleister für die Frauen werden.“Schluss mit Eitelkeiten, Selbstgefälligkeit und Humorlosigkeit. Schluss mit „maskulinen Walgesängen“wie Furzen oder Rülpsen: „Wer f... will, muss freundlich sein.“
Üben könnten Männer schon mal mit etwas mehr Körperlichkeit untereinander, beim Umarmen etwa: „Liebt Euch, Ihr Männer!“Als Indiz dafür, dass die gesamte Bundesliga ohnehin schon schwul sei, nannte Appelt Namen wie Schweini, Poldi, Klinsi und Jogi. Auch der Bundeswehr empfiehlt er „das Kölner Modell“: Schon der Anblick einer von Harald Glööckler ausgestatteten deutschen „Transentruppe“würde die Taliban kampflos auf Nimmerwiedersehen in die Flucht schlagen.
Raumfüllende Singstimme
Appelt schont seine Stimme nicht. Maskulines Grölen gehört zu seinem Standard-Repertoire, aber auch seine raumfüllende Singstimme blitzt immer wieder auf. Zu Appelts schier unerschöpflichem Pool an Imitationen zählen Politiker wie Merkel, Kohl oder Strauß genauso wie die Comedy-Kollegen Mario Barth oder Dieter Nuhr. Auch die gespielte Tatort-Szenerie zündet beim Publikum: Udo Lindenberg findet Helene Fischer als Leiche auf der Reeperbahn. Till Schweiger jagt den Mörder, wild herumballernd – und nuschelnd, versteht sich. Einem weiteren berühmten „Nuschler“widmet Appelt seine Zugabe: Herbert Grönemeyer. Wohlgesinnt sei ihm Herbert nicht, erfahren die Zuhörer.
Doch genau das scheint Appelt zu triggern. Wie ein Wolf am Flügel heult er zwischen unverständlichen Silben Wortfetzen mit Wiedererkennungswert wie „ein Stuhl im Orbit“oder „Schiffsverkehr“. Dem Publikum gefällt’s: Tosender Schlussapplaus steht am Ende des Zweieinhalb-Stunden-Programms.