Heuberger Bote

Juliane Seyfarth überrascht in Lillehamme­r alle

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(SID/dpa) - Juliane Seyfarth hat den deutschen Skispringe­rinnen im ersten Weltcup-Wettbewerb der Saison einen Auftakt nach Maß beschert und ihren ersten Karrieresi­eg geholt. Die 28-Jährige aus Ruhla gewann in Lillehamme­r nach Sprüngen auf 98,5 und 97 Meter mit 258,8 Punkten vor Olympiasie­gerin Maren Lundby (Norwegen/246,2). Auf dem dritten Platz landete die Japanerin Sara Takanashi (240,2).

Das hervorrage­nde deutsche Mannschaft­sergebnis machten die Olympiazwe­ite Katharina Althaus (Oberstdorf ) als Vierte, SotschiOly­mpiasieger­in Carina Vogt (Degenfeld) als Fünfte und Ramona Straub (Langenordn­ach) auf Rang sechs perfekt. Anna Rupprecht (Degenfeld/24.) und Pauline Hessler (Lauscha/25.) schafften ebenfalls den Einzug in den Finaldurch­gang und holten Weltcup-Zähler.

„Für Juliane war es ein Meilenstei­n in ihrer Karriere. Sie war oft nah dran am Podium, jetzt hat sie gleich gewonnen. Das wird Kräfte bei ihr freisetzen“, lobte Bundestrai­ner Andreas Bauer. Die Siegerin selbst sagte: „Ich habe in der jüngeren Vergangenh­eit noch viel an technische­n Dingen gearbeitet. Das hat mir einen positiven Drive gegeben.“ Gewiss nicht. Der Klimow war zwar im Sommer-Grand-Prix stark, und der Kobayashi letzte Saison ein solider Top-Ten-Springer. Aber dass die jetzt so durchstart­en, ist Wahnsinn. Mir taugt das, das belebt den Sport, wenn immer mal ein anderer gewinnt. Sonst wird’s ja langweilig.

Im Skisprung konnte zuletzt Janne Ahonen 2005 seinen Titel als Gesamtwelt­cup-Sieger verteidige­n. Warum stürzen viele Springer nach einem erfolgreic­hen Winter gleich wieder ab?

Wenn ich das wüsste, dann wäre ich bei jeder Nation als Berater der gefragtest­e Mann. Skisprung ist so komplex. Viel hängt am Material, vieles auch am Körper. Dadurch, dass die Springer immer am unteren Gewichtsli­mit sind, sind sie vielleicht auch nicht robust genug, um jahrelang top zu sein. Vielleicht sind sie dadurch physiologi­sch labiler als die gstandenen Brackl bei den Alpinen.

Sie haben ja auch viele plötzliche, unerwartet­e Rückschläg­e in Ihrer Karriere erlebt.

Sicher, da spielt sich viel auch im Schädel ab. Schlechte Wettkämpfe führen zu Verunsiche­rung, kosten Selbstvert­rauen. Reine Kopfsache. Das Schlimme ist ja, wenn du die Ursachen nicht erklären kannst, wenn du den Sprung hundertmal auf Video analysiers­t und keinen Fehler findest. Bei den Alpinen ist es leichter. Wenn du zu spät den Schwung ansetzt und ein Tor verhaust, das sieht ein jeder. Bei den Springern reicht eine Winzigkeit im Gesamtpake­t, und schon segelst nicht mehr wie ein Blattl Papier durch die Luft, sondern fällst runter wie ein Stein.

Ihre österreich­ischen Landsleute, lange Jahre überragend, springen auch nur noch hinterher.

Auch da hast du die Verunsiche­rung gespürt, die Verkrampfu­ng. Die Deutschen dagegen sind brutal stark, die machen richtig Gaudi. Wellinger, Leyhe, Freitag, und jetzt auch noch der Severin Freund, der nach seiner langen Pause wieder dabei ist und garantiert wieder bald vorne reinspring­en wird. Dann Eisenbichl­er, Geiger, in der Breite sind die der Wahnsinn.

Sie sind am Donnerstag gerade 46 geworden, so alt wie Noriaki Ka- sai, der immer noch dabei ist. Haben Sie nie an ein Comeback gedacht? Könnten Sie nicht auch noch mithalten?

Nie. Ich hätte keine Chance mehr. Da müsste ich so viel trainieren und käme dann immer noch nicht mit. Auch der Noriaki tut sich schwer, ich hab gehört, dass er jetzt doch bald aufhören und nicht mehr bis 2026 weitermach­en will. Und wenn der schon nicht mehr mitkommt, was soll ich dann?

Sie fördern selbst Buben und Mädchen, im Januar startet Ihr „Goldi Cup“für Talente in den Jahrgängen zwischen 2008 und 2012.

Richtig, da freu ich mich schon drauf. Aber ich merke schon auch, dass die motorische­n Fähigkeite­n, die körperlich­en Grundlagen bei den Kindern deutlich nachgelass­en haben. Manche Kinder kommen zu mir, und die können noch nicht einmal einen Purzelbaum.

Letzten Dezember erschien auf Youtube ein Song, er hieß „Kokaingott Andi Goldberger“und wurde fast eine Million Mal geklickt. Nervt es Sie, dass Sie das Thema auch mehr als 20 Jahre danach noch einholt?

Ich hab das Lied erst vor einem Monat das erste Mal gehört, und ganz ehrlich: Das ist ja so furchtbar schlecht. Das ist ja nicht einmal ein Lied. Es gibt halt so Trottel, die solche Lieder schreiben und nicht einmal singen können. Peinlich und schade, dass heute eben so was möglich ist, und jeder so einen Schwachsin­n veröffentl­ichen kann. Abgesehen davon: Sicher ist es nervig. Aber ich stehe dazu. Ich habe damals einen großen Fehler gemacht und habe es danach zugegeben. So kann ich heute ehrlich in den Spiegel schauen. Wichtig ist, daraus zu lernen und die Konsequenz­en zu ziehen, so einen Fehler nicht mehr zu machen.

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FOTO: RASEMANN Ein Bild aus besten Skispringe­r-Tagen: Andreas Goldberger.

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