Deutsch lernen und Müll reduzieren
„Buntgut“stellt Upcycling-Produkte her und bietet gleichzeitig Sprachkurse für Geflüchtete
- Im vorderen Teil des Raumes surren Nähmaschinen, hinten stapeln sich bunt gemusterte Stoffe in Wäschekörben und Schachteln voller Knöpfe und Garne. Bei „Buntgut“in Tuttlingen erwecken derzeit fünf Mitarbeiterinnen alte Materialien zu neuem Leben. Die Nähwerkstatt soll nicht nur der Wegwerfgesellschaft den Kampf ansagen, sondern gleichzeitig auch Menschen mit Fluchthintergrund Deutschkenntnisse vermitteln. Wie bereits im Vorjahr sammelt unsere Zeitung im Zuge der Weihnachtsspendenaktion auch in diesem Jahr wieder Geld für das Projekt.
Kosmetikbeutel aus alten Planen, dekorative Taschen aus ausgedienten Krawatten oder Meditationskissen aus Vorhangstoff, der aus der Mode gekommen ist – seit „Buntgut“im Jahr 2015 ins Leben gerufen wurde, ist nicht nur das Repertoire an Produkten gestiegen. Auch räumlich hat sich das Caritas-Projekt erweitert: In den ursprünglichen Räumlichkeiten in der Oberamteistraße befindet sich inzwischen die hauseigene Weberei. Die Nähstube ist in die Honbergstraße gleich um die Ecke umgezogen. „Die Leute kommen gerne hierher, für viele ist das ein wichtiger Bestandteil einer geregelten Tagesstruktur“, berichtet Ulrike Irion, Zentrumsleiterin der Caritas Tuttlingen, die das Projekt betreut.
Insgesamt steht ein Team von etwa 20 Leuten hinter „Buntgut“, die teils ehrenamtlich, teils aber auch auf Minijob-Basis, dort mitwirken. Dass Nähen und Deutsch lernen wunderbar harmonieren, zeigt das Projekt „Sprache und Nähen“, das an zwei Tagen in der Woche Sprachunterricht bietet. „Dafür konnten wir eine Deutschlehrerin als Minijobberin anstellen“, freut sich Ulrike Irion. Vor dem Nähen steht so oftmals zunächst eine Stunde Theorie auf dem Programm, in der die Geflüchteten die deutsche Sprache und Kultur, aber auch praktische Kenntnisse lernen, die sie später an der Nähmaschine direkt anwenden können.
Kauf der Produkte auch auf Weihnachtsmärkten möglich
Kaufen kann man die Upcycling-Produkte im „Buntgut“-Laden in der Honbergstraße oder auf Weihnachtsmärkten in der Region. „Der Absatz steigt, wir könnten noch mehr Mitarbeiter brauchen“, sagt Ulrike Irion. Die Materialien kommen meist von Privatleuten – von ausrangierten Kleidungsstücken über alte Tischdecken bis hin zu Stoffresten ist alles dabei. „Wir bekommen die Sachen gespendet und schauen, was man daraus machen könnte“, erklärt Ulrike Irion.
Manchmal, erzählt sie, wünschen sich Menschen auch ein Erinnerungsstück aus einem alten Gegenstand: „Eine Frau hat sich mal eine Tasche aus einer Jeans ihres verstorbenen Mannes von uns nähen lassen.“
Auch zahlreiche Kooperationspartner sind mit im Boot. Die Werbebanner der Stadt Tuttlingen, die ansonsten im Müll landen würden, werden bei Buntgut beispielsweise zu Einkaufstaschen vernäht. Bei einer neuen Zusammenarbeit mit dem Tuttlinger Weltladen möchte „Buntgut“kleine Geschenksets für Firmen anbieten, die mit fair gehandelten Produkten bestückt werden. Dass das Projekt auch in Zukunft so erfolgreich weiter besteht, können die Mitarbeiter derzeit nur hoffen, denn im nächsten Jahr würden einige Fördergelder wegfallen, sagt Ulrike Irion. Daher werde es für alle Beteiligten nicht einfacher, schließlich müsse man dann umso mehr Produkte verkaufen, damit „Buntgut“weiterhin betrieben werden kann.