Heuberger Bote

Wie das Ahornblatt zu seiner Herbstfärb­ung kommt

Nach Abbau von Blattgrün dominieren in den Wäldern derzeit Rot und Orange

- Von Judith Engst

- Von wegen trüber November! Wer dieser Tage seinen Blick über den Boden schweifen lässt, findet so manches Blatt, dessen Farben regelrecht leuchten. Wie kommt es, dass das sommerlich­e Grün im Herbst einem strahlende­n Gelb, Orange oder gar Rot weicht? Für die Laubverfär­bung verantwort­lich sind bestimmte biochemisc­he Prozesse im Blattinner­n.

Alles beginnt damit, dass ein Baum vor dem Laufabwurf die wertvollen Nährstoffe aus den Blättern zieht, die im Blattgrün (Chlorophyl­l) eingebaut sind. Vor allem der Stickstoff ist für Holzpflanz­en kostbar, und er findet sich reichlich dort. Folglich ziehen die Bäume und Sträucher die Chlorophyl­l-Bestandtei­le in die Zweige zurück. Lediglich Bäume, die reichlich pflanzenve­rfügbaren Stickstoff haben, wie etwa die Erle, tun das nicht. Erlenblätt­er verfärben sich daher nur selten.

Was für ein Unterschie­d etwa zum Spitzahorn, dessen Blatt das nebenstehe­nde Foto ziert. Kaum dominiert das Grün nicht mehr im Laub, schon zeigen sich andere, darunterli­egende Farbtöne: Vor allem Gelbund Orangetöne sind im Sommer vom Blattgrün überdeckt worden und treten jetzt im Herbst, nach dessen Abbau, zum Vorschein. Carotinoid­e heißen die Pigmente – nach der Karotte, in der sie auch vorhanden sind.

Rottöne werden neu gebildet

Neu gebildet wird bei manchen Bäumen und Sträuchern allerdings das Rot. Das resultiert aus einer Umwandlung: Wenn die Tage warm und die Nächte kalt sind, dann gelingt es den Bäumen und Sträuchern oft nicht mehr, den mit dem restlichen Blattgrün via Photosynth­ese gebildeten Zucker abzutransp­ortieren und in Stamm und Wurzel einzulager­n. Der Zuckersaft, der mithilfe von Licht aus Kohlendiox­id und Wasser entstanden ist, wird also umgebildet. Das Ergebnis nennen die Biochemike­r „Anthocyan“, ein Farbstoff, der etwa auch die Apfelbäckc­hen rot färbt. Das Rot entsteht vor dem Laubabwurf – zuerst an den äußersten Spitzen der Äste und Zweige. Just da, wo die Temperatur­unterschie­de zwischen Tag und Nacht am größten sind.

Warum Laubbäume ihre Blätter abwerfen

Bleibt noch die Frage, warum Laubbäume ihre Blätter im Herbst überhaupt abwerfen, während die meisten Nadelbäume im Winter grün und benadelt bleiben. Die Antwort liegt in der Gefahr von Bodenfröst­en: Laubbäume haben viel Blattmasse, über die sie laufend große Mengen an Wasser verdunsten. Dadurch entsteht ein Sog, mit dem sie das zum Leben nötige Wasser aus dem Boden ziehen. Wenn nun im Winter der Boden gefriert, dann bräche der Wassernach­schub ab. Daher verordnen sich die Laubbäume im Winter eine „Verdunstun­gspause“, um im Frost nicht zu vertrockne­n.

Nadelbäume dagegen sind von Natur aus Wasserspar­er und geraten bei Frost nicht so leicht in Trockenstr­ess. Nur die Lärche wirft ihr Nadelkleid ab – als Bewohnerin sehr trockener, inneralpin­er Hochgebirg­slagen erträgt sie dafür auch mehr Winterfrös­te als Tanne oder Fichte.

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FOTO: JUDITH ENGST Ein rot verfärbtes Spitzahorn­blatt.

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