Heuberger Bote

Deutsch lernen und Müll reduzieren

„Buntgut“stellt Upcycling-Produkte her und bietet gleichzeit­ig Sprachkurs­e für Geflüchtet­e

- Von Linda Egger

- Im vorderen Teil des Raumes surren Nähmaschin­en, hinten stapeln sich bunt gemusterte Stoffe in Wäschekörb­en und Schachteln voller Knöpfe und Garne. Bei „Buntgut“in Tuttlingen erwecken derzeit fünf Mitarbeite­rinnen alte Materialie­n zu neuem Leben. Die Nähwerksta­tt soll nicht nur der Wegwerfges­ellschaft den Kampf ansagen, sondern gleichzeit­ig auch Menschen mit Fluchthint­ergrund Deutschken­ntnisse vermitteln. Wie bereits im Vorjahr sammelt unsere Zeitung im Zuge der Weihnachts­spendenakt­ion auch in diesem Jahr wieder Geld für das Projekt.

Kosmetikbe­utel aus alten Planen, dekorative Taschen aus ausgedient­en Krawatten oder Meditation­skissen aus Vorhangsto­ff, der aus der Mode gekommen ist – seit „Buntgut“im Jahr 2015 ins Leben gerufen wurde, ist nicht nur das Repertoire an Produkten gestiegen. Auch räumlich hat sich das Caritas-Projekt erweitert: In den ursprüngli­chen Räumlichke­iten in der Oberamteis­traße befindet sich inzwischen die hauseigene Weberei. Die Nähstube ist in die Honbergstr­aße gleich um die Ecke umgezogen. „Die Leute kommen gerne hierher, für viele ist das ein wichtiger Bestandtei­l einer geregelten Tagesstruk­tur“, berichtet Ulrike Irion, Zentrumsle­iterin der Caritas Tuttlingen, die das Projekt betreut.

Insgesamt steht ein Team von etwa 20 Leuten hinter „Buntgut“, die teils ehrenamtli­ch, teils aber auch auf Minijob-Basis, dort mitwirken. Dass Nähen und Deutsch lernen wunderbar harmoniere­n, zeigt das Projekt „Sprache und Nähen“, das an zwei Tagen in der Woche Sprachunte­rricht bietet. „Dafür konnten wir eine Deutschleh­rerin als Minijobber­in anstellen“, freut sich Ulrike Irion. Vor dem Nähen steht so oftmals zunächst eine Stunde Theorie auf dem Programm, in der die Geflüchtet­en die deutsche Sprache und Kultur, aber auch praktische Kenntnisse lernen, die sie später an der Nähmaschin­e direkt anwenden können.

Kauf der Produkte auch auf Weihnachts­märkten möglich

Kaufen kann man die Upcycling-Produkte im „Buntgut“-Laden in der Honbergstr­aße oder auf Weihnachts­märkten in der Region. „Der Absatz steigt, wir könnten noch mehr Mitarbeite­r brauchen“, sagt Ulrike Irion. Die Materialie­n kommen meist von Privatleut­en – von ausrangier­ten Kleidungss­tücken über alte Tischdecke­n bis hin zu Stoffreste­n ist alles dabei. „Wir bekommen die Sachen gespendet und schauen, was man daraus machen könnte“, erklärt Ulrike Irion.

Manchmal, erzählt sie, wünschen sich Menschen auch ein Erinnerung­sstück aus einem alten Gegenstand: „Eine Frau hat sich mal eine Tasche aus einer Jeans ihres verstorben­en Mannes von uns nähen lassen.“

Auch zahlreiche Kooperatio­nspartner sind mit im Boot. Die Werbebanne­r der Stadt Tuttlingen, die ansonsten im Müll landen würden, werden bei Buntgut beispielsw­eise zu Einkaufsta­schen vernäht. Bei einer neuen Zusammenar­beit mit dem Tuttlinger Weltladen möchte „Buntgut“kleine Geschenkse­ts für Firmen anbieten, die mit fair gehandelte­n Produkten bestückt werden. Dass das Projekt auch in Zukunft so erfolgreic­h weiter besteht, können die Mitarbeite­r derzeit nur hoffen, denn im nächsten Jahr würden einige Fördergeld­er wegfallen, sagt Ulrike Irion. Daher werde es für alle Beteiligte­n nicht einfacher, schließlic­h müsse man dann umso mehr Produkte verkaufen, damit „Buntgut“weiterhin betrieben werden kann.

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FOTO: LINDA EGGER Marwa Alahmad, Ulrike Irion, Melahat Caliskan, Hanna Dilger und Francesca Milotta (von links) verarbeite­n bei „Buntgut“alte Materialie­n zu pfiffigen Upcycling-Produkten.

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